Ein Telefonat kann uns Freude bereiten – oder im falschen Moment so richtig nerven. Eine Expertin verrät, wie Sie sich eloquent aus der Affäre ziehen.
Ein Nein zu anderen ist manchmal ein Ja zu sich selbst. Und doch fällt es vielen von uns schwer, Nein zu sagen, besonders am Telefon. Für eine stern-Kollegin sind die meisten Telefonate gar grenzüberschreitend. Andere fürchten sich sogar vor Ihnen, wie eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom bestätigte. Die einfachste Lösung ist natürlich, gar nicht erst ranzugehen. Was aber tun, wenn das aus Pflichtgefühl bereits geschehen ist, obwohl man weder Zeit noch Lust auf ein Gespräch hat? Dann weiß die Kommunikationsexpertin Alexandra Sievers Rat.
Der Kontext entscheidet über das Ende des Telefonats
"Es ist natürlich ein Unterschied, ob Sie ein Gespräch mit Chef oder Chefin beenden wollen oder im privaten Kontext den Partner vertrösten müssen. Wichtig ist, dass Sie von vornherein freundlich sind", erklärt Sievers. Logisch, denn einfach mit Tschüss das Gespräch beenden und auflegen, hinterlässt sowohl bei der Vorgesetzten als auch beim Partner schlechte Gefühle. Damit kommunizieren Sie vor allem eines: Dein Bedürfnis nach Klärung ist mir völlig egal.
Und genau hier setzt die Kommunikationsexpertin an: "Wichtig ist, dass Sie Ihrem Gegenüber unmissverständlich klarmachen, dass er oder sie es Ihnen wert ist, dass Sie sich auf das Gespräch konzentrieren." Und genau das ist eine wunderbare Hinleitung zum Ende des Gesprächs, wenn Sie schlicht sagen, du bist mir wichtig, aber gerade habe ich keine Zeit, mich so mit unserem Gespräch zu befassen, wie es uns beiden gerecht wird. Die meisten Menschen dürften sich dadurch geschmeichelt fühlen und Ihnen großzügig den Wunsch nach etwas mehr Zeit erfüllen.
Im Kontext der Arbeit geht es meist um Sachfragen oder Aufgaben, die erledigt werden müssen. Hier ergebe es natürlich Sinn, dass Sie der Chefin oder dem Chef verdeutlichen, dass Ihnen genau das wichtig sei, erklärt Sievers. Also dass Sie entweder sagen, dass ihre aktuelle Aufgabe ihre volle Konzentration erfordert, um bestmöglich ausgeführt zu werden oder umgekehrt, es Ihnen natürlich genauso wichtig ist, die kommende ebenso sorgfältig zu erledigen, wie es den Ansprüchen des Unternehmens gerecht wird. Zeitgleich ist das beides nicht möglich – so sehr sich das viele Vorgesetzte auch wünschen mögen.
Ein Dank wirkt Wunder
"Wichtig ist, sich auch immer für das Gespräch zu bedanken", sagt Sievers. Denn in einem Dank liegt immer Wohlwollen gegenüber dem Anrufenden. Dieses Wohlwollen können Sie laut der Kommunikationsexpertin auch gern durch Freude zum Ausdruck bringen: "Ich freue mich über deinen Anruf, aber ist es okay, wenn ich zurückrufe? Damit bringen Sie zum Ausdruck, dass Sie generell zum Gespräch bereit sind, aber der Zeitpunkt gerade ungünstig ist", so Sievers. Wer hier auf Nummer sicher gehen will, bietet direkt einen Zeitpunkt an, wann es besser passt. Eine Verabredung zum Telefonat zeigt auf jeden Fall Verbindlichkeit.
Achtung: In Bezug auf die Arbeit ist es natürlich ein schmaler Grat, sich dafür zu bedanken, dass ausgerechnet Sie der oder die Auserkorene sind, um noch mehr Aufgaben zu erledigen. Hier sollten Sie zunächst den Grund des Anrufs hinterfragen. Will Ihr Chef oder Chefin Sie befördern, ist Dank natürlich angebracht. Voreiliges Bedanken für mehr Arbeit führt aber in den meisten Fällen nicht zu einer Beförderung, sondern im Gegenteil: zu noch mehr Arbeit.
Hartnäckige Anrufer abwimmeln
Was aber tun, wenn sich der Gesprächspartner nicht so leicht abwimmeln lässt, wie wir uns das wünschen, und fragt, was wir gerade machen. In diesem Fall rät die Expertin, sich etwas Zeit zu kaufen. "Das sage ich dir, wenn ich zurückrufe. So bekommen Sie etwas Zeit, sich auf das Gespräch vorzubereiten", sagt Sievers.
Nun gibt es aber auch Situationen, in denen sich Anrufer einfach abreagieren wollen. Wer für eine Service-Hotline arbeitet, kennt solche wütenden Anrufer.
"Wenn es Ihr Beruf ist, zu telefonieren, hilft alles nichts. Hier muss man die Menschen manchmal einfach etwas wüten lassen. Hilfreich können zwei Methoden sein, und zwar, indem Sie eine Verbundenheit mit Ihrem Gegenüber erzeugen. Das gelingt mit Sätzen wie 'Wir kommen gemeinsam weiter, wenn Sie mir Zeit geben, mich um das Problem zu kümmern'. Ebenso kann es helfen, in die Vergangenheit zu wechseln, indem Sie erklären, dass Sie gern telefoniert haben. Sprechen Sie aus, wann Sie sich zurückmelden, mit einer konkreten Terminzusage. So geben Sie Ihrem Gegenüber das Gefühl, dass Sie sich kümmern."
Und was, wenn die Schwiegermutter anruft? Da helfe laut Sievers manchmal nur eines: "Das Gespräch beenden, bevor es entsteht." Ja, nicht rangehen ist erlaubt. Denn ein Nein zu anderen ist manchmal auch ein Ja zu sich selbst.