Kurz nach dem Sturz von Syriens Ex-Diktator Baschar al-Assad rückte Israel in die Pufferzone auf den Golanhöhen ein. UNO-Experten kritisieren das scharf.
Die israelischen Angriffe auf Syrien nach dem Sturz des dortigen Machthabers Baschar al-Assad verstoßen nach Angaben von UNO-Experten gegen das Völkerrecht. Es gebe "absolut keine völkerrechtliche Grundlage, um ein Land, das man nicht mag, präventiv (...) zu entwaffnen", sagte der UN-Sonderberichterstatter für die Förderung der Menschenrechte, Ben Saul, am Mittwoch in Genf zu Reportern. "Wenn das der Fall wäre, wäre das ein Rezept für weltweites Chaos."
Saul wies darauf hin, dass "viele Länder Gegner haben, die sie gern ohne Waffen sehen würden". "Das ist völlig gesetzlos", fügte er hinzu. Die israelischen Angriffe auf das Nachbarland Libanon seien ein anderer Fall, "weil es dort einen heißen Konflikt gibt". Wie andere UN-Sonderberichterstatter ist Saul ein unabhängiger Experte, der nicht im Namen der Vereinten Nationen spricht.
Israel rückte nach dem Sturz von Assad in Syrien ein
Nach dem Sturz von Syriens Machthaber Assad am Sonntag hatte der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu die Armee seines Landes angewiesen, in die Pufferzone auf den Golanhöhen einzurücken und die Kontrolle über dieses Gebiet sowie "angrenzende strategische Positionen" zu übernehmen. Das israelische Militär erklärte, es habe in den vergangenen zwei Tagen hunderte Luftangriffe auf syrische Militärziele wie etwa Chemiewaffenlager und Luftabwehranlagen geflogen, um diese aus den Händen der in Syrien siegreichen islamistischen Kämpfer zu halten.
Unter Assad war Syrien ein wichtiger Bestandteil der vom Iran angeführten "Achse des Widerstands" gegen Israel, zu der neben der libanesischen Hisbollah-Miliz auch die islamistische Palästinenserorganisation Hamas gehören.
Saul gab an, dass die derzeitigen israelischen Angriffe weiterführten, "was Israel seit mindestens einem Jahrzehnt in Syrien getan hat". Die israelischen Streitkräfte hätten "viele, viele hunderte präventive Angriffe" in Syrien gegen Waffenlager und Einrichtungen der Hisbollah ausgeführt – obwohl die im Libanon ansässigen Kämpfer nicht von Syrien aus Israel angegriffen hätten. "Das wäre der einzige Fall, in dem Israel sich gegen die Hisbollah in Syrien verteidigen könnte", sagte Saul weiter.
Israels Vorgehen "Teil eines Musters"
Der UN-Sonderberichterstatter für die Förderung einer demokratischen und gerechten internationalen Ordnung, George Katrougalos, beschrieb das israelische Vorgehen in Syrien unterdessen als "Teil eines Musters". "Es ist ein erneuter Fall von Gesetzlosigkeit, den Israel in der Region demonstriert: Angriffe ohne Provokation gegen einen souveränen Start", erklärte er.
Israel hatte 1967 den Großteil der syrischen Golanhöhen besetzt und die Gebiete später annektiert. 1974 richtete die UNO eine Pufferzone zwischen dem israelisch annektierten und dem syrischen Teil der Golanhöhen ein. Dort sind UN-Blauhelme stationiert.
Die USA sprachen nach dem Einrücken der israelischen Armee in die Pufferzone von einer "vorübergehenden Maßnahme", die Israel ergriffen habe, weil sich das syrische Militär aus diesem Gebiet zurückgezogen habe. Die Vereinten Nationen warfen Israel eine Verletzung des Abkommens von 1974 vor.