3 months ago

Senatorin als Zeugin vor Gericht: "Erzürnter" Senior berichtet über seinen Angriff auf Giffey



Er wollte ihr einen "Denkzettel" verpassen und wählte als Mittel seinen vollgepackten Stoffbeutel. Nach dem Angriff auf die Berliner Wirtschaftssenatorin Giffey gesteht ein 74-Jähriger vor Gericht die Tat. Die SPD-Politikerin selbst tritt als Zeugin auf und sagt, was der Vorfall mit ihr gemacht hat.

Ein 74-Jähriger, der im Mai die Berliner Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey in einer Bücherei mit einem Beutel auf den Kopf schlug, hat seine Tat gestanden. Er habe Giffey die Tasche "um die Ohren gehauen", um ihr einen Denkzettel zu verpassen, sagte der Beschuldigte vor dem Landgericht Berlin.

Als Motiv nannte der Mann, der sich selbst als Obdachloser ohne Staatsangehörigkeit bezeichnet, dass Giffey seit 20 Jahren nicht auf seine Schreiben reagiere. Außerdem sei er sauer gewesen, dass sie bei dem Besuch in der Bücherei mit selbiger "angegeben" habe. Auch für seine Behandlung unter anderem durch das "Naziwohnungsamt", das Bürgeramt oder die Bücherei, die ihm keinen Ausweis ausstelle, sei Giffey verantwortlich. "Ich hatte Grund genug, mich gerade über sie zu erzürnen."

Der 74-jährige Deutsche wurde einen Tag nach der Tat vorläufig festgenommen und befindet sich seitdem im Krankenhaus des Maßregelvollzugs. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm gefährliche Körperverletzung vor. Der Mann soll Giffey zielgerichtet gegen den Kopf- und Nackenbereich geschlagen haben. Auch eine andere Frau sei am Arm getroffen worden. In der Antragsschrift heißt es, die Tasche sei "mit einem schweren Gegenstand" gefüllt gewesen. Der Beschuldigte sagte vor Gericht, in der Tasche hätten sich lediglich Zeitungen befunden.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Senior die Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit beging. Sie strebt in einem sogenannten Sicherungsverfahren eine dauerhafte Unterbringung des Mannes in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Er leide unter einer wahnhaften Störung, so Staatsanwalt Tobias Dettmer. Es bestehe die Gefahr, dass der Beschuldigte weitere erhebliche Straftaten begehe.

Die Unbefangenheit ist weg

Als Zeugin vor Gericht war auch Giffey selbst geladen. Sie berichtete, dass sie in der Bücherei im Gespräch unter anderem mit der Bibliotheksleiterin war, als sie plötzlich einen Schlag in den Nacken bekommen habe. Der Gegenstand habe sich wie ein mit mehreren Büchern gefüllter Stoffbeutel angefühlt.

Nach dem Angriff habe der Mensch die Bücherei sofort verlassen, sagte Giffey. Die Bibliotheksleiterin habe ihn erkannt und berichtet, dass er Dauergast in der Bücherei sei. Der Name des Mannes sei ihr direkt ein Begriff gewesen, sagte Giffey. Er versende seit Jahren Hass-, Droh- und Beleidigungsmails, sowohl an sie als auch an andere Politiker. Sie gehe davon aus, dass der Angriff spontan erfolgt sei, weil der Termin nicht veröffentlicht worden war. Personenschutz habe sie wie bei derartigen Treffen üblich nicht zur Seite gehabt.

Nach dem Angriff habe sie noch weitere Termine wahrgenommen und sich abends im Krankenhaus Neukölln untersuchen lassen, sagte die SPD-Politikerin. Dort sei keine akute Verletzung festgestellt worden. Nach etwa zwei Tagen seien die Schmerzen wieder abgeklungen gewesen. Der Vorfall belaste sie noch heute, auch wenn sie sich in ihrer Arbeit nicht beirren lasse, sagte Giffey. Doch die Unbefangenheit, mit der sie sich in der Stadt bewege, sei durch Angriffe wie diese eingeschränkt. Für das Verfahren vor dem Landgericht sind drei weitere Termine bis Mitte Oktober angesetzt.

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