
marktbericht
Zu Handelsbeginn fällt der DAX erneut unter sein altes Rekordhoch vom März. Der jüngste Hochlauf wirkt immer mehr wie ein Fehlausbruch. Im Fokus stehen heute zahlreiche Quartalsbilanzen und Konjunkturdaten.
Der DAX ist mit Verlusten in den Handel gestartet und dabei unter sein altes Rekordhoch aus dem Monat März gefallen. Das weckt Sorgen unter den Anlegerinnen und Anlegern, denn ein nachhaltiges Absacken unter die Marke von 23.476 Punkten würde den jüngsten Rekordlauf zu einem "klassischen Fehlausbruch" degradieren - im Börsenjargon auch "Bullenfalle" genannt.
Nach seinem Hochlauf bleibt der DAX also weiter anfällig für eine Korrektur. Zum Wochenstart hatte er noch angesichts der Entspannung im Zollkonflikt zwischen den Vereinigten Staaten und China an sein Rekordhoch vom Freitag angeknüpft und war bis knapp unter 24.000 Punkten gestiegen. Ein Großteil seiner Gewinne gab der deutsche Leitindex zum Handelsschluss aber wieder ab und versucht sich seither zu stabilisieren. Heute verliert er zu Handelsbeginn 0,6 Prozent auf 23.393 Punkte.
Schon gestern hatte der DAX ein technisches Warnzeichen gesendet, weil er zwischenzeitlich bereits das alte Rekordhoch von Mitte März unterschritt. Anschließend entspannte sich die technische Lage wieder etwas. Letztlich gaben die Standardwerte knapp 0,5 Prozent auf 23.527 Punkte nach. Nach der jüngsten Rally nähere sich das Börsenbarometer dem Überkauft-Bereich, sagte Thomas Altmann von QC Partners. Eine Verschnaufpause sei nun eher der Normalfall und weniger eine Überraschung.
Im Mittelpunkt stehen heute neben zahlreichen Unternehmenszahlen die geplanten direkten Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine in Istanbul. Außerdem beraten die Außenministerinnen und Außenminister der 32 Nato-Staaten im türkischen Küstenort Antalya vor allem über den weiteren Umgang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Mit Spannung warten Anlegerinnen und Anleger zudem auf einen Auftritt von Fed-Chef Jerome Powell auf einer Konferenz in Washington.
Zuletzt hatten Einigungen im Handelsstreit mit den USA die Risikobereitschaft wieder erhöht und die Konjunktursorgen in den Hintergrund gerückt, hieß es von der Helaba. "Dennoch werden neue Wirtschaftsdaten mit Aufmerksamkeit verfolgt und heute gibt es davon reichlich." So stehen unter anderem vorläufige Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt in der Euro-Zone im ersten Quartal auf dem Plan. Zudem werden Daten zur Industrieproduktion in den USA, die US-Einzelhandelsumsätze, die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenzahlen sowie Konjunkturzahlen der US-Notenbank erwartet.
Die New Yorker Börsen boten zur Wochenmitte kein einheitliches Bild. An der Wall Street bröckelten die Standardwerte erneut ab, weil viele Anlegerinnen und Anleger ihre jüngsten Gewinne realisierten. Der Dow Jones ging 0,21 Prozent tiefer bei 42.051 Punkten aus dem Handel. Gefragter waren die Technologiewerte, der Nasdaq 100 gewann 0,6 Prozent auf 21.319 Punkte. Hintergrund ist die entsprechende Fantasie in den Golfstaaten im Zuge des Besuchs von US-Präsident Donald Trump in der Region und die damit verbundenen Aufträge für die Wirtschaft.
An den asiatischen Börsen haben heute Kursverluste das Bild bestimmt. Es sei ganz normal, dass die Märkte nach der Erholungsrally infolge der Deeskalation des amerikanisch-chinesischen Handelsstreits nun eine kleine Verschnaufpause einlegten, kommentierte Rashmi Garg, Portfoliomanagerin bei AL Dhabi Capital. Der CSI-300-Index mit den wichtigsten Aktien der chinesischen Festlandsbörsen sank um 0,9 Prozent auf 3.908 Punkte. Für den Hang-Seng-Index der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong ging es um 0,9 Prozent auf 23.437 Punkte nach unten.
