Laut ukrainischen Angaben rücken die Truppen in Kursk noch immer ein bis drei Kilometer vor. Gleichzeitig zerstören sie offenbar zwei Brücken, die für einen russischen Gegenschlag mit schwerem Gerät wichtig wären. Ein ähnlicher Vorstoß in der benachbarten Region Belgorod scheitert dagegen.
Die Ukraine hat bei ihrem Vorstoß in Kursk allem Anschein nach zwei strategisch wichtige Brücken im Bezirk Gluschkow zerstört, um den russischen Nachschub in der Region zu unterbinden. Wie die staatliche russische Nachrichtenagentur TASS berichtet, handelt es sich um die Brücken über den Fluss Seim bei den Ortschaften Gluschkow und Zvannoe. Kriegsbeobachter auf der Plattform X vermuten, dass das US-amerikanische Raketenwerfersystem HIMARS zum Einsatz kam. Die ukrainische Luftwaffe veröffentlichte auf X ein Video der Brückenzerstörung, das den Einsatz einer Gleitbombe nahelegt.
In dem Bezirk leben etwa 20.000 Menschen. Russischen Angaben zufolge wurde durch die Zerstörung der Brücken ihre Evakuierung unterbunden. Eine Stellungnahme der Regierung in Kiew liegt nicht vor.
Sogenannte OSINT-Kanäle, die auf X Fotos und Videos auswerten, merken an, dass die Brücke in der Ortschaft Gluschkow die einzige asphaltierte Verbindung auf die südliche Seite des Seim war. Das Gebiet sei für schweres Gerät wie Panzer nahezu unerreichbar, heißt es. Die russischen Streitkräfte müssen demnach auf "verschlungene und unbefestigte Straßen" ausweichen, wenn sie den Fluss überqueren wollen.
Vorstoß in Belgorod scheitert
Die "Washington Post" berichtet zudem von einem weiteren Vorstoß der Ukraine auf russisches Gebiet, und zwar an der Grenze der benachbarten Region Belgorod. Dort seien die russischen Einheiten nach den Ereignissen in der Region Kursk jedoch in Bereitschaft gewesen, der ukrainische Angriff habe sich bereits im Grenzgebiet festgefahren. Laut Angaben ukrainischer Soldaten, die an dem Vorstoß beteiligt waren, begannen russische Artillerieeinheiten, Drohnen und Flugzeuge fast sofort nach Grenzübertritt damit, die ukrainischen Truppen anzugreifen. Die russischen Streitkräfte haben demnach entlang der Grenze ein umfangreiches Netz von Panzerabwehrstellungen errichtet und das Gebiet stark vermint. Unter schwerem Beschuss hätten sich die ukrainischen Einheiten wieder auf eigenes Gebiet zurückgezogen, heißt es.
Die ukrainische Führung kommentiert auch diese Entwicklung nicht. Oberkommandeur Olexander Syrskyj erklärte lediglich, die ukrainischen Truppen seien bei Kursk weitere ein bis drei Kilometer vorgerückt. "Die Kämpfe gehen entlang der gesamten Frontlinie weiter", teilte er am Freitagabend mit. "Im Allgemeinen ist die Lage unter Kontrolle."
Schwere Angriffe im Osten
Gleichzeitig führt Russland weiter schwere Attacken im Osten der Ukraine im besetzten Donbass durch. Der Generalstab in Kiew berichtet von 23 Angriffen russischer Truppen bei Pokrowsk. "Die Verteidiger haben 17 Angriffe abgewehrt, weitere sechs Gefechte dauern noch an", hieß es am Abend. Bei Torezk seien acht russische Angriffe abgeschlagen worden. Während der Kämpfe habe die russische Luftwaffe sowohl Torezk als auch die kleineren Orte Nju Jork (New York) und Nelipiwka bombardiert.
Russland führt seit zweieinhalb Jahren einen unerbittlichen Angriffskrieg gegen die Ukraine und hat größere Gebiete im Osten des Nachbarlandes erobert. Um weitere Eroberungen möglichst zu verhindern, hat das ukrainische Militär eine Gegenoffensive in die westrussische Region Kursk hinein gestartet. Damit soll auch die Verhandlungsposition bei eventuellen Gesprächen zwischen Moskau und Kiew verbessert werden.
Die Verluste Russlands seien "sehr nützlich" für die Verteidigung der Ukraine, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. "Es geht um die Zerstörung der Logistik der russischen Armee und um den Verbrauch ihrer Reserven. Wir müssen allen russischen Stellungen maximalen Schaden zufügen, und das tun wir auch."