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Nahostkonflikt: Antisemitismusbeauftragter lobt Trumps Gaza-Plan – und löst Irritationen aus



Die Bundesregierung äußerte sich bisher kritisch bis empört über die Trump-Pläne für den zerstörten Gazastreifen. Der Antisemitismusbeauftragte sieht das ganz anders.

Eine verwüstete Landschaft wird zu einem glitzernden Strand mit Wolkenkratzern. Scheine regnen auf tanzende Kinder herab, Teslas fahren durch die engen Gassen, Elon Musk frisst Hummus. So stellt sich Donald Trump die Zukunft von Gaza vor, wie neulich einem KI-generierten Video, das er auf den sozialen Medien veröffentlichte, zu entnehmen war. Ein Fiebertraum, den viele Vertreter der Bundesregierung für inakzeptabel gehalten haben. Bis jetzt. 

"Es lohnt sich, genauer hinzuschauen", sagt der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, in einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) in Bezug auf Trumps Gaza-Pläne. "Ich halte es nicht für verkehrt, radikal und einmal völlig neu zu denken." Die Thesen Kleins sorgen in der Bundesregierung für Irritationen, wären sie doch eine komplette Wende in der Nahostpolitik. "Die Einlassung von Herrn Klein zu Umsiedlungen aus Gaza ist unverantwortlich und dient in keiner Weise der Sicherheit Israels oder dem Frieden in der Region", heißt es aus Diplomatenkreisen gegenüber dem stern

Die bisherigen Reaktionen auf Trumps Pläne für Gaza waren eher kritisch bis ablehnend. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nannte sie "inakzeptabel und völkerrechtswidrig", ohne den US-Präsidenten beim Namen zu nennen. Michael Roth (SPD), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, sagte dem Tagesspiegel, der Plan laufe auf "Landraub, ethnische Säuberung und Kolonialismus" hinaus.

Trump Gaza-Plan: Rückkehroption – oder nicht?

Nur aus den Reihen der bisherigen Opposition gab es bislang eine gewisse Offenheit für Trumps Ansatz, jedenfalls im Grundsatz. So lobte der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Johann Wadephul (CDU) Trump für seine Pläne. "Es ist gut, dass die USA Verantwortung übernehmen, sich der Zukunft des Gazastreifens widmen und sich schon jetzt zu einem langfristigen Wiederaufbauengagement bekennen", sagte der Außenpolitiker der Nachrichtenagentur Reuters.

Trump hatte in den vergangenen Wochen immer wieder seine Pläne für eine sogenannte Gaza-Riviera beschrieben. Die USA würden die Verantwortung dafür übernehmen, Gaza wieder aufzubauen. Dafür müssten die Bewohner Gazas jedoch zunächst verschwinden – wohin genau und für wie lange, hat der US-Präsident bisher nicht weiter erläutert.

Klein sieht in Trumps Plänen für den Gazastreifen keine Vertreibung der Bevölkerung des Gazastreifens – sondern lediglich eine Umsiedlung. "Während Sie Ihr Haus renovieren, schlafen Sie schließlich auch nicht darin", sagt Klein im Interview mit der NOZ. "Im Gegensatz zu dem, was in einigen Medienberichten behauptet wird, hat Trump auch nicht von Vertreibung gesprochen, das wurde übertrieben."

Vertreibung oder Umsiedlung? 

Aus Trumps Aussagen zu Gaza lässt sich bisher nicht entnehmen, dass die Bevölkerung wieder zurückkehren dürfte, wenn die Bauarbeiten abgeschlossen sind. Als der Ministerpräsident von Israel, Benjamin Netanjahu, zu Besuch im Weißen Haus war, sagte Trump: "Ich denke nicht, dass die Menschen nach Gaza zurückkehren sollten." Auf Truth Social schrieb Trump dann: Die Bewohner des Gazastreifens "wären bereits in weitaus sichereren und schöneren Gemeinden mit neuen und modernen Häusern in der Region umgesiedelt worden". 

Nur Netanjahu sprach eine mögliche Rückkehr an. Nach seinem Besuch im Weißen Haus sagte er in einem Interview mit dem US-Sender Fox News: "Die eigentliche Idee, den Menschen in Gaza, die das Land verlassen wollen, dies zu ermöglichen – ich meine, was ist daran falsch? Sie können gehen und dann wieder zurückkommen."

Falls Trump es tatsächlich als Umsiedlung gemeint hat, ist trotzdem höchst fraglich, ob er alle Bewohner des Gazastreifens dazu bringen kann, freiwillig zu gehen, bis die Bauarbeiten fertig sind. Viele Palästinenser befürchten, dass sie dann nicht wieder heimkehren könnten. Teile von Netanjahus Kabinett haben sich schon vor Trumps Gaza-Plänen für eine Besatzung des Gazastreifens ausgesprochen. Auch dafür, die Siedlungspolitik dort auszuweiten.

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