1 month ago

Meinung: Sind Politiker geizig? Möglich. Aber sie sollten nicht spenden müssen



Rapperin Katja Krasavice klagt bei der "Ein Herz für Kinder"-Gala über knauserige Politiker. Dabei sind die meisten Volksvertreter weder reich, noch sollten sie überhaupt Geld spenden.

Friedrich Merz kokettiert gerne damit, zur Mittelschicht zu gehören. Obwohl er ein Flugzeug besitzt. Und ein Vermögen von schätzungsweise zehn Millionen Euro. Plus 200.000 Euro, die er als Bundestagsabgeordneter und CDU-Chef im Jahr verdient. Im Vergleich zu den superreichen Investorenkreisen, in denen er sich vor seinem Wiedereintritt in den Politik-Orbit bewegt hat, war er womöglich wirklich "nur" Mittelschicht. Nicht aber für das heimische Sauerland und darüber hinaus.

"Leute, die viel Geld haben, müssen auch viel Geld spenden"

Womöglich sind es solche Politiker, die Katja Krasavice im Sinn hatte, als sie jetzt auf Tiktok über den Spendengeiz von Volksvertretern schimpfte: "Ich bin der Meinung, dass Leute, die viel Geld haben, auch viel Geld spenden müssen, da gibt's auch gar keine Diskussion daran vorbei. Wieso sollte ein reicher Politiker nicht auch viel Geld spenden? Wo bleibt da die Fairness?"

Knauserig: Krasavice kritisiert Politiker 11.03

Anlass ihrer Tirade war die TV-Gala "Ein Herz für Kinder", in der neben Merz auch andere Parteichefs zu Gast waren. Einige Spendierhosen, wie die vom CSU-Vorsitzenden Markus Söder, enthielten 2000 Euro, andere, wie die des SPD-Chefs Lars Klingbeil, 500 Euro. Eigentlich ansehnliche Summen, zumal es für die allermeisten Politiker nicht die einzige Veranstaltung dieser Art in diesen Wochen sein dürfte. 

Politiker Merz, Lindner, Söder – alles Millionäre

Das im ZDF anwesende Spitzenpersonal gehört jedoch zu den Spitzenverdienern. FDP-Chef Christian Lindner etwa verfügt über schätzungsweise fünf Millionen Euro, Markus Söder ungefähr über die Hälfte, und selbst der verhältnismäßig arme Lars Klingbeil verdient noch rund 200.000 Euro im Jahr. Die allermeisten Berufspolitiker leiden ganz sicher nicht, aber von solchen Einkünften können auch sie nur träumen. Oder anders gesagt: Sie sind schlicht nicht reich.

Jens Spahn wehrt sich gegen zu viel Transparenz über seine Immobilien 9.00

Überhaupt stellt sich die Frage, warum Amtsträger wie Olaf Scholz, Robert Habeck oder Markus Söder überhaupt Geld spenden sollten – ganz gleich, wie wichtig eine Sache sein mag. (Großzügige) Gaben sind eine Form von Engagement für etwas, für das man sich nicht anders einsetzen kann. Aus Zeitgründen oder mangels Talent. Etwas, das einem wichtig ist, oder was für sehr viele andere wichtig ist. Doch genau das ist der Job von Politikern. 

Warum gibt er kein Geld für Tiere? Mag er sie nicht?

Im Normal- und/oder Idealfall setzen gewählte Vertreter ihre Arbeitskraft ein, um etwas für das Wohl von Kindern, Steuerzahlern, Vegetariern oder Altersheimbewohnern zu tun. Sie haben, anders als Otto Normalspender, auch die Möglichkeiten dazu. Wäre es nicht bizarr, wenn Familienministerin Lisa Paus vor großem Publikum 2000 private Euros für Frauenhäuser hergibt, anstatt kraft ihres Amtes für deren Finanzierung zu sorgen?

CSU Dönerspende 16.48

Abgesehen davon arten öffentliche Spendenauftritte von Politikern ohnehin schnell in peinliche Schönheitswettbewerbe aus: Wer spendet am meisten? Die von den Sozis oder die von den Liberalen? Oder doch der Konservative? Und für was überhaupt? Mit 500 Euro für Kinder erobert man sicher mehr Herzen als mit 2000 Euro für Bahnhofsmissionen. Und, Undank sei ihm sicher, warum gibt der Kanzler Geld für die Seenotretter, aber nichts für das Tierheim? Mag er etwa keine Tiere?

Ist es also das, was Politiker tun sollen? Auf Galas herumspenden, um sich im Glanz von Wohltäterei und Wählergunst zu sonnen? Eindeutig: Nein.

Gesamten Artikel lesen

© Varient 2025. All rights are reserved