Das Trump-Team schmiedet einen Friedensplan für die Ukraine. US-Vizepräsident Vance will in München die Verhandlungen starten - bis Ostern soll der Frieden dann stehen. Auch für Berlin sehen die Amerikaner eine Aufgabe: Deutschland soll vor allem zahlen.
Die Münchner Sicherheitskonferenz könnte in diesem Jahr zu einem überraschenden Friedensgipfel werden. Vom 14. bis 16. Februar treffen sich 60 Staats- und Regierungschefs, dazu 150 Minister und viele Militärs - so viel Prominenz wie noch nie. Mit besonderer Spannung wird der Besuch des neuen US-Vizepräsidenten J.D. Vance und des neuen US-Außenministers Marco Rubio erwartet. Wie in diplomatischen Kreisen zu hören ist, kommt das Spitzenduo aus Washington mit einer konkreten Friedensinitiative für die Ukraine. Darum bringen sie auch gleich Washingtons Sondergesandten für die Ukraine, Keith Kellogg, mit nach München. Trumps Trio, begleitet von einer großen Delegation aus dem Kongress, wird den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und viele europäische Spitzenpolitiker treffen. Die Amerikaner signalisieren schon im Vorfeld: Wir haben einen Plan.


US-Vizepräsident J.D. Vance soll den Europäern in München den US-Friedensplan schmackhaft machen.
(Foto: REUTERS)
Der Kern der amerikanischen Strategie ist im sogenannten "Kellogg-Paper" ausformuliert. Der 80 Jahre alte Keith Kellogg, ein Trump-Vertrauter und Ex-Sicherheitsberater, pensionierter Generalleutnant und Kriegsveteran, hatte vor Monaten im Rahmen seiner Anstellung bei der konservativen Denkfabrik "America First Policy Institute" einen ersten Friedensplan erarbeitet. Darin wird im ersten Schritt ein "Einfrieren" des Konflikts empfohlen. Dabei soll zunächst ein Waffenstillstand entlang der derzeitigen Frontlinie vereinbart werden und hernach Friedensverhandlungen starten. Die US-Delegation glaubt, dass man das "bis Ostern" realisieren könne.
In einem zweiten Schritt soll - so hat es Vizepräsident J.D. Vance angekündigt - eine entmilitarisierte Zone entlang der aktuellen Demarkationslinie eingerichtet werden.
Drei Punkte für jede Seite
Nach Angaben aus diplomatischen Kreisen der USA haben über diesen Einstieg in den Ausstieg des Krieges inzwischen erste Kontaktgespräche mit Kiew und Moskau stattgefunden. Beide Seiten seien nach den hohen Verlusten des Winters "kriegsmüde". In Moskau gebe es eine "ernste Gesprächsbereitschaft".
Die Amerikaner erwägen mit Blick auf die Friedensverhandlungen, Russland drei Zugeständnisse zu machen: Erstens verzichtet die Ukraine für eine bestimmte Zeit auf den NATO-Beitritt. Zweitens könnten die Wirtschaftssanktionen gegen Russland gelockert werden. Drittens würde Russland die besetzten Gebiete vorerst kontrollieren dürfen.
Im Gegenzug werden auch der Ukraine drei Dinge versprochen: Erstens erhält die Ukraine umfassende Sicherheitsgarantien des Westens - bis hin zur Stationierung von westlichen Friedenstruppen. Zweitens bekommt die Ukraine den Beitritt zur Europäischen Union in Aussicht gestellt. Drittens erhält die Ukraine umfassende Wirtschaftshilfe des Westens zum Wiederaufbau.
Der Plan sieht vor, dass die Ukraine und die internationale Staatengemeinschaft die von Russland eroberten Gebiete auch in Zukunft als ukrainisches Staatsgebiet ansehen würden. Laut Kellogg soll die Ukraine "nicht auf ihr Ziel verzichten, ihre Territorien zurückzugewinnen". Man spiele auf Zeit. Kellogg meint, man könne nach dem Ende der Ära Putin die Rechte der Ukraine womöglich unter besseren Umständen wieder einfordern.
Trump will sich als Friedensfürst inszenieren - und Europa abzocken
Aus der US-Delegation ist von einem "Big Deal" die Rede, der auch die Europäer betreffen werde. So hat Vance die europäischen Bündnispartner schon im Vorfeld dafür kritisiert, den Krieg nicht ausreichend finanziert zu haben, während amerikanische Steuerzahler großzügig gewesen seien; Europa insgesamt hat die Ukraine allerdings deutlich stärker unterstützt als die USA. Vance sagt dennoch, nun dürften sich die Europäer nicht mehr drücken und müssten "ihren Beitrag leisten". Auch die Aufrüstung der Ukraine sollten die Europäer bezahlen. Der Trump-Vize betont, dass insbesondere die Deutschen den Wiederaufbau der Ukraine wesentlich finanzieren müssten. Innerhalb Europas war Deutschland schon bisher der größte Unterstützer der Ukraine, zumindest in absoluten Zahlen.
Unter deutschen Diplomaten wird der Kellogg-Vance-Plan mit einer gewissen Sorge beäugt. "Sie suchen einen schnellen, faulen Deal, Trump will sich als Friedensfürst inszenieren - und wir sollen schweigen und zahlen." Selbst das Wort "Diktatfrieden" macht schon die Runde. Die Amerikaner würden zudem "über die europäischen Köpfe hinweg" handeln. Aus der US-Delegation hört man hingegen, dass es die Europäer mit ihrer "Untätigkeit, Feigheit und Uneinigkeit" nur "selbst vermasselt" hätten, endlich einen Frieden herzustellen.
In Berlin und Paris stößt besonders bitter auf, dass die Amerikaner aus dem Friedensdeal noch kleines Kapital schlagen wollten. So solle man nicht nur für den Wiederaufbau, die Friedenstruppen und den Einkauf amerikanischer Waffen für die Ukraine zahlen. Donald Trump hat vor wenigen Tagen einen zusätzlichen "Deal" ins Spiel gebracht und den Zugriff der USA auf Rohstoffe der Ukraine verlangt. Für amerikanische Hilfe könnte sich Kiew mit seltenen Erden und anderen Bodenschätzen erkenntlich zeigen, sagte er und schrieb in sozialen Medien, dass ukrainische und amerikanische Teams Treffen planten. In München geht dies nun los. Trump drückt offenbar aufs Tempo, um den Ostertermin tatsächlich zu erreichen, und schickt sein Trio mit der Losung nach München: "Ein solider, dauerhafter Frieden rückt näher."