
Nachhaltige Mode ist kein reiner Luxus mehr - auch Discounter verkaufen sie. Gerade junge Menschen sind aber oft skeptisch, wenn Marken ihre Nachhaltigkeit sehr betonen. Welche Orientierung Siegel geben.
Nachhaltige Mode liegt im Trend - auch wenn Kundinnen und Kunden bei etablierten Marken dafür mehr bezahlen müssen als für "Fast Fashion". Bei Herstellern wie Hessnatur aus Butzbach, Fuxbau aus Münster oder dem österreichischen Modelabel Grüne Erde kann ein T-Shirt schon mal 50 Euro kosten.
Im Gegensatz zu "Fast-Fashion"-Herstellern müssen die Produzenten nachhaltiger Mode diverse Qualitätskriterien erfüllen, wie Christina Fehrenbach, Geschäftsführerin des Vereins Hessen Design e.V., erklärt. Der Verein berät Hersteller von nachhaltigen, langlebigen Kleidungsstücken.
Nachhaltige T-Shirts gibt es auch für 15 Euro
Es gibt laut Fehrenbach inzwischen aber auch Modelabels, die nachhaltige Mode zu relativ günstigen Preisen verkaufen. "Es hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt, dass immer mehr einfache Labels - also kein High-Fashion - nachhaltig produzieren", so Fehrenbach. "Die Sachen sind nicht wesentlich teurer als normal produzierte Dinge." Ein nachhaltiges T-Shirt sei in vielen Kaufhäusern bereits für 15 Euro zu bekommen.
Für Kaufinteressenten gibt es inzwischen auch eigene Apps. Die "Green Fashion Challenge App" will Kundinnen und Kunden zum Beispiel beim klimafreundlichen Shoppen unterstützen. Entwickelt wurde sie von der Leuphana Universität in Lüneburg.
Öko-Siegel: Die Produktionskette im Blick
Damit Fashion-Liebhaber durchblicken, welche Label wirklich nachhaltig sind, sollten sie sich laut Expertin Fehrenbach die verschiedenen Öko-Siegel genau anschauen. Hersteller nachhaltiger Mode müssen nämlich darstellen, wie ihre Kleidungsstücke produziert werden - zum Beispiel auf ihren Webseiten. "Das kann man bei den Unternehmen sehen, wenn sie nach außen transparent agieren", sagt sie.
Ein wichtiger Aspekt ist außerdem, welche Materialien bei der Herstellung verwendet werden. So besteht nachhaltige Mode aus ökologischen Stoffen. Dazu kommen noch die sozialen Standards, also die Lieferkette.
Das Modeunternehmen Armedangels aus Köln verwendet zum Beispiel Bio-Baumwolle, recyceltes Polyester sowie die pflanzliche Faser Tencel, die aus dem Zellstoff nachhaltig angebauter Buchen- und Eukalyptusbäume gewonnen wird. Das Label ist von Global Organic Textile Standard (GOTS) und Fairtrade zertifiziert. Das Unternehmen ist außerdem Mitglied der Fair Wear Foundation.
Fairer Handel und menschenwürdige Arbeitsbedingungen
Das von dieser Stiftung vergebene "Fair Wear"-Siegel bekommen Hersteller, die gute Arbeitsbedingungen in Textilfabriken garantieren. Die Stiftung engagiert sich unter anderem in Produktionsländern wie Bangladesch, China, Indien, Indonesien und Myanmar. Fairtrade steht nach eigenen Angaben für fairen Handel, angemessene Preise und menschenwürdige Arbeitsbedingungen. Auch GOTS verlangt, dass eine ganze Reihe von Umweltkriterien eingehalten werden.
Es gibt noch zahlreiche andere Öko-Siegel. Das "Made in Green"-Siegel bescheinigt zum Beispiel, dass Kleidungsstücke auf Schadstoffe geprüft und an sozialverträglichen Arbeitsplätzen produziert werden. Laut der Verbraucherzentrale Deutschland hat es die ganze Produktionskette im Blick, verlangt faire Arbeitszeiten, faire Löhne und verbietet Kinderarbeit.
Eine 100-prozentige Sicherheit für fair produzierte Ware kann es laut Fehrenbach nicht geben. "Aber man kann zum großen Teil einer bekannten Zertifizierung schon Glauben schenken." Die Produktion werde vor Ort überprüft.
