Der Waffenstillstand zwischen der Hamas und Israel ist beendet, noch immer hat die Terror-Miliz Geiseln in ihrer Gewalt. Die Netanjahu-Regierung übt massiven Druck aus und lässt am Boden und in der Luft angreifen. In Jerusalem gibt es große Proteste gegen den Neubeginn des Krieges.
Mit einer erneuten Bodenoffensive im Gazastreifen erhöht Israel den Druck auf die islamistische Hamas. Die "umfangreichen Angriffe" gegen Hamas-Mitglieder und Infrastruktur der Terrororganisation würden im gesamten Küstengebiet fortgesetzt, ließ die Armee am Abend verlauten. In Jerusalem protestierten Tausende bis in die Nacht hinein gegen das Wiederaufflammen des Gaza-Kriegs.
Bei den israelischen Attacken gab es palästinensischen Angaben zufolge wieder viele Tote. Ein Luftangriff im Norden des abgeriegelten Küstengebiets habe am Mittwochabend mindestens 24 Menschen getötet, hieß es aus medizinischen Kreisen in Gaza. Die israelische Armee teilte auf Nachfrage mit, ein Flugzeug habe etwa zehn Hamas-Terroristen getroffen.
Mehr als 70 Palästinenser sollen nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Zivilschutzes bei neuen israelischen Angriffen getötet worden sein. Darunter seien auch Frauen und Kinder, sagte ein Sprecher des Zivilschutzes. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Dutzende Menschen werden demnach noch unter den Trümmern vermisst. Einwohner berichteten von heftigen israelischen Luftangriffen vor allem im Norden und Süden des weitgehend zerstörten Küstenstreifens.
Verteidigungsminister fordert Geiselfreilassung
Seit der Nacht zu Dienstag attackiert Israels Armee bereits mit massiven Luftangriffen Ziele der Hamas und der mit ihr verbündeten Islamisten vom Palästinensischen Islamischen Dschihad. Damit endete de facto die seit dem 19. Januar geltende Waffenruhe. Beide Seiten weisen sich gegenseitig die Schuld dafür zu: Israel wirft der Hamas vor, die Freilassung von Geiseln wiederholt verweigert zu haben. Die Palästinenserorganisation wiederum beschuldigt Israels Regierung, die Waffenruhe einseitig aufgekündigt zu haben.
Israels Verteidigungsminister Israel Katz forderte die Freilassung der verbliebenen Geiseln und die Vertreibung der Hamas aus dem Gazastreifen. "Die Alternative ist die völlige Verwüstung." Nach israelischen Informationen werden im Gazastreifen noch 24 lebende Geiseln festgehalten, hinzu kommen die Leichen von 35 Verschleppten.


Israelische Flaggen werden beim Protest gegen den Krieg in Jerusalem geschwenkt.
(Foto: IMAGO/Middle East Images)
In Jerusalem protestierten Zehntausende bis in die Nacht hinein gegen den Neubeginn des Gaza-Kriegs und die geplante Entlassung des Chefs des Inlandsgeheimdiensts. Mehrere Medien meldeten Zusammenstöße zwischen Polizei und Demonstranten und mindestens zwölf Festnahmen. Netanjahu will Berichten zufolge heute Abend von der Regierung die Entscheidung billigen lassen, Schin-Bet-Chef Ronen Bar zu entlassen.
Die Huthi-Miliz im Jemen nahm derweil ihre Angriffe auf Israel wieder auf. Erstmals seit mehr als zwei Monaten heulten im Großraum Tel Aviv und in Jerusalem in der Nacht wieder die Warnsirenen. Die israelische Armee teilte, eine aus dem Jemen abgefeuerte Rakete sei abgefangen worden, bevor sie in israelisches Gebiet eingedrungen sei. Mehrere Menschen verletzten sich nach Angaben des Rettungsdienstes Magen David Adom, als sie in Schutzräume liefen, andere erlitten einen Schock.
Israel will Pufferzone schaffen
Mit ihren jüngsten "gezielten Bodenangriffen" will die israelische Armee nach eigenen Angaben eine begrenzte Pufferzone zwischen dem Norden und dem Süden des Gazastreifens schaffen. Im Rahmen der Offensive hätten die Truppen auch ihre Kontrolle im sogenannten Netzarim-Korridor ausgeweitet, der den Küstenstreifen in eine nördliche und eine südliche Hälfte teilt. Israelische Soldaten seien bis zur Mitte der strategisch bedeutsamen Zone vorgerückt.
Die Hamas sprach von einem "schweren Verstoß gegen das Waffenruhe-Abkommen". Im Februar hatte Israels Armee sich als Teil der Vereinbarung aus dem Korridor zurückgezogen - mit Ausnahme eines ein Kilometer breiten Gebiets unmittelbar an der Grenze zu Israel.
Die USA, Katar und Ägypten hatten eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas ausgehandelt, die seit Januar und zunächst für sechs Wochen galt. Bisher konnten sich die beiden Seiten nicht auf die Bedingungen für eine Verlängerung einigen. Israel hatte mit einer Wiederaufnahme des Krieges gedroht, sollte die Hamas keine weiteren Geiseln freilassen.