Der Streit über den SPD-Kanzlerkandidaten endet mit dem Verzicht des Scholz-Rivalen. FDP-Vize Kubicki zweifelt an der Freiwilligkeit von Pistorius' Rückzugserklärung und scherzt über die Erfolgsaussichten des Kanzlers. Auch bei der Union gibt man sich siegessicher.
Nach dem Verzicht von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius auf eine SPD-Kanzlerkandidatur reagiert FDP-Vize Wolfgang Kubicki mit Spott. Kubicki sagte der "Rheinischen Post": "Aus parteipolitischen Gründen kann ich mich nur über diese Entscheidung freuen." Kubicki ergänzte: "Die SPD setzt klar auf das Signal eines Weiter so, was auf die Entscheidung der Wählerinnen und Wähler in der aktuellen wirtschaftlichen Krisenlage sicher Eindruck machen wird." Darüber hinaus sei es bezeichnend, "dass Pistorius diese Frage als selbstbestimmte Entscheidung vorträgt, nach Tagen der Spekulationen und des unwürdigen Gewürges", so Kubicki.
Er sei gespannt, "wie sich das Binnenklima in der Rumpfkoalition zwischen Noch-Kanzler und Möchtegern-Kanzler entwickeln wird. Ich freue mich auf den Wahlkampf", sagte der FDP-Vize mit Blick auf den amtierenden Bundeskanzler Olaf Scholz und Vizekanzler Robert Habeck, der sich auf dem Grünen-Parteitag am Wochenende zum Kanzlerkandidaten hatte küren lassen.
Union: Scholz katastrophal beschädigt
Die Union geht nach dem Rückzug von Pistorius von einem Erfolg gegen die nun sicher von Scholz angeführte SPD aus. Thorsten Frei, der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, sagte dem "Tagesspiegel", der Bundeskanzler gehe aus dem Machtkampf "zwar als Sieger und doch katastrophal beschädigt hervor. "Es ist deutlich geworden, dass große Teile der Partei und der Fraktion Olaf Scholz nicht weiter folgen wollen und ihm keinen Wahlsieg mehr zutrauen." Frei sagte der Zeitung weiter: "Wie soll ein Kanzler, der kaum seine eigene Partei von der Richtigkeit seiner Politik zu überzeugen vermag, die Menschen im Land überzeugen?"
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte in der ZDF-Talkshow von Maybrit Illner, er gehe davon aus, dass der SPD nach der Entscheidung von Pistorius weiter unruhige Zeiten bevorstehen. "Die Debatte in der SPD ist natürlich noch nicht beendet. Möglicherweise beginnt sie erst auch noch richtig." Es sei eine Entscheidung getroffen worden, "die in weiten Teilen der Parteibasis nicht geteilt wird", so Dobrindt weiter. Aber: "Das ist das Problem der SPD, nicht von uns."
SPD-Generalsekretär drängt auf Geschlossenheit
SPD-Generalsekretär Matthias Miersch rief seine Partei dagegen zur geschlossenen Unterstützung von Scholz auf. "Nach den Debatten der letzten Tage ist jetzt der Zeitpunkt, zusammenzustehen: Die Herausforderungen, vor denen Deutschland steht, sind enorm", sagte Miersch den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Mit Olaf Scholz haben wir den richtigen Kanzlerkandidaten, der Stabilität, Vernunft und Führungsstärke verkörpert."
Miersch begrüßte die Erklärung von Pistorius, nicht für die Kanzlerkandidatur der SPD zur Verfügung zu stehen. "Boris Pistorius zeigt, wie sehr er unsere Partei und das Land im Blick hat. Dafür gebührt ihm mein Respekt", sagte Miersch. "Boris Pistorius bleibt ein starker Kämpfer für die SPD und unser Land." Die SPD werde nun geschlossen gegen "die unsoziale Politik von Friedrich Merz und der CDU" kämpfen, sagte der Generalsekretär. "Wir kämpfen für ein Deutschland, das alle Menschen im Blick hat - für stabile Renten, sichere Arbeitsplätze und eine starke Wirtschaft."