Messenger-Wechsel: Signal

Artikel Bild
Der sichere Messenger punktet durch seinen guten Funktionsumfang und dem reibungslosen Betrieb unter Android und auf dem Desktop. Leider gibt es einen riesigen Nachteil.

Serienverzeichnis

  1. Einleitung
  2. Threema
  3. Signal (das ist dieser Artikel)
  4. Matrix (Link kommt noch)

Vielen Dank für die zahlreichen Kommentare, die ihr zu den ersten beiden Artikeln geschrieben habt. Bevor ich mit dem Messenger Signal beginne, möchte ich kurz darauf eingehen. Relevant fand ich die Kommentare, die den Unterschied zwischen zentraler (Threema, Signal) und dezentraler Datenhaltung (Matrix) bezüglich der Privatsphäre erwähnt haben. Auch die Herkunft (USA versus Europa) war ein Thema. Das sind schwierige Themen, die eines eigenen Artikels bedürfen. Die Einmalzahlung für Threema hat polarisiert, sowohl in unseren Kommentaren als auch bei Mastodon. Hier waren die Meinungen klar auf der Bezahlseite.

Genug zu den bisherigen Beiträgen in dieser Serie. Jetzt möchte ich mich dem Messenger Signal widmen. In der freien Tech-Bubble wird dieses Produkt in den höchsten Tönen gelobt. Bei Signal hat man vorgeblich die beste Verschlüsselung, die beste Geschäftsleitung, das beste Geschäftsmodell und die sympathischste Geschäftsführerin, Meredith Whittaker. Zugegeben, die Präsidentin der Signal-Foundation sagt mir mehr zu als ihr Vorgänger Matthew Rosenfield; doch das ist rein subjektiv und tut nichts zur Sache.

Nachher: Meredith Whittakter                                                 Vorher: Matthew Rosenfield

Ihr ahnt es, ich bin bei der Beurteilung des Signal-Messengers etwas voreingenommen. Dennoch versuche ich, das Produkt so objektiv wie möglich zu beschreiben. Los geht es.

Installation

Für Smartphones (Android) findet man den Signal-Messenger auf F-Droid. Gebt mir einen Moment ... ich suche noch ... nein, Signal gibt es für Android-Smartphones nicht im F-Droid Repository. Damit endet dieser Artikel an dieser Stelle vorschnell. Halt, so schnell gebe ich nicht auf. Was bietet die Homepage von Signal an?

Ok, Signal verweist auf Google Play. Dann versuche ich es einmal auf meinem Smartphone (Fairphone 5 mit /e/OS). Der Paketmanager sucht dort in F-Droid und im Aurora-Store. So sieht das aus:

Paketname: org.thoughtcrime.securesms

Das ist dann wohl Moxies Humor. Es gibt Signal auch als APK direkt von der Signal-Webweite. Die Anwendung hat einen eigenen Update-Mechanismus.

Wie sieht es auf dem Desktop aus? In Manjaros Pamac finde ich das native Paket und das Flatpak. Ich entscheide mich für das Flatpak, weil es die neuere Version liefert.

Nach der erfolgreichen Installation starte ich Signal als Flatpak.

An dieser Stelle endet das Wohlwollen vermutlich für viele Leute, insbesondere für die wenig Technik-affinen. Aber wartet, es geht noch weiter, wenn man Ja klickt:

Wenn man hier Ja klickt, startet Signal auf dem GNOME-Desktop:


Android-App

Nun gut, ich installiere Signal in der Version 7.33.2 aus dem Aurora-Store, also über Bande aus dem Google-Play-Store:

Wie wir oben gesehen haben, braucht man zwingend die Installation der App auf dem Smartphone, bevor man mit der Electron-Anwendung auf dem Desktop etwas anfangen kann.

Nach dem Willkommensbildschirm werden drei Berechtigungen abgefragt. Ich habe lediglich den Zugriff auf die Kontakte erlaubt, um einen Vergleich der Teilnehmenden zwischen Signal und Threema anstellen zu können. Dann kann man seine Telefonnummer angeben oder stattdessen einen Proxy einschalten. Gibt man seine Telefonnummer preis, wird per SMS ein Code zugeschickt, der für nichts benötigt wird; zumindest wurde er an keiner Stelle abgefragt.

Nach dem Captcha kann man seinen Namen eingeben, wobei der Nachname optional ist. Danach legt man Wiederherstellungsschlüssel an. Nun kann Signal als Messenger und Telefonapparat verwendet werden. Die Benutzeroberfläche sieht so aus:

So weit, so üblich. Neben den normalen Chats, die auch in Gruppen organisiert werden können, gibt es die Möglichkeit, Telefonanrufe zu tätigen. Das funktioniert natürlich nur mit Personen, die ihre Telefonnummer angegeben haben. Apropos Telefonnummer: Signal hat 34 meiner Kontakte angegeben, die ebenfalls Signal verwenden. Das sind 11 % meiner Kontakte. Bei Threema waren es 24 Kontakte, also 8 %. Wie bei Threema, kann Signal Audio- und Video-Anrufe.

