Die Antibabypille gilt nach wie vor als sicherstes Verhütungsmittel – und doch greifen immer weniger junge Frauen auf den Hormonbooster zurück, sondern wählen eine natürliche Methode.
Laut einem Bericht der Techniker Krankenkasse, den sie vor Kurzem – passend zum Tag der Antibabypille – veröffentlicht hat, lassen sich immer weniger TK-versicherte Frauen zwischen 16 und 19 Jahren die Pille verschreiben: Waren es 2013 und 2014 noch 60 Prozent, ist die Zahl 2018 auf 48 Prozent gesunken. Davon am stärksten betroffen sind die 19-Jährigen, lautet das Urteil der Versicherung. Stattdessen erfreuen sich natürliche Verhütungsmethoden, die ohne Hormone auskommen, einer wachsenden Beliebtheit. Aber sind sie auch so sicher wie die Pille? Natürlich nicht! Dennoch versprechen die alternativen Möglichkeiten deutlich mehr Vorteile für den weiblichen Körper – sofern man diesen gut kennt und die Signale richtig deuten kann. Im Folgenden werden die verschiedenen Methoden erläutert.
Wie funktioniert natürliche Verhütung?
Um eine Schwangerschaft zu verhindern, auch ohne die Einnahme der Antibabypille, müssen Frauen die Signale ihres Körpers, welche sich durch den Menstruationszyklus regelmäßig verändern, verstehen und richtig einordnen. Denn nur wer in der Lage ist, seine fruchtbaren Tage zu bestimmen, kann an den unfruchtbaren Tagen ungeschützten Geschlechtsverkehr haben. Andernfalls ist das Risiko, ungewollt schwanger zu werden, sehr hoch. In die Beobachtung mit einfließen müssen wichtige Faktoren wie die Körpertemperatur oder auch die Veränderung des Zervixschleims, aber auch die Überlebensdauer der Spermien spielt eine nicht unerhebliche Rolle bei der natürlichen Verhütung. Am wichtigsten ist jedoch, dass Sie einen regelmäßigen Zyklus haben, da es sonst fast unmöglich ist, seine fruchtbaren Tage zu bestimmen. Hinzukommt, dass sich Frauen in dieser Zeit zusätzlich schützen müssen, zum Beispiel mit einem Kondom oder Diaphragma. Ein weiterer Nachteil ist, dass andere Faktoren wie die Einnahme von Medikamenten, Stress oder auch Schlafmangel die folgenden vier Methoden beeinflussen können.
1. Die Temperatur-Methode (Perl-Index: 0,8 - 3)
Die Körpertemperatur nach dem Aufwachen wird als Basaltemperatur bezeichnet – sie kann Frauen dabei helfen, ihre fruchtbaren Tage zu bestimmen. Das bedarf jedoch einiger Vorbereitung: Zum einen muss die Aufwachtemperatur über mehrere Monate jeden Tag zur gleichen Uhrzeit gemessen werden. Zum anderen sollte eine Frau im Vorfeld mindestens fünf Stunden Schlaf bekommen, ohne etwas gegessen oder getrunken zu haben. Nur so kann ein relevanter Wert gemessen werden. Die Werte müssen jeden Tag aufs Neue notiert werden, um herauszufinden, wann der Eisprung zu erwarten ist. Normalerweise ist die Körpertemperatur in der ersten Zyklushälfte immer die Gleiche (sofern keine Erkrankung vorliegt) – nach dem Eisprung steigt die Basaltemperatur um mindestens 0,2 Grad an: Das liegt an demHormon Progesteron. Hält sich die erhöhte Temperatur drei Tage lang, können Sie davon ausgehen, dass der Eisprung stattgefunden hat. Bis zur nächsten Periode stehen nun die unfruchtbaren Tage bevor. So lautet die Theorie.
In der Praxis gibt es leider keine 100-prozentige Sicherheit, dass Sie bei dieser Methode nicht schwanger werden. Umso wichtiger ist es, seinen Körper gut zu kennen und die Körpertemperatur über einen längeren Zeitraum zu dokumentieren. Dabei helfen kann Ihnen auch eine App, die sich mit dem Basalthermometer verbindet (via Bluetooth) und die Werte für Sie speichert und auswertet. Hier können Sie sich anhand der Lernkurve orientieren, um den Eisprung als auch die fruchtbaren Tage einzugrenzen.
Der Perl-Index liegt hier bei ungefähr zwischen 0,8 bis drei, was im Klartext bedeutet: Wenn 100 Frauen ein Jahr lang diese natürliche Methode nutzen, werden bis zu drei schwanger. Zum Vergleich: Der Perl-Index bei der Pille liegt zwischen 0,1 und 0,9, bei der Nutzung eines Kondoms bei 0,6 bis zwölf.
2. Die Billings-Methode (Perl-Index: 5 - 35)
Als Zervixschleim wird der Ausfluss bezeichnet, der durch Drüsen am Gebärmutterhals (Zervix) produziert wird. Benannt wurde diese Methode nach dem Ärzte-Ehepaar Billings, das herausgefunden hat, wie sich der Schleim während des Zyklus einer Frau verändert und somit die fruchtbaren Tage verrät – da seine Aufgabe darin besteht, die Spermien in die richtige Richtung zu leiten. Deshalb ändert sich vor allem die Konsistenz vom Zervixschleim, die sich in vier verschiedene Phasen unterteilen lässt: Nach der Periode produziert der weibliche Körper kaum Schleim, vor dem Eisprung wird er plötzlich milchig-trüb und auch etwas klebrig. Steht der Eisprung unmittelbar bevor, wird er ganz klar, flüssig und fadenziehend – und zum Schluss, wenn der Eisprung vorüber ist, wird er wieder milchig-trüb. Die fruchtbaren Tage sind vorbei.