Die Aktien von Tencent gaben etwas nach, obwohl der chinesische Internetkonzern für das erste Quartal das höchste Umsatzwachstum seit drei Jahren berichtet hatte. Allerdings legte der Nettogewinn weniger als erwartet zu. Im heutigen Tagesverlauf veröffentlicht noch der Amazon-Konkurrent Alibaba seine Geschäftszahlen. Der japanische Leitindex Nikkei 225 verabschiedete sich derweil knapp 1,0 Prozent tiefer mit 37.756 Punkten aus dem Handel.
Die britische Wirtschaft ist im ersten Quartal mehr als dreimal so schnell gewachsen wie die deutsche. Das Bruttoinlandsprodukt legte von Januar bis März um 0,7 Prozent im Vergleich zum Vorquartal zu, wie das Statistikamt Office for National Statistics mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Plus von 0,6 Prozent gerechnet. Zum Vergleich: Europas größte Volkswirtschaft Deutschland kam im ersten Quartal auf ein Plus von 0,2 Prozent. Getragen wurde der Aufschwung vor allem durch die Dienstleister, aber auch die Produktion legte deutlich zu. Die Investitionen nahmen spürbar zu.
In Deutschland sieht das anders aus - zumindest bei den ausländischen Direktinvestitionen. Einer Studie von EY zufolge sind sie im vergangenen Jahr auf den niedrigsten Stand seit 2011 eingebrochen. Die Zahl der Projekte ging um 17 Prozent auf 608 zurück, wie die Unternehmensberatung mitteilte. Dies sei bereits der siebte Rückgang in Folge. "Das ist ein weiteres Alarmsignal für den Standort Deutschland", sagte der Vorsitzende der Geschäftsführung bei EY, Henrik Ahlers. "Wir werden abgehängt, andere europäische Standorte entwickeln sich deutlich besser."
Die Ölpreise stehen weiter unter Druck. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Juli kostete zuletzt 64,63 Dollar. Das waren 1,46 Dollar weniger als am Vortag. Der Preis für ein Barrel der US-Sorte WTI zur Lieferung im Juni fiel um 1,47 Dollar auf 61,68 Dollar zurück. Zum Wochenanfang hatte noch eine Annäherung der USA und China in deren Handelsstreit die Konjunktursorgen vieler Investoren etwas gemildert; die Ölpreise waren in der Folge gestiegen.
Mittlerweile aber werde die Zoll-Entspannung zwischen China und den USA einem Realitätscheck unterzogen, schrieb der Marktexperte Stephen Innes von SPI Asset Management. So hatten China und die USA zwar eine Senkung ihrer gegenseitigen Zölle beschlossen, allerdings gilt die Regelung erst einmal nur vorübergehend für 90 Tage - damit bleibt Ungewissheit. Händler verwiesen mit Blick auf die schwächeren Ölpreise zudem auf Signale des Ölstaates Iran, im Gegenzug für eine Erleichterung bei Wirtschaftssanktionen im Atomstreit mit den USA Zugeständnisse zu machen.
Großaufträge für Lokomotiven unter anderem in den USA und ein lange ersehnter Aufschwung in China haben die Auftragsbücher des Münchner Technologiekonzerns Siemens im zweiten Quartal gefüllt. Das Unternehmen sammelte Bestellungen im Wert von 21,6 Milliarden Euro ein, das sind neun Prozent mehr als im Vorjahr. Siemens-Chef Roland Busch sprach von einem erfolgreichen Quartal. "Unsere weltweite Präsenz macht uns widerstandsfähig." Analysten hatten mit etwas weniger Bestellungen gerechnet. Der Umsatz legte auf vergleichbarer Basis um sechs Prozent auf 19,8 Milliarden Euro zu. Der Gewinn im industriellen Geschäft verbesserte sich um 29 Prozent auf 3,2 Milliarden Euro.
