Schenken statt erben: In vielen Fällen kann es Sinn ergeben, Geld, Wertpapiere oder eine Immobilie schon zu Lebzeiten an die Nachkommen zu übertragen.
Etwas erben, das ist immer mit dem Verlust eines Menschen verbunden. Wer erbt, kann aber möglicherweise auch einen kleinen Trost erfahren: Denn mit dem Erbe erhält er oder sie in den meisten Fällen Vermögen.
Doch auch das Finanzamt kann sich oft freuen, wenn ein Erbe ansteht. Die Erbschaftssteuer kann bis zu 50 Prozent beantragen. Und davor gibt es prinzipiell kein Entrinnen. Denn wenn geerbt wird, erfährt das Finanzamt stets davon.
Banken sind etwa verpflichtet, Auskünfte beim Transfer höherer Geldbeträge einzuholen und Kontoinformationen an den Fiskus weiterzugehen. Und bei Immobilien erfolgt der Übertrag eines Objekts stets beim Notar, und auch er gibt die Informationen an die Behörden weiter.
Steuerklassen für Erben und Beschenkte
Erbschafts- und Schenkungssteuer sind bei den Steuersätzen identisch, gleiches gilt für die Freibeträge, die Beschenkte oder Erben in Anspruch nehmen können. Sie werden laut Gesetz in drei so genannte Steuerklassen unterteilt.
"Die Steuerklasse eins ist im Prinzip direkten Verwandten vorbehalten, also Kindern, Ehepartnern und Enkeln, aber auch Eltern oder Großeltern", erläutert Jörg Leine, Steuerexperte von Finanztip.
"In Steuerklasse zwei sind dann entferntere Verwandte eingruppiert, etwa Nichten und Neffen. Noch entferntere Verwandtschaft oder Personen, die gar nicht verwandt sind, haben die Steuerklasse drei".
Unterschiedlich hohe Freibeträge
Je nach Steuerklasse gelten Freibeträge, etwa 500.000 Euro bei Ehegatten, 400.000 Euro bei Kindern und 200.000 Euro bei Enkeln. Bis zu diesem Freibetrag müssen bei Erbe oder Schenkung keine Steuern gezahlt werden.
Der Steuersatz, der bei Beträgen darüber hinaus gilt, kann sieben, aber auch 50 Prozent betragen. Hierfür ist einerseits ebenfalls der Verwandschaftsgrad maßgebend, andererseits aber auch der Wert des Erbes oder der Schenkung.
Steuersatz individuell ermitteln
Wer etwa als Kind des Erben eine Immobilie im Wert von 500.000 erbt, zahlt auf den Betrag, der den Freibetrag überschreitet, elf Prozent Erbschaftssteuer - im Beispiel also elf Prozent auf 100.000 Euro, also 11.000 Euro. Um den individuellen Steuersatz zu ermitteln, kann man kostenlose Erbschafts- oder Schenkungssteuer-Rechner im Internet nutzen.
Der Staat verdient über Schenkungs- und Erbschaftssteuer alljährlich kräftig mit. Im Jahr 2023 wurden laut dem Statistischen Bundesamt Vermögen von rund 120 Milliarden Euro übertragen, dies haben die Finanzverwaltungen gemeldet. Die dabei erhobenen Steuern lagen bei rund einem Zehntel davon, also rund zwölf Milliarden Euro.
Freibeträge alle zehn Jahre nutzen
Um diese Steuern zu sparen, empfehlen Experten wie Jörg Leine, eine Schenkung lieber zu Lebzeiten vorzunehmen, als eigenes Vermögen zu vererben. "Der größte Vorteil beim Schenken ist, dass man den Freibetrag alle zehn Jahre erneut nutzen kann."
Leine nennt ein Beispiel: "Wenn man rechtzeitig anfängt zu planen und vielleicht ein größeres Vermögen aus einer Immobilie, einem Aktiendepot oder Geld Stück für Stück alle zehn Jahre überträgt, dann kann man Steuern senken oder vielleicht sogar ganz vermeiden."
Bei Immobilienschenkung Nießbrauch einrichten
Auch die Schenkung des eigenen Hause an die Kinder zu Lebzeiten steuerlich Sinn ergeben. Denn auch das kann in mehreren Etappen geschehen. Wer im Alter auch nach der Schenkung in "seinem Haus" wohnen bleiben möchte, der muss dies vertraglich entsprechend festhalten und einen so genannten Nießbrauch einrichten, erkärt Rechtsanwalt Philipp Pfab: "Das heißt, das Eigentum wechselt, aber die Nutzung bleibt bei dem Übergeber".
Ein solcher "Nießbrauch" vorzusehen, hat übrigens noch einen Steuerspareffekt: Denn der Nießbrauch wird als Wert angesetzt, der vom Gesamtwert der Immobilie abgezogen wird. Und damit fällt die Schenkungssteuer entweder niedriger aus oder ganz weg, wenn der Freibetrag dafür ausreicht.
Rückforderungsrechte im Vertrag vorsehen
Die Übertragung des Wohneigentums muss in jedem Fall notariell beurkundet werden. Und in einem solchen Vertrag können auch Möglichkeiten der Rückabwicklung vorgesehen sein: "Solche Rückforderungsrechte bedeuten, dass ich mir das Recht vorbehalte, unter verschiedenen Bedingungen die Immobilie zurückzufordern", erläutert Rechtsanwalt Pfab.
Er nennt Beispiele: "Wenn das Kind vor mir verstirbt und ich will nicht, dass jemand anderes erbt. Oder wenn das Kind insolvent wird. Dann kann ich es zurückfordern und damit das Familienvermögen schützen."
Vor der Schenkung sollte laut den Experten aber erst eine gründliche Planung stehen - am besten mit einem Rechtsbeistand, der auf Erb- und Steuerrecht spezialisiert ist. Dabei sollte geklärt werden, wer überhaupt in welcher Höhe begünstigt werden soll, aber auch, wann und in welchen Etappen Vermögen übertragen werden soll. Denn der Schenker will zwar sein Vermögen möglichst steuerschonend an die Nachkommen übertragen, aber im Alter auch selbst gut versorgt sein.