marktbericht
Der bevorstehende Zinsentscheid der amerikanischen Notenbank scheint ausgemacht. Die Investoren sorgen sich aber vor allem davor, wie es danach weiter geht - und halten sich zurück.
Von einer Weihnachtsrally ist derzeit wenig die Rede - zu schwer wiegt der heutige geldpolitische Termin in den USA. Der DAX hat sich nach einem kurzen Aufbäumen wieder seinem gestrigen Schlussniveau angenähert.
Der eigentliche Zinsschritt scheint dabei so gut wie ausgemacht: Die meisten Marktteilnehmer erwarten, dass die US-Notenbank heute Abend den Leitzins um weitere 0,25 Prozent auf 4,25 bis 4,5 Prozent senken wird. Danach droht aber eine längere Phase der Unsicherheit: Angesichts der hartnäckigen Teuerung und des robusten US-Arbeitsmarkts erwarten viele Beobachter eine Zinspause der Fed. Das trübt die Kaufbereitschaft der Anleger.
Aus technischer Perspektive hat sich die Lage im DAX seit dem Rekordhoch vom Freitag bei 20.523 Punkten merklich eingetrübt. Im Fokus der Anleger steht nun die aktuell bei 20.180 Punkten verlaufende 50-Tage-Linie, die ein wichtiger Gradmesser für den mittelfristigen Trend im DAX ist.
"Tiefere Korrekturen im übergeordneten Aufwärtstrend laufen in der Regel im Bereich um die 50-Tage-Linie aus", betont ING-Charttechnikexperte Christian Zoller. Komme es aber zu einem Kursrutsch darunter, würde ein Trendwechsel wahrscheinlicher werden.
Die New Yorker Börsen haben im Vorfeld des Zinsentscheids leicht höher eröffnet. Eine halbe Stunde nach Handelsbeginn legt der Dow Jones um 0,3 Prozent auf 43.590 Punkte zu. Das ist wenig verwunderlich, da der Weltleitindex gestern das neunte Mal in Folge im Minus geschlossen hat - seine längste Verlustserie seit 47 Jahren.
Wichtiger als die Leitzinsentscheidung selbst wird für die Märkte der Ausblick der US-Währungshüter und damit die anschließende Pressekonferenz mit Fed-Chef Jerome Powell sein. Vor allem die wirtschaftspolitischen Aussichten unter dem künftigen US-Präsidenten machen vielen Marktexperten Sorgen.
"Der neue US-Präsident Donald Trump könnte kurz vor dem Weihnachtsfest in die Rolle des bekannten Grinch schlüpfen", warnt IG-Analyst Christian Henke. "Die im Wahlkampf angekündigten Steuersenkungen und Zölle könnten die Preise und somit die Inflation anheizen und damit der US-Notenbank das Leben schwer machen." Der Grinch ist ein behaartes, grünes Wesen aus einem bekannten Kinderbuch und gleichnamigen Verfilmungen, der Weihnachten ablehnt und deswegen beschließt, alle Geschenke zu stehlen.
Am Rohstoffmarkt ziehen die Ölpreise wieder an: Das Rohöl der Nordseesorte Brent kostet am Nachmittag 73,68 Dollar je Barrel (159 Liter), das entspricht einem Plus von 0,5 Prozent.
Der Euro tendiert im nachmittäglichen Handel bei 1,0492 Dollar seitwärts. Am Goldmarkt ist die Feinunze zuletzt unter Druck gekommen. Sie kostet aktuell 2.637 Dollar und 0,4 Prozent weniger als am Vorabend.
Mit einem Plus von über zwei Prozent thront die Aktie der Commerzbank an der DAX-Spitze. Die italienische Großbank UniCredit hat ihre Beteiligung an dem deutschen Geldinstitut über Finanzinstrumente auf nun rund 28 Prozent ausgebaut. Inklusive Finanzinstrumenten hatten sich die Italiener zuletzt rechnerisch bereits 21 Prozent der Anteile gesichert.
Ein Händler wertete das Vorgehen der UniCredit als "konsequent". Vor allem zwischen der Commerzbank und der UniCredit-Tochter HVB gebe es große Synergien. Hinzu komme eine nach wie vor attraktive Bewertung der Commerzbank-Aktien, sodass die UniCredit ihre Bilanz im Fall einer Übernahme nicht übermäßig strapaziere.
Nach 36-stündigen Verhandlungen zwischen Volkswagen und der IG Metall hatten die Tarifpartner eine Pause eingelegt, verhandeln nun aber weiter. Eine Einigung ist bisher nicht in Sicht. Sollte es nicht gelingen, zu einem neuen Tarifvertrag für die rund 130.000 VW-Mitarbeiter zu kommen, drohen ab Januar Streiks.
Die Aussicht auf einen neuen Wettbewerber drückt die Papiere von Redcare Pharmacy (Shop Apotheke) auf den niedrigsten Stand seit zwei Monaten. Die Drogeriemarktkette dm steige in den Online-Apothekenmarkt ein und will aus Tschechien heraus frei verkäufliche Arzneimittel nach Deutschland liefern, berichtete das Handelsblatt nach einem Gespräch mit dem Marketing- und Beschaffungs-Geschäftsführer Sebastian Bayer.
Die Spekulationen um einen möglichen Zusammenschluss von Honda and Nissan schlagen auch in Europa Wellen. In Paris springen die Aktien des französischen Autokonzerns und Nissan-Großaktionärs Renault um bis zu 7,4 Prozent nach oben und markieren mit 47,80 Euro ein Fünf-Monats-Hoch. Die Aktien des japanischen Autobauers Nissan, an dem Renault 36 Prozent hält, legten an der Tokioter Börse um knapp 24 Prozent zu, nachdem Insider von Gesprächen mit dem heimischen Konkurrenten Honda berichtet hatten.
Nach dem Streik der Flugzeugbauer in den USA hat Boeing die Produktion aller Flugzeugtypen wieder aufgenommen. Das teilte der US-Konzern gestern (Ortszeit) mit. Bereits in der vergangenen Woche hatte Boeing bestätigt, dass die Produktion des meistverkauften Modells 737 MAX Anfang Dezember wieder angelaufen ist - rund einen Monat nach dem Ende des siebenwöchigen Streiks von 33.000 Beschäftigten. Auch die 767 und 777/777X würden nun wieder produziert.