An dieser Stelle fragen Sie sich möglicherweise, wie oder womit Sie die Konsistenz des Zervixschleims bestimmen sollen? Die Antwort ist denkbar simpel: mit Ihren Fingern. Tatsächlich ist es am einfachsten, wenn Sie jeden Tag etwas Schleim aus dem Scheideneingang entnehmen und diesen zwischen Daumen und Zeigefinger verreiben – und Ihre Finger wieder auseinanderziehen. So können Sie die "Spinnbarkeit" am besten bewerten und dokumentieren. Denn auch hier ist es wichtig, dass Sie die Methode erst ein paar Male ausprobieren, bevor Sie Rückschlüsse daraus ziehen und Ihre fruchtbaren Tage bestimmen. Genauso besteht die Gefahr, dass Sie sich irren und ungeschützten Verkehr haben, obwohl Sie fruchtbar sind.
Der Perl-Index liegt dementsprechend zwischen fünf und 35.
3. Die symptothermale Methode (Perl-Index: 0,4 - 2,3)
Hierbei werden vom Prinzip her eigentlich nur die ersten beiden Methoden (Basal und Billing) miteinander kombiniert. Sprich, Sie messen auf der einen Seite jeden Morgen zur gleichen Zeit Ihre Körpertemperatur nach dem Aufwachen mithilfe eines Basalthermometers – im Gegensatz zu einem gewöhnlichen Thermometer hat es den Vorteil, dass bis zu zwei Stellen nach dem Komma angezeigt werden können. Auf der anderen Seite müssen Sie jeden Tag die Farbe und Konsistenz des Zervixschleims beobachten und dokumentieren. Beide Methoden müssen Sie mindestens drei Monatszyklen lang dokumentieren, um die fruchtbaren Tage sicher bestimmen zu können. Zusätzlich macht es auch noch Sinn, den Muttermund (sprich den Gebärmutterhals) abzutasten: Nach der Periode ist er meistens fest verschlossen, an fruchtbaren Tagen ist er weicher und leicht geöffnet.
Bei präziser Anwendung und Beobachtung liegt der Perl-Index somit nur noch zwischen 0,4 und 2,3.
4. Die Kalendermethode (Perl-Index: 3 - 9)
Diese natürliche Verhütungsmethode wird auch Knaus-Ogino-Methode genannt, da sie von einem österreichischen Arzt (Knaus) und seinem japanischen Kollegen (Ogino) erfunden wurde. Wie der Name schon vermuten lässt, wird jeder Zyklus einer Frau in einem Kalender festgehalten – über sechs bis zwölf Monate. Aus diesem Grund wird auch von der Kalendermethode gesprochen: Am ersten Tag der Menstruation beginnt ein neuer Zyklus, dementsprechend tragen Sie immer zuerst ein, wann die letzte Blutung stattgefunden hat. Tragen Sie zudem ein, wie lange jede Periode gedauert hat und unter welchen Beschwerden Sie während dieser Zeit möglicherweise gelitten haben. Je präziser die Einträge, desto genauer die Auswertung, anhand derer Sie den kürzesten und längsten Zyklus ermitteln können. Über diese können Sie dann folgende Formel anwenden, um Ihre fruchtbaren Tage – auch bei einem unregelmäßigen Zyklus – auszurechen:
- Ziehen Sie von Ihrem kürzesten Zyklus 18 Tage ab, zum Beispiel 24 minus 18 – das Ergebnis ist der erste fruchtbare Tag in Ihrem Zyklus.
- Ziehen Sie vom längsten Zyklus elf Tage ab, zum Beispiel 28 minus elf – das Ergebnis ist der letzte fruchtbare Tag in Ihrem Zyklus.
Laut dieser Rechnung könnten Sie nur zwischen dem sechsten und 17. Zyklustag schwanger werden. Da Spermien jedoch bis zu 72 Stunden lebensfähig sind, müssen Sie gegebenenfalls noch mehr Tage dazurechnen. Diese Methode hat also wenig Hand und Fuß.
Da ist es kaum verwunderlich, dass der Perl-Index zwischen drei und neun liegt, denn die Methode ist alles andere als sicher.
Vor- und Nachteile der natürlichen Verhütung
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass keine der genannten Möglichkeiten genauso sicher ist wie die Antibabypille. Und auch, dass die Sicherheit einer natürlichen Verhütungsmethode steigt, je regelmäßiger Ihr Zyklus ist und, umso besser Sie sich und die Signale Ihres Körpers deuten können. Ein geregelter Tagesablauf, ausreichend Schlaf und eine gesunde Lebensweise sind sicherlich auch förderlich, trotzdem versprechen die Methoden nur dann Erfolg, wenn Sie Geduld, Ausdauer und Disziplin mitbringen. In dem Fall können Sie auch ganz ohne Hormone verhüten.
Negativ ist mit Sicherheit auch zu bewerten, dass Sie bei den natürlichen Verhütungsmethoden nicht immer dann ungeschützten Sex haben können, wann Sie mögen – da die Lust erwiesenermaßen gerade um den Eisprung steigt. Aus diesem Grund kommen Sie an den fruchtbaren Tagen nicht um andere Verhütungsmittel drumherum. Wenn Sie und Ihr Partner damit keine Probleme haben und Sie die nötige Zeit aufbringen wollen, um Ihren Zyklus besser kennenzulernen, ist die symptothermale Methode mit Abstand die beste Wahl, wenn Sie nicht schwanger werden wollen.