Zusätzlich gibt es Storys; das sind Bild- und Video-reiche Geschichten zur Selbstbeweihräucherung, auf die andere nicht antworten können und die nach 24 Stunden (zum Glück) automatisch gelöscht werden. Wenn ihr mich fragt, ist das überflüssiger Influencer-Bullshit. Was mir fehlt, ist eine Umfragefunktion, wie sie Threema kennt. So viel zur Android-App.

Desktop

Wie man die Desktop-Anwendung installiert, habe ich oben bereits gezeigt. Da ich nun die App auf dem Handy installiert habe, sollte sie sich auf dem Desktop in Betrieb nehmen lassen. Der erste Start des Electron-basierten Flatpak dauert ziemlich lange (ca. 5 bis 7 Sekunden).

Beim ersten Start erhält man die Möglichkeit, Nutzernamen einzurichten. Dies verhindert, dass die Telefonnummer eines Kontaktes (falls vorhanden) im Chat immer eingeblendet wird. Ich habe einen Nutzernamen eingerichtet, der aus dem Namen und einer automatisch vergebenen Nummer besteht, z. B. DonaldDuck.80. Falls man den Nutzernamen einer anderen Person kennt, kann man diese zum Chat einladen, ohne die Telefonnummer zu kennen.

Die Desktop-Erscheinung von Signal ist aufgeräumt, gefällig und bietet Funktionen, die sich einem leicht erschliessen. Diese Anwendung gefällt mir viel besser als das Threema-Pendant. Ein grosser Vorteil von Signal im Gegensatz zu Threema ist, dass man die Desktop-Anwendung nur einmal koppeln muss. Ich habe mein Smartphone heruntergefahren und den PC neu gebootet, um das zu überprüfen. Für mich ist das ein Killer-Kriterium.

Bis hierher gefällt mir Signal besser als Threema, obwohl ich das Gegenteil vermutet habe, als ich mit dieser Artikelserie begann. Leider hat Signal ein riesengrosses Problem, für das die Signal-Foundation nichts kann:

Es gibt US-Gesetze, die Regierungsbehörden den vollen Zugriff auf Daten von US-Firmen und Organisationen garantieren, nämlich der CLOUD Act und der Patriot Act. Das Perfide an diesen Gesetzen ist, dass euch die US-Firmen anlügen müssen; sie dürfen nicht sagen, dass sie Daten ausleiten.

But wait, there is more! Wusstet ihr, dass Signal die Kryptowährung Mobilecoin integriert hat? Klickt doch mal in den Einstellungen auf Zahlungen. Mehr dazu findet ihr bei Golem.

Fazit

Leider gibt es Signal nicht bei F-Droid; dafür gibt es ein Flatpak. Die Installation von beiden Anwendungen geht in Ordnung. Im Betrieb bietet die Android- und Desktop-Variante fast alles, was man von einem Messenger erwartet. Mir fehlt lediglich die Umfragefunktion im Chat. Signal ist weiter verbreitet als Threema. Dafür haftet Signal das USA-Stigma an. Threema punktet mit europäischer Herkunft und einem glaubwürdigen Geschäftsmodell.

Ich weiss nicht, welchen Messenger ich euch empfehlen soll, wenn es nur um diese beiden geht. Beide sind gut. Der grösste Nachteil von Signal ist die US-Jurisdiktion; der grösste Nachteil von Threema ist die Desktop-Anwendung. Die Reichweite ist bei beiden schlecht, doch das haben alle guten Messenger gemeinsam. Entscheidet selbst, was euch wichtiger ist.

Zum Schluss verweise ich auf einen aktuellen Artikel von Mike Kuketz, der Signal und Threema als gute und gleichwertige Lösungen vorschlägt und auf die kleinen Unterschiede hinweist. Dort lest ihr auch eine Bewertung anderer Messenger.

Titelbild: https://signal.org/brand/

Quellen und Bildquellen:

https://www.northdata.de/Threema+GmbH,+Pf%C3%A4ffikon/CHE-221.440.104

https://de.wikipedia.org/wiki/Meredith_Whittaker

https://de.wikipedia.org/wiki/Moxie_Marlinspike

https://mastodon.world/@Mer__edith

https://www.reddit.com/r/signal/comments/atwog7/i_just_discovered_that_signals_data_on_android_is/?utm_medium=android_app&utm_source=share

https://signal.org/

https://signal.org/android/apk/

https://www.golem.de/news/messenger-telegrams-und-signals-fragwuerdige-krypto-experimente-2502-193278.html

https://de.wikipedia.org/wiki/MobileCoin

https://www.kuketz-blog.de/whatsapp-ade-signal-und-threema-ueberzeugen-als-sichere-alternativen/


GNU/Linux.ch ist ein Community-Projekt. Bei uns kannst du nicht nur mitlesen, sondern auch selbst aktiv werden. Wir freuen uns, wenn du mit uns über die Artikel in unseren Chat-Gruppen oder im Fediverse diskutierst. Auch du selbst kannst Autor werden. Reiche uns deinen Artikelvorschlag über das Formular auf unserer Webseite ein.