PwC-Umfrage: Deutsche legen Wert auf Zertifikate
Das sieht auch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PwC) so. "Mit Nachhaltigkeitszertifikaten und von unabhängigen Stellen vergebenen Gütesiegeln können Hersteller Vertrauen bei den Kunden schaffen", teilte Christian Wulff, Leiter Consumer Markets bei PwC Deutschland, mit Blick auf die Produzenten mit.
Nach einer PwC-Umfrage aus dem Dezember 2024 legen die 18- bis 43-Jährigen in Deutschland vor allem Wert auf Zertifikate und eine Prüfung durch unabhängige Dritte. Wulff warnt aber davor, das Thema Nachhaltigkeit zu sehr in den Mittelpunkt zu rücken.
Der Umfrage zufolge sind sieben von zehn Befragten bereit, für ein nachhaltiges Produkt mehr Geld auszugeben. Fast die Hälfte der "Millennials" (geboren bis Mitte der 1990er) und "Gen Z"-Befragten (aus den Jahrgängen bis etwa 2010) aus Deutschland (47 Prozent) zeigte sich aber besonders bei den Marken skeptisch, die Nachhaltigkeit übermäßig stark betonen.
Drei Viertel der 18- bis 43-Jährigen meinen, dass Greenwashing ein weit verbreitetes Problem darstellt. Einige gaben auch an, dass sie bei irreführender Kommunikation ihre eigenen Kaufgewohnheiten überdenken würden.
Nachhaltige Kleidung bei Modeketten
Das neue Bewusstsein der Käufer scheint auch zu einem Umdenken bei den großen Textilherstellern zu führen. So produzieren der Discounter Lidl oder die Modeketten C&A oder H&M seit geraumer Zeit nachhaltige Kleidung. Eine nachhaltig produzierte Hose ist dort schon für 40 Euro zu haben, eine Winterjacke ab 50 Euro.
Lidl hatte zuletzt angekündigt, sich bis 2025 schrittweise aus dem Verkauf von Textilien aus Myanmar zurückzuziehen. Auslöser für den Rückzug waren Recherchen des ARD-Magazins Panorama und des Medien-Start-ups Flip über eklatante Arbeits- und Menschenrechtsverstöße in dem Land. Der Discounter hatte Textilien von dort mit dem Textilsiegel "Grüner Knopf" beworben. C&A und H&M halten ebenfalls nicht mehr an den Geschäftsbeziehungen mit der Militärdiktatur fest.
Auch fürs Klima sind es gute Aussichten, dass große Marken auf Nachhaltigkeit und menschenwürdige Arbeitsbedingungen setzen. Die Modebranche zählt zu den größten Klimasündern. Mit ihren zahlreichen "Fast-Fashion"-Herstellern verursacht sie laut dem EU-Parlament rund zehn Prozent der weltweiten CO2-Emissionen.
Nachhaltige Secondhand-Ware angesagt
Secondhand liegt bei jungen Menschen auch deswegen immer höher im Kurs. Wie die Studie "New Generation Circular Fashion Survey" von PwC weiter ergab, haben die "Gen Z" und die "Millennials" beim Kauf hohe Ansprüche an die Bereiche Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG).
Die günstigeren Preise spielen beim Kauf gebrauchter Ware aber immer noch die größte Rolle. Um nachhaltig und günstig zu shoppen, nutzen viele der Umfrage zufolge die Online-Plattformen Vinted oder ebay. Bei ihren Kaufentscheidungen inspirieren lässt sich die "Gen Z" gerne bei Influencern auf Instagram und TikTok.
Den Hype um gebrauchte Ware machen sich auch die Hersteller nachhaltiger Mode zunutze. Einige bieten Secondhand-Produkte an, die sie selbst produziert haben. Das ist auch eine Art von Recycling, da gebrauchte Kleidung sonst oftmals verbrannt werden muss.
Hessnatur bewirbt seine Secondhand-Angebote zum Beispiel als "die doppelte Nachhaltigkeit". Auch bei Momox Fashion und vielen anderen Online-Portalen lassen sich nachhaltige Secondhand-Produkte finden.
Mit Informationen von Christoph Käppeler, hr.