Im Schatten der Verhandlungen über eine mögliche Waffenruhe mit der Hamas greift Israel weiter Ziele an, die der Staat der Hisbollah zurechnet. Diesmal traf es den Südlibanon.
Während die Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg mit dem Ziel einer Einigung in der kommenden Woche weitergehen sollen, gehen die Gefechte zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz im Libanon weiter. Bei einem israelischen Luftangriff im Südlibanon gab es nach libanesischen Behördenangaben mindestens zehn Tote, darunter eine Frau und zwei Kinder.
Nach Angaben der israelischen Armee wurde in der Gegend von Nabatäa ein Waffenlager der libanesischen Hisbollah-Miliz angegriffen. Zudem habe das Militär mit Artilleriegeschützen angegriffen, um eine Bedrohung in weiteren Gebieten im Südlibanon zu beseitigen, hieß es.
Libanon: Syrische Staatsbürger sterben bei israelischem Angriff
Fünf weitere Menschen wurden nach libanesischen Angaben bei dem Vorfall in der Gegend um Nabatäa verletzt, wie das libanesische Gesundheitsministerium mitteilte. Zwei der Verletzten befänden sich in einem kritischen Zustand. Bei den Opfern handele es sich den Angaben zufolge größtenteils um syrische Staatsbürger.
Die libanesische Nachrichtenagentur NNA berichtete am Morgen, dass bei dem Angriff ein Fabrikgebäude getroffen wurde. Dort soll eine syrische Familie gelebt haben. In der Nacht war zunächst von einem Angriff auf ein Wohngebäude die Rede. Israel Verhandlungen Stimmung 10:56
Seit Beginn des Gaza-Kriegs zwischen Israel und der islamistischen Hamas vor mehr als zehn Monaten beschießt die mit der Hamas verbündete Hisbollah-Miliz aus dem Libanon fast täglich Ziele im angrenzenden Norden Israels. Das israelische Militär wiederum greift regelmäßig Ziele im Nachbarland an.
Ministerium: Erster Polio-Fall im Gazastreifen
In dem vom Krieg verwüsteten Küstenstreifen ist nach palästinensischen Angaben ein erster Fall von Kinderlähmung aufgetreten. Erkrankt sei ein ungeimpfter, zehn Monate alter Säugling in Deir al-Balah im Zentrum des Gebiets, teilte das Gesundheitsministerium in Ramallah mit. Dies hätten Tests in der jordanischen Hauptstadt Amman ergeben.
UN-Generalsekretär António Guterres hatte zuvor für die Impfung von Hunderttausenden Kindern gegen Polio eine Kampfpause in dem abgeriegelten Küstenstreifen gefordert. Verbreitet wird das Virus oft über verunreinigtes Wasser. Eine Heilung für Polio gibt es bisher nicht.
Biden hofft auf Waffenruhe
Einen Durchbruch für eine Waffenruhe erzielten die Vermittler in der katarischen Hauptstadt Doha am Freitag zwar nicht – laut gemeinsamer Mitteilung waren die Gespräche aber konstruktiv. Demnach gibt es einen Vorschlag, der die noch bestehende "Lücke verringern" soll. Er entspreche auch den Grundsätzen des Friedensplans, den US-Präsident Joe Biden im Mai vorgestellt hatte und dessen Details die Hamas nicht neu verhandeln will.
Ein weiteres Spitzentreffen soll es vor Ende nächster Woche in der ägyptischen Hauptstadt Kairo geben. Bis dahin sollen die Unterhändler weiterverhandeln, um verbleibende Lücken zu schließen. Gedenkkultur Israel 15.25
Biden äußerte sich hoffnungsvoll. "Wir sind näher dran als je zuvor", sagte er am Rande einer Veranstaltung im Weißen Haus. "Wir sind viel, viel näher dran als noch vor drei Tagen." US-Außenminister Antony Blinken reist dieses Wochenende nach Israel, um "die intensiven diplomatischen Bemühungen" vor Ort weiterzuführen, wie ein Sprecher seines Ministeriums mitteilte. Ziel sei, das Abkommen zum Abschluss zu bringen. "Niemand in der Region sollte Maßnahmen ergreifen, um diesen Prozess zu untergraben", warnte Biden in einer Erklärung.
Nach Auffassung von Ägyptens Außenminister Badr Abdelatty könnte eine Waffenruhe eine weitere Eskalation in der Region verhindern. Der Iran und die Hisbollah hatten nach der Tötung des Hamas-Auslandschefs Ismail Hanija in der iranischen Hauptstadt Teheran sowie eines Hisbollah-Militärkommandeurs vor gut zwei Wochen Rache geschworen. Seither wurde mit einem Angriff gerechnet. Sowohl der Iran als auch die maßgeblich von ihm unterstützte Hisbollah könnten im Fall einer Waffenruhe im Gazastreifen von einer größeren, womöglich koordinierten Attacke gegen Israel absehen.
Biden habe nach der Verhandlungsrunde in Doha mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi und in einem weiteren Telefonat mit dem katarischen Emir Tamim bin Hamad al-Thani gesprochen, teilte das Weiße Haus mit. Sie seien überzeugt, dass der Prozess in der Endphase angelangt sei, sagte ein US-Regierungsvertreter. Man wolle nächste Woche in Kairo auf dieser Ebene wieder zusammenkommen "mit dem Ziel, diesen Prozess ein für alle Mal abzuschließen".
US-Beamter: Verhandlungsprozess weiter schwierig
Der Regierungsvertreter sagte, dass es sich weiterhin um eine sehr schwierige, komplexe Aufgabe handele. Es gebe Elemente bei der geplanten Vereinbarung, die "unangenehm" seien, "wie bei jedem Deal dieser Art". Als Beispiel nannte er den Austausch von einer "großen Anzahl palästinensischer Gefangener" aus israelischen Gefängnissen gegen völlig unschuldige Menschen, die als Geiseln genommen wurden. Das Abkommen sei "nicht perfekt", spiegele aber die Grundsätze wider, die US-Präsident Biden dargelegt habe und der UN-Sicherheitsrat voll unterstütze.
Biden hatte im Mai einen Vorschlag zur Beendigung des Gaza-Krieges in drei Phasen unterbreitet. In einer ersten Phase würde demnach während einer Waffenruhe von sechs Wochen eine bestimmte Gruppe von Geiseln freigelassen. Im Gegenzug würden Palästinenser freikommen, die in Israel inhaftiert sind. In zwei weiteren Phasen sollen die Kämpfe dauerhaft eingestellt und die verbliebenen Geiseln freigelassen werden sowie der Wiederaufbau des in weiten Teilen zerstörten Gazastreifens beginnen.
Die Hamas und andere Terroristen aus Gaza hatten am 7. Oktober 2023 den Süden Israels überfallen, mehr als 1.200 Menschen getötet und weitere 250 als Geiseln verschleppt. Das Massaker war Auslöser des Krieges. Laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden seither mehr als 40.000 Menschen in Gaza getötet. Die Zahl unterscheidet nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern und lässt sich nicht überprüfen.