1 month ago

Neuer Streit: Soldaten raus aus dem Schulunterricht? Falsch, sagt die Wehrbeauftragte



Die Wehrbeauftragte Eva Högl hält es für falsch, die Bundeswehr aus dem Schulunterricht zu verbannen. Thüringen und Brandenburg haben das in Koalitionsverträgen vereinbart.

Die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl, ist gegen ein Auftrittsverbot für die Bundeswehr im Schulunterricht. "Die Verteidigung unseres Friedens, unserer Freiheit und unserer Demokratie ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Darüber sollte stets offen und vielfältig diskutiert werden – und das vor allem auch mit jungen Leuten", sagte Högl dem stern. "Die Themen sollten frühzeitig im Unterricht behandelt werden und in den Schulen intensiv und engagiert diskutiert werden, auch mit der Bundeswehr." Es brauche "die Begegnung" und "den Austausch".

BSW wollte Bundeswehr aus Schulen verbannen

Ausgelöst wurde die aktuelle Debatte durch die künftigen Landesregierungen von Brandenburg und Thüringen. In Brandenburg will sich am 11. Dezember Dietmar Woidke (SPD) erneut zum Ministerpräsidenten wählen lassen. Mit seinem neuen Koalitionspartner, dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), hat er sich auf einen Koalitionsvertrag verständigt, der die Nachwuchs-Werbung der Bundeswehr im Unterricht explizit verbietet. 

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Wörtlich heißt im Vertrag: "Eine Nachwuchs-Werbung der Bundeswehr kann in der Unterrichtszeit, aber nicht im Unterricht stattfinden." Das heißt, dass die Bundeswehr zum Beispiel an Berufsinformationstagen an die Schulen eingeladen werden, aber nicht direkt in die Unterrichtsstunden kommen darf. 

Freiheit der Schulen wird eingeschränkt

Zwar heißt es in der Vereinbarung weiter: "Die Schulen entscheiden eigenständig und freiwillig, ob und wie sie die Angebote nutzen." Das konnten Brandenburgs Schulen aber bislang auch schon, ohne die Einschränkung mit Blick auf den Unterricht. In diesem Jahr waren nach Angaben der "B.Z." die Jugendoffiziere fast 350 Mal in den Schulen zu Besuch. Außerdem werden die Schulen im Vertrag aufgefordert, neben der Bundeswehr "parallel Vertreter der Zivilgesellschaft" einzuladen.

Das BSW hätte gern die Bundeswehr komplett aus den Schulen verbannt, die jetzige Formulierung ist ein Kompromiss.

Auch Thüringen will keine Bundeswehr-Werbung mehr

Auch in Thüringen findet sich eine ähnliche Formulierung im Koalitionsvertrag, den die CDU unter Führung von Mario Voigt mit dem BSW und der SPD ausgehandelt hat. Dort heißt es: "Wir begreifen Schule als Lernort für Freiheit, Toleranz, Völkerverständigung und Frieden. Der Unterricht darf keine Werbeplattform für eine berufliche Zukunft bei der Bundeswehr sein."

Uniform Bundeswehr_0859

Scharfe Kritik dazu kommt aus der CDU. "Es ist die Pflicht des Staates, über eine seiner zentralen Aufgaben aufzuklären: die äußere Sicherheit", sagte die Verteidigungsexpertin der CDU, Serap Güler, dem stern. Jugendoffiziere seien dafür ausgebildet, Schüler zu befähigen, "sicherheitspolitische Vorgänge einzuordnen". "Gerade in der Zeitenwende gehören sie in die Schulen – nicht zur Werbung für die Bundeswehr, sondern zur sicherheitspolitischen Bildung", so Güler. "Sie aus dem Unterricht zu verbannen, zeigt den Realitätsverlust des BSW."

Der SPD-Verteidigungsexperte Johannes Arlt hält trotz der Formulierungen im Koalitionsvertrag hingegen auch eine weitere Präsenz der Bundeswehr im Unterricht für möglich. Dort sei "eindeutig nur Nachwuchswerbung der Bundeswehr als im Unterricht ausgeschlossen benannt", sagte Arlt dem stern. "Die Tätigkeit von Jugendoffizieren der Bundeswehr ist ausdrücklich keine Nachwuchswerbung, sondern staatsbürgerliche Bildung." Diese könne im Unterricht fortgesetzt werden. Auch sei es weiterhin für die Bundeswehr zulässig, außerhalb des Unterrichts an den Schulen um Nachwuchs zu werben: "Auch wenn ich mir eine regelhaft intensivere Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und Gesellschaft gut vorstellen kann, kann ich die Aufregung um die Einigung nicht nachvollziehen."

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Experten: Deutschland muss in fünf Jahren verteidigungsbereit sein

Der Hintergrund: Die Bundeswehr leidet seit dem Aussetzen der Wehrpflicht unter Personalmangel. Bis 2031 sollte die Truppe auf 203.000 Soldaten und Soldatinnen anwachsen, von derzeit rund 180.000. Stattdessen schrumpft sie. Im vergangenen Jahr konnten rund 21.000 Offiziers- und Unteroffiziersstellen nicht besetzt werden.

Zugleich mahnen Experten der Bundeswehr wie der Generalinspekteur Carsten Breuer, Deutschland müsse in fünf Jahren "kriegstüchtig" sein, um notfalls auch einen russischen Angriff abzuwehren.

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