Außenministerin Baerbock kritisiert auf ihrer Nahost-Reise die Handlungen einzelner israelischer Minister. Israel solle Recht und Ordnung aufrechterhalten und nicht gefährden. Laut Jordaniens Außenminister Al-Sadafi sei es an der Zeit, dass Deutschland Sanktionen gegen Israel verhängt.
Außenministerin Annalena Baerbock hat Teile der israelischen Regierung kurz vor ihrem Besuch in Tel Aviv aufgefordert, die Lage im Nahen Osten nicht weiter zu destabilisieren. "Jegliche Versuche, am bestehenden Status quo der heiligen Stätten in Jerusalem zu rütteln, weisen wir entschieden zurück", sagte die Grünen-Politikerin bei einem Treffen mit ihrem jordanischen Amtskollegen Aiman al-Safadi in der Hauptstadt Amman.
Worte und Taten einzelner israelischer Minister wie etwa der Besuch des rechtsextremen Polizeiministers Itamar Ben-Gvir auf dem Tempelberg in Jerusalem "sind unverantwortlich und zündeln ohnehin schon in einer absolut explosiven Lage. Wir erwarten von israelischer Seite, dass diese Provokation aufhört", sagte Baerbock.
Der Tempelberg (Al-Haram al-Scharif) mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. Sie ist aber auch Juden heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen. Der Tempelberg in der Jerusalemer Altstadt steht unter muslimischer Verwaltung, während Israel für die Sicherheit zuständig ist. Laut einer Vereinbarung mit den muslimischen Behörden dürfen Juden die Anlage besuchen, dort aber nicht beten. Dagegen gibt es jedoch immer wieder Verstöße.
Baerbock: Gewaltausbruch im Westjordanland bereitet große Sorgen
Baerbock sagte, der neuerliche Gewaltausbruch im Westjordanland bereite der Bundesregierung große Sorgen. "Israel ist im Westjordanland Besatzungsmacht und gemäß Genfer Konvention dazu verpflichtet, Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten, anstatt sie zu gefährden", sagte sie. "Das schließt ausdrücklich den Schutz der Bevölkerung vor Übergriffen von gewalttätigen, radikalen Siedlern mit ein." Die Besatzung durch Israel beinhalte das Recht und die Pflicht, gegen alle Gewalttäter und Terrorakte vorzugehen. Sie fügte aber hinzu: "Terror bekämpft man nicht, indem man Straßen aufreißt, Wasserleitung und Stromnetze zerstört oder gar die Zufahrten zu Krankenhäusern blockiert."
Jordaniens Außenminister Al-Safadi forderte die Bundesregierung auf, Sanktionen gegen Israel zu verhängen. Deutschland müsse "klare Schritte zur Verhängung von Sanktionen gegen israelische Minister unternehmen, die Hass gegen die Palästinenser verbreiten", sagte Safadi. Der Minister fügte hinzu: "Es ist an der Zeit, dass Deutschland seiner internationalen und humanitären Pflicht nachkommt und Sanktionen gegen Israel verhängt." Israel sei durch den Krieg im Gazastreifen für die Eskalation in der Region verantwortlich, sagte Safadi.
Naher Osten "Wimpernschlag" von Katastrophe entfernt
Baerbock verwies darauf, dass die EU bereits Sanktionen gegen radikale Siedler wegen Gewaltakten im Westjordanland verhängt habe. In einem weiteren Schritt müsse nun auch geprüft werden: "Wer hat entsprechend diese Anordnung gegeben?" Baerbock betonte, dass es trotz der engen Zusammenarbeit mit Jordanien Dinge gebe, "auf die wir unterschiedlich schauen".
Sie mahnte zudem erneut eine Verhandlungslösung in Gaza-Konflikt an: "Es braucht einen dauerhaften Frieden in der Region und es braucht vor allem eine Zweistaatenlösung." Der Nahe Osten sei "nur einen Wimperschlag von der Katastrophe entfernt". Es sei nur den internationalen Vermittlungsbemühungen zu verdanken, "dass die Funken (...) bislang keine Flächenbrand entfacht haben".
Deutschland stockt Nothilfe um 50 Millionen Euro auf
Baerbock kündigte außerdem an, die Lieferung von Hilfsgütern aus Jordanien über den Landweg mit weiteren fünf Millionen Euro zu unterstützen. Über den sogenannten Jordanien-Korridor würden inzwischen pro Woche 120 Lastwagen mit Hilfsgütern in den Gazastreifen gelangen. "Es ist unser gemeinsames Ziel, diese Zahl auf mindestens 350 pro Woche über diese Route zu erhöhen", sagte Baerbock.
Zudem stelle Deutschland weitere 50 Millionen Euro bereit für die Arbeit der UNO und internationaler Nichtregierungsorganisationen, die Hilfe vor Ort leisten, etwa bei der Versorgung von Säuglingen oder der Bereitstellung von sauberem Wasser.