Regierung und Opposition reden über Maßnahmen zur Begrenzung der Migration. Doch den Stil von Friedrich Merz und seiner Union kann SPD-Chef Klingbeil nicht nachvollziehen. Er fordert bei ntv, von Druck und Ultimaten abzusehen - und springt Co-Chefin Esken zur Seite.
Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil hat die Union vor Ultimaten und öffentlichem Druck in den laufenden Verhandlungen über Migrationsmaßnahmen gewarnt. Er habe von vielen Teilnehmern gehört, dass die Gespräche bisher gut und konstruktiv verlaufen seien, sagte Klingbeil in der ntv-Sendung Frühstart. "Wir haben ein Sicherheitspaket in der Ampel jetzt auf den Weg gebracht, und jetzt gibt es Forderungen der Union, und wir prüfen, ob das zusammenpasst. Ich bin dafür, dass wir das sehr offen tun, mit ausgestreckter Hand. Aber wir sollten diese Verhandlungen jetzt auch nicht von außen mit irgendwelchen Forderungen überlagern, mit Ultimaten überlagern."
Ihm sei wichtig, dass es am Ende ein gutes Ergebnis gebe und nicht, "dass einzelne Politiker sich jetzt mit Schlagzeilen profilieren". Es wäre ein starkes Signal, wenn die demokratischen Parteien in der Mitte der Gesellschaft einen Kompromiss erzielen könnten, der dafür sorgt, Migration stärker zu ordnen und zu steuern. Er glaube, das könnten sie hinbekommen. "Aber wenn Einzelne jetzt anfangen, mit Schlagzeilen, mit Druck, mit ja vielleicht auch 'wenn nicht das passiert, dann sind wir raus', dann überlagert das diese Gespräche und das macht es doch schwierig. Und das wäre nicht im Sinne der Bürgerinnen und Bürger", so Klingbeil.
Keine Migrationspolitik zulasten gut integrierter Zuwanderer
Die SPD sei grundsätzlich bereit, alle Maßnahmen zu ergreifen, die ernsthaft dazu führen, Migration in Deutschland zu ordnen und zu steuern, solange sie rechtlich umsetzbar sind. Grundgesetzänderungen, wie sie die Union fordert, sieht Klingbeil jedoch skeptisch. "Ich bin dafür, dass wir das individuelle Asylrecht aufrechterhalten. Das macht dieses Land auch aus. Das hat auch mit unserer Geschichte zu tun."
Gerade beim Thema Migration verliert die SPD einen Teil ihrer Stammwählerschaft an die AfD, das haben die Wahlen in Sachsen und Thüringen gezeigt. Anlass zu einem generellen Kurswechsel in der Migrationspolitik der SPD sieht Klingbeil trotzdem nicht. "Wir brauchen Menschen, die hierherkommen, die unser Land auch vorantreiben, wenn es beispielsweise um Fachkräfte, um Arbeitskräfte, geht. Die müssen auch schnell integriert werden. Also, wer hier herkommt und hierbleiben kann, der muss schnell arbeiten. Es ist aber auch klar: Wer hierherkommt und hier nicht bleiben kann, der muss schnell wieder gehen", so der SPD-Parteivorsitzende.
Einen Kurswechsel sehe er nur in der Klarheit, dass Menschen, die hier nicht bleiben können, Deutschland schnell wieder verlassen. Das setze die Regierung gerade um, sagte Klingbeil. Das dürfe aber nicht auf dem Rücken von Millionen Menschen ausgetragen werden, die in den letzten Jahren hergekommen sind und selbstverständlich Teil unserer Gesellschaft seien.
Klingbeil stärkt Esken nach Kritik den Rücken
Nach den schlechten Wahlergebnissen der SPD wird die Kritik an der Parteispitze auch aus den eigenen Reihen lauter, insbesondere an der Co-Vorsitzenden Saskia Esken. Lars Klingbeil stellte jedoch klar, dass er keine neue Vorsitzende möchte: "Saskia Esken ist gewählte Parteivorsitzende, ich arbeite sehr gerne und vertrauensvoll mit ihr zusammen. Das wollen wir auch weiterhin tun.
Klingbeil kritisierte das Verhalten einiger Parteimitglieder: "Es gibt gerade einiges in der öffentlichen Debatte, was ich so nicht akzeptieren kann. Wenn man unzufrieden ist, sollte man zum Hörer greifen und uns anrufen, aber bitte nicht über Interviews oder Social Media." Für ihn sei es entscheidend, wie man in politisch schwierigen Zeiten miteinander umgeht.
Zugleich betonte Klingbeil, dass sich Dinge ändern müssen: "Wir müssen deutlicher und klarer werden und für das eintreten, was der Sozialdemokratie wichtig ist." Er selbst sei hoch motiviert, die Partei im nächsten Jahr bei der Bundestagswahl zu einem guten Ergebnis zu führen, auch wenn sie derzeit weit davon entfernt sind. Darauf werde er seine ganz Energie verwenden.