Russen verlassen die Grenzregion Kursk in Scharen, nachdem die ukrainischen Truppen dort vorstoßen. Aufgrund der panischen Flucht lassen sie nicht nur ihre Häuser, sondern auch einen Großteil ihres Besitzes zurück. Das nutzen offenbar einige Soldaten aus. Videos plündernder Russen sorgen für Wut.
Mehr als 120.000 Russen in der Region Kursk haben angesichts der ukrainischen Offensive bereits ihre Häuser verlassen müssen. Viele von ihnen klagen, dass die Evakuierung der Orte chaotisch ablief oder sie sich selbstständig darum kümmern mussten. In Frust und Verzweiflung mischt sich bei einigen von ihnen nun auch Wut über Plünderungen - durch ukrainische Soldaten, aber vor allem durch russische Kämpfer.
Alles beginnt am 6. August, als die ukrainische Armee eine Offensive in der russischen Grenzregion Kursk startet. Die kommt für die dortigen Grenzverteidiger völlig überraschend. Kiews Truppen stoßen schnell vor, erobern Ortschaft um Ortschaft. Zahlreiche russische Soldaten ergeben sich, mittlerweile sollen es einige Hundert sein. Die Zivilisten fliehen, später gibt es Evakuierungen durch russische Behörden. Die sollen nach Darstellung vieler Russen aber kaum organisiert ablaufen. Mit dem weiteren Vorrücken der ukrainischen Soldaten werden Menschen in weiteren Bezirken der Region Kursk zum Verlassen ihrer Häuser aufgerufen, Ende der Vorwoche sind es mindestens 120.000 Menschen. Die Situation leer stehender Privathäuser und Geschäfte nutzen einige Soldaten offenbar aus.
So kursiert etwa ein Video in sozialen Medien, das zwei ukrainische Soldaten zeigen sollen, die einen Einkauf in einem Kursker Supermarkt "spielen". Einer der beiden sitzt auf dem Platz des Kassierers und scannt vermeintlich Waren ab, die ein anderer ukrainischer Soldat zuvor "eingekauft" hat. Sie machen sich ganz offensichtlich lustig. Der "Kassierer" schüttet sich etwa Süßigkeiten in den Mund.
Noch einmal erheblich größer scheint die Wut in Russland aber über eigene Soldaten zu sein, die die Notlage in Kursk für eigene Zwecke ausnutzen. So taucht aktuell ein Video aus dem Bezirk Gluschkowsky auf. Unter anderem das russische Exilmedium Mediazona veröffentlichte es. Der Bezirk im Südwesten der Region Kursk wurde am 14. August auf Anweisung der lokalen Behörden evakuiert. Zurückgeblieben sind nur russische Soldaten und einige Zivilisten, die partout ihre Heimat nicht verlassen wollen. Und zwei dieser russischen Soldaten sollen nun geplündert haben. Das Video stammt von einer Überwachungskamera eines Elektronikfachgeschäftes. Viele Auslagen sind leer, hinter einer Glasscheibe befinden sich aber noch Smartphones. Die Männer öffnen zudem einige Fächer und nehmen sich zahlreiche Gegenstände. Auch versuchen sie eine verschlossene Tür, die in den privaten Teil des Geschäfts zu führen scheint, aufzubrechen.
Bei den beiden Soldaten soll es sich um Tschetschenen handeln. Zahlreiche Kämpfer des Tschetschenen-Führers Ramsan Kadyrow befinden sich in der Region Kursk und sollen dort unter anderem die Grenze zur Ukraine sichern. Bereits kurz nach dem schnellen Vorrücken des ukrainischen Militärs warfen russische Kriegsblogger diesen Kämpfern vor, einfach geflohen zu sein, statt sich Kiews Truppen entgegenzustellen.
Auch jetzt wüten sie. Der bekannte russische Militärblogger Wladimir Romanow schreibt etwa, dass die plündernden Männer bereits gefunden seien und sie nun "am Arsch sind". Der Blogger Roman Aljechin, der den Gouverneur der Region Kursk, Alexej Smirnow, angeblich berät, schreibt ebenfalls, dass es sich bei den Männern um Tschetschenen handeln soll.
Aljechin schreibt weiter von "Arschlöchern, die eine Militäruniform tragen und sich erlauben, Zivilisten und insbesondere ihre eigene Bevölkerung in den Grenzgebieten zu plündern". Diese Menschen hätten seit Tagen Essen für die russischen Soldaten zubereitet und ihnen Kleidung, Schuhe und Seife zur Verfügung gestellt. An die plündernden Soldaten gerichtet schreibt er: "Ihr seid völliger Abschaum und der einzige Maßstab für euch ist der Tod".
Bereits in der vergangenen Woche schlug ein Video eines offenbar russischen Soldaten hohe Wellen. Auch er plünderte scheinbar in der Region Kursk, allerdings Privathäuser. Dabei filmte er. Später fiel er den ukrainischen Truppen in der Region Kursk in die Hände. Auf diesem Weg gelangten die Aufnahmen letztlich an die Öffentlichkeit.