Horror-Studio Blumhouse will mit Metas Movie-Mate-Technologie das Kinoerlebnis revolutionieren – und könnte es damit eher komplett zerstören, wie ich befürchte.
Handy aus im Kino: Das war und ist bis heute ungeschriebenes Gesetz während einer Vorstellung. Wer will sich und anderen denn bitteschön den Filmgenuss vermiesen, indem man am Smartphone herumspielt, Nachrichten abruft oder im schlimmsten Fall sogar Videoclips über TikTok und Instagram abspielt?
Doch in Zeiten, in denen die Aufmerksamkeitsspanne jüngerer Generationen immer kürzer zu werden scheint, macht sich auch Hollywood Gedanken darüber, wie man dieses Publikum noch erreichen und in die Kinos locken kann. Immerhin hängt davon die eigene Existenz ab.
Gerade im Konkurrenzkampf mit Streamingdiensten, bei denen man jederzeit einen Film oder eine Serie pausieren und später an genau der gleichen Stelle fortsetzen kann. Für die Generation TikTok könnte es nicht bequemer sein.
Nun wollen Universal und Horror-Studio Blumhouse das Kinoerlebnis immersiver und interaktiver gestalten (via Variety): So wird beim hauseigenen Halfway to Halloween Film Festival Movie Mate, eine Second-Screen-Technologie von Meta, zum Einsatz kommen.
In Echtzeit kann das Publikum während der Wiederaufführung des KI-Horrorthrillers „M3GAN“ am 30. April 2025 über Smartphones und Instagram exklusive Inhalte und Botschaften abrufen sowie „direkt“ mit M3GAN über einen Chatbot kommunizieren. Die Funktion selbst soll auf das Kino / den Saal beschränkt sein. Von außen ist ein Zugriff also nicht möglich.
Wer nicht noch einmal „M3GAN“ anschauen will – und auch nicht aktuell in den USA weilt –, darf sich dagegen auf die irre Fortsetzung „M3GAN 2.0“ freuen. Den Trailer dazu seht ihr hier:
Film als Eskapismus
Ich kann durchaus nachvollziehen, warum sich die Studios Gedanken darüber machen, wie sie das Kinoerlebnis neu erfinden oder zumindest dem Zeitgeist entsprechend anpassen wollen beziehungsweise müssen. Aber Film, vor allem in Verbindung mit einem Kinobesuch, war schon immer eine Form des Eskapismus; und ich wage zu behaupten, die klassischste.
Nebenbei noch in der Realität zu verweilen, indem man nebenher auf dem Smartphone surft und chattet, würde, nein, zerstört ganz gewiss das Erlebnis. Sicherlich ist es eine Entwicklung, die durch die Digitalisierung ohnehin nicht aufzuhalten ist.
Jüngere Generationen konsumieren ganz anders. Sie wachsen mit der Selbstverständlichkeit auf, dass man auf Konzerten die Smartphones zückt und Fotos/Videos macht, eventuell sogar live streamt, und dass man bei Videospielen nebenbei schnell nach Tutorials und Walkthroughs sucht.
Kino als Wegwerfprodukt? Nicht mit mir
Das eingangs erwähnte Pausieren von sogenannten „Inhalten“ auf Streamingplattformen ist mit Sicherheit und leider nur der Anfang. Irgendwann in naher Zukunft ist es mit digitalen Tickets potenziell möglich, einen Kinofilm an genau der Stelle zu einer anderen Zeit fortzusetzen, wenn man beim ersten Besuch die Vorstellung verlassen musste: Einfach den QR-Code scannen und nur dann lässt sich die Saaltür von außen öffnen. Aber dann wären Filme auch im Kino nur noch „Inhalte“.
Man stelle sich vor: Bei „Avatar 5“ kann das Publikum den Fortgang der Geschichte interaktiv mitbestimmen. James Cameron liefert dann höchstpersönlich je nach Ausgang Lob oder Tadel, warum die Mehrheitsentscheidung im Saal gut oder schlecht war und mit der im Ticketpreis enthaltenen VR-Brille kann man gemeinsam Seite an Seite mit den Na’vi kämpfen für Bonuspunkte auf der Mitgliedskarte der Kinokette.
Vielleicht ist es eine altmodische Denkweise, aber für mich sind Filme immer noch eine Genussform. Und was man genießt, darauf konzentriert man sich – ausschließlich.