Kreatin-Pulver liegt voll im Trend, Sportlerinnen und Sportler schwören auf die Substanz. Was sie mit Körper und Geist macht, erklärt Ernährungsexpertin Heike Lemberger dem stern.
Kreatin ist so etwas wie der geheime Treibstoff Ihrer Muskeln: eine körpereigene Substanz, die Ihnen hilft, explosiv durchzustarten. "Es hat eine ganze Reihe von Vorteilen – nicht nur für Sportler, sondern auch für die allgemeine Gesundheit und sogar das Gehirn", sagt Ernährungsexpertin Heike Lemberger dem stern. Chemisch betrachtet handelt es sich um eine Verbindung aus den Aminosäuren Arginin, Glycin und Methionin. Ihr Körper stellt Kreatin dank Leber, Nieren und Bauchspeicheldrüse selbst her, doch Sie können es auch über die Nahrung aufnehmen, insbesondere durch Fleisch und Fisch. Warum ist das so wichtig? Und: Ist es ratsam?
Kreatin spielt eine zentrale Rolle in der ATP-Produktion: der schnellen Energiebereitstellung, die Sie brauchen, wenn Sie Gewichte stemmen, sprinten oder generell im Alltag leistungsfähiger sein möchten. Wer nachhelfen will, greift zum Pulver.
Heike Lemberger ist Ökotrophologin und Fitnesslehrerin, lebt und arbeitet in Hamburg. Ihr Spezialgebiet ist der Einfluss des Essens auf Gesundheit, Sport, Fitness und Leistungsfähigkeit. Seit über 20 Jahren arbeitet sie im Institut für Sport- und Bewegungsmedizin an der Universität in Hamburg.
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Die meisten Kreatin-Pulver auf dem Markt stammen nicht aus Mammutsteaks oder Lachsfilets, sondern aus einer cleveren Synthese. Die Herstellung erfolgt synthetisch durch chemische Reaktionen mit den Ausgangsstoffen Cyanamid und Natrium-Sarkosin. Diese Stoffe werden in einem mehrstufigen Prozess unter kontrollierten Bedingungen umgewandelt. Das Ergebnis? Hochreines Kreatin-Monohydrat – die bestuntersuchte und effektivste Form. Keine Schadstoffe, keine Zufälle – nur pures Power-Pulver mit maximaler Reinheit.
Welche Vorteile hat Kreatin-Pulver?
Kreatin ist nicht nur ein Hype, sondern eines der am besten untersuchten Nahrungsergänzungsmittel überhaupt. Ernährungsexpertin Heike Lemberger nennt folgende Vorteile, die die Einnahme von Kreatin bewirken kann − natürlich immer in Verbindung mit einem gesunden Lebensstil und Training:
- Mehr Kraft und Leistung: Ob beim Krafttraining, Sprint oder hochintensivem Sport – Kreatin kann Ihre Explosivkraft steigern und für bessere Performance sorgen.
- Schnellere Regeneration: Weniger Muskelkater, kürzere Erholungsphasen – eine optimale Unterstützung für Ihr Training.
- Förderung des Muskelwachstums: Durch die erhöhte Wasserspeicherung in den Muskelzellen erscheinen Ihre Muskeln praller – und langfristig wird auch das Muskelwachstum gefördert.
- Boost fürs Gehirn: Studien zeigen, dass Kreatin nicht nur Ihre Muskeln, sondern auch Ihre geistige Leistungsfähigkeit unterstützen kann – besonders unter Stress oder bei mentaler Erschöpfung.
Wie gut ist Kreatin erforscht?
Falls Sie skeptisch sind: Kreatin ist ein sicheres Nahrungsergänzungsmittel. Hunderte Studien belegen seine Wirksamkeit und Sicherheit. Heike Lemberger sagt: "Die Einnahme von Kreatin gilt als unbedenklich, solange es in empfohlenen Mengen konsumiert wird. Kreatin ist eines der am besten erforschten Nahrungsergänzungsmittel und wird von zahlreichen Studien als sicher eingestuft". Die übliche Dosierung liege bei drei bis fünf Gramm pro Tag. Die langfristige Einnahme (auch über Jahre) gilt als unproblematisch, solange keine Vorerkrankungen der Nieren oder Leber vorhanden seien. Die Vorteile für den Körper sind gut erforscht, jedoch mangelt es noch an Studien zur Auswirkung auf das Gehirn. Die bisherigen Ergebnisse zeigen sich ebenfalls positiv.
Laut einer Studie von 2024 vom Forschungszentrum Jülich könnte eine hohe Dosis Kreatin kurzfristig die geistige Leistungsfähigkeit bei Schlafmangel steigern. In einem Experiment mit 15 Erwachsenen erzielten die Teilnehmer während einer schlaflosen Nacht bessere Testergebnisse, wenn sie zuvor Kreatin eingenommen hatten. Auch im Einsatz bei Erkrankungen zeigen sich positive Studienergebnisse.
Der Gendefekt Atrophia Gyrata, eine Stoffwechselkrankheit, ist ein Beispiel für eine Erkrankung, bei der Kreatin bereits seit über 40 Jahren als Medikament eingesetzt wird. Dadurch seien potenzielle Nebenwirkungen der Substanz gut erforscht, erklärt Sportwissenschaftler Jürgen Gießing dem MDR. Erst rund ein Jahrzehnt später wurde Kreatin dann in der Fitness-Community populär. Man merke, dass man beim Krafttraining ein oder zwei Wiederholungen mehr schaffe oder als Läufer im Endspurt noch etwas mehr Energie habe, so Gießing.
Gibt es trotzdem Nebenwirkungen?
Kreatin ist im Allgemeinen sehr gut verträglich. Dennoch gibt es ein paar Aspekte, die Sie beachten sollten:
- Wassereinlagerungen: Ihre Muskeln speichern mehr Wasser – das kann sich auf der Waage bemerkbar machen, ist aber kein Fett.
- Verdauungsprobleme: Manche Menschen reagieren auf hohe Dosen mit einem unruhigen Magen – eine langsame Dosierungssteigerung kann hier helfen.
- Nierenbelastung: Immer wieder gibt es Gerüchte, dass Kreatin die Nieren schädigen könnte. Wissenschaftliche Studien zeigen jedoch: Bei gesunden Menschen gibt es keinerlei Hinweise auf negative Auswirkungen.
Lohnt sich Kreatin?
"Die Einnahme von Kreatin empfehle ich besonders für Sportler und Fitness-Enthusiasten, wie Kraftsportler, Sprinter, HIIT-Athleten und Fußballspieler", so Ernährungsexpertin Lemberger. "Auch für ältere Menschen kann Kreatin von Vorteil sein, da es Muskelschwund (Sarkopenie) verlangsamen, die kognitive Gesundheit fördern, das Gehirn schützen und die Knochengesundheit unterstützen kann", sagt sie weiter.
Aber: Eine Arbeitsgruppe der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) kam zu dem Schluss, dass eine ausgewogene Ernährung, die auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt ist, die wichtigste Voraussetzung für sportliche Leistungsfähigkeit darstellt. Ein Einsatz von Kreatin kann demnach allenfalls eine Ergänzung im Rahmen eines gut zusammengestellten Ernährungsplanes sein. Wichtig: Kinder und Jugendliche sollten auf die Einnahme von Kreatin verzichten, vor einer Überdosierung wird gewarnt. Auch im Fall von Kreatin heißt es: "Alles in Maßen, nichts im Übermaß".
Quellen: AOK,Verbraucherzentrale, MDR