3 months ago

Sturm "Helene" im US-Wahlkampf: Trump zeigt in Verwüstung mit Finger auf Biden und Harris



Hurrikan "Helene" hat den Südosten der USA teilweise verwüstet, mindestens 180 Menschen kommen ums Leben. Kamala Harris und Donald Trump reisen in die Katastrophengebiete. Wenige Wochen vor der US-Wahl werden die Sturmfolgen zum Wahlkampfthema - nichts Neues in den USA.

Esther Mannheimer nickt immer wieder leicht mit dem Kopf, hält inne, beginnt von vorn. Die Bürgermeisterin von Asheville, einer Kleinstadt im US-Bundesstaat North Carolina, sitzt in einem Büro, in der Hand hält sie ein Handy. Aus dem Lautsprecher klingt die Stimme von US-Präsident Joe Biden: "Ich verspreche Ihnen, wir werden Ihnen helfen." Am vergangenen Dienstag veröffentlichte die Bürgermeisterin das zweiteilige Video auf ihrem Instagram-Profil. "Asheville thanks you President Biden!" (Asheville bedankt sich bei Ihnen, Präsident Biden!) steht darunter.

Hurrikan "Helene", der am vergangenen Donnerstagabend im Südosten der USA auf Festland traf, hat Asheville besonders hart getroffen. Die von Bergland umringte Region ist bekannt für ihre malerische Landschaft und ein eigentlich mildes Klima. Nun überzog "Helene" weite Teile der Region mit sintflutartigen Wassermassen, zerstörte Versorgungsleitungen, überschwemmte Klär- und Ölanlagen. Auf die Fluten folgte Trinkwasserknappheit. Insgesamt kamen in den USA laut Bericht des US-Senders CNN mindestens 180 Menschen ums Leben. Hunderte weitere würden vermisst. Mehr als eine Million Haushalte waren zwischenzeitlich ohne Strom. Das Nationale Hurrikanzentrum sprach von "historischen Überschwemmungen". Die Bundesstaaten Florida, Georgia, North und South Carolina, Alabama und Tennessee riefen den Notstand aus.

Politik auf dem Prüfstein

Naturkatastrophen sind nicht nur Zerreißprobe für Gemeinschaft und Krisenmanagement - sie sind immer auch ein Test für die Politik. Gerade vor einer Wahl kann der Umgang mit Krisen die politische Stimmung im Land beeinflussen. Auch wenn es sich deplatziert anfühlt, in Zeiten großer Not politische Debatten mit menschlichem Leid zu verweben, geht dies Hand in Hand. Weniger als fünf Wochen vor der US-Wahl wird damit auch Hurrikan Helene zum Politikum. Nicht zuletzt, weil gleich mehrere der von den Überschwemmungen betroffenen Bundesstaaten zu den hart umkämpften swing states zählen.

Trump, der immer wieder mediales Kalkül beweist, flog bereits am Montag in das Katastrophengebiet des US-Bundesstaates Georgia. Dort ließ er sich mit MAGA-Mütze fotografieren, versprach, Treibstoff, Wasser und andere Dinge zu liefern. Er wolle diese Katastrophe nicht politisieren, sagte er. Dann tat er es doch.

Die Regierung unter Biden habe nicht schnell genug auf den Sturm reagiert, sagte Trump. Präsident Biden habe verschlafen, Kamala Harris sei irgendwo unterwegs und mache Wahlkampf.

Präsident Biden wies die Vorwürfe umgehend zurück. Umfassende Bundeshilfen für die betroffenen Staaten seien bereits unterwegs, sagte er. Am Mittwoch reiste der Präsident nach North Carolina, um sich ein Bild von der Lage vor Ort zu machen. Zuvor gab er bekannt, 1000 Soldaten zur Unterstützung in die betroffene Region zu schicken. Das Pentagon habe bereits zugestimmt, so Biden. Auch Kamala Harris sagte Wahlkampfveranstaltungen ab und reiste gestern ebenfalls nach Georgia.

Hurrikan trifft Wahlkampf

Es ist nicht das erste Mal, dass Wirbelsturmsaison und US-Wahl aufeinandertreffen. Als Hurrikan Katrina 2005 die Ostküste verwüstete, hingen dem damaligen Präsidenten George W. Bush Vorwürfe wegen seines schlechten Krisenmanagements lange nach - eine Lehre für nachfolgende Amtsanwärter. 2008 steuerte Hurrikan Gustav auf die Golfküste zu, woraufhin der damalige Präsidentschaftskandidat und Senator John McCain gleich am ersten Tag des Parteitags der Republikaner die meisten Programme absagte. Auch der damalige Präsident Barack Obama flog zwei Tage, nachdem Hurrikan Sandy 2012 Teile der Ostküste überschwemmt hatte, nach New Jersey. Der Besuch bescherte Obama kurz vor der Wiederwahl einen womöglich entscheidenden Umfrage-Boost.

Fernab von politischem Machtkalkül stehen in Esther Manheimers Kleinstadt Asheville Notfallversorgung und Schadensbegrenzung auf der Agenda. Eine Ressourcenkarte zeigt, wo es in der Region Anlaufstellen für Trinkwasser, Nahrung oder WLAN gibt. Behörden warnten, dass es in einigen Gegenden noch Wochen dauern könnte, bis wieder fließendes Trinkwasser verfügbar sei.

Ganz bleibt der politische Beigeschmack jedoch nicht aus. Wegen des Sturms musste die Post nun zeitweise ihren Dienst einstellen. Bereits vor vier Jahren war in North Carolina ein Streit um Briefwahlen entfacht. Damals waren Demokraten und Republikaner wegen der Auszählungsfrist aneinandergeraten. Dieses Mal könnte der Bundesstaat wegen unzustellbarer Stimmzettel und überschwemmter Wahllokale zum Schauplatz weiterer Streitereien werden.

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