Die Allianz bleibt auf Rekordkurs. Das operative Ergebnis sei im ersten Quartal um sechs Prozent auf 4,2 Milliarden Euro gestiegen und sei damit so hoch gewesen wie nie, teilte der Versicherungsriese heute mit. "Wir haben unsere Wachstumsdynamik und attraktive Margen in allen Geschäftsbereichen beibehalten", sagte Finanzvorständin Claire-Marie Coste-Lepoutre. Die Allianz sei auf gutem Weg zu ihrem Ziel eines operativen Gewinns von 15 bis 17 Milliarden Euro. Der bereinigte Nettogewinn nach Anteilen Dritter trat in den ersten drei Monaten mit 2,6 Milliarden Euro auf der Stelle, weil die Allianz eine Steuerrückstellung im Zusammenhang mit dem Ausstieg aus einem Joint Venture in Indien verkraften musste.
Der Pharma- und Technologiekonzern Merck KGaA senkt wegen der zuletzt starken Wechselkursschwankungen, etwa beim Dollar, seine Ziele für das Jahr. Zudem spiegele die leichte Anpassung der Prognose auch im Laborgeschäft die "gegenwärtigen Unsicherheiten mit Blick auf die Zölle wider", teilte der DAX-Konzern heute mit. Dennoch bleibe Merck zuversichtlich, nachhaltiges Wachstum zu erzielen. So rechnet das Management für das Gesamtjahr nun mit einem Umsatz in der Bandbreite von 20,9 bis 22,4 Milliarden Euro, zuvor standen noch 21,5 bis 22,9 Milliarden Euro im Plan. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (bereinigtes Ebitda) soll jetzt 2025 bei 5,8 bis 6,4 herauskommen statt wie zuvor angepeilt bei 6,1 bis 6,6 Milliarden Euro.
Die Deutsche Telekom hat im ersten Quartal weiter vom Wachstum der US-Tochter profitiert und hebt ihren Gewinnausblick für das Gesamtjahr leicht an. Auch dank des im ersten Quartal noch stärkeren Dollar legte der Umsatz des DAX-Konzerns um 6,5 Prozent auf 29,8 Milliarden Euro zu, wie die Bonner heute mitteilten. Auch die anziehenden Serviceerlöse im deutschen Mobilfunk trugen dazu bei. Das um Sonderposten bereinigte operative Ergebnis (Ebitda AL) stieg um 7,9 Prozent auf knapp 11,3 Milliarden Euro. Unter dem Strich führten vor allem Sondereffekte zu einem deutlichen Anstieg des Gewinns um 43,5 Prozent auf 2,8 Milliarden Euro.
Der Energiekonzern RWE hat zum Jahresstart wie erwartet einen Rückgang des operativen Gewinns hinnehmen müssen. Das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sank im ersten Quartal um 23,5 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro. Unter anderem verbuchte der DAX-Konzern einen ziemlich schwachen Start ins Jahr beim Handel mit Energie. Weiterhin hätten schwache Windverhältnisse in Europa zu einer geringeren Windstromproduktion auf See und an Land und damit zu Ergebniseinbußen geführt, teilte RWE heute in Essen mit. Die Jahresprognose bestätigte der Vorstand.
Der Industriekonzern Thyssenkrupp hat trotz Einbußen im Stahlgeschäft seine Prognosen für das Geschäftsjahr 2024/25 bestätigt. Der operative Gewinn (bereinigtes Ebit) werde weiter in einer Größenordnung von 600 Millionen bis eine Milliarde Euro erwartet, teilte der Konzern mit. Im zweiten Quartal fuhr Thyssenkrupp allerdings nur ein bereinigtes operatives Ergebnis von 19 Millionen Euro ein - 90 Prozent weniger als vor Jahresfrist. Belastet wurde das Ergebnis durch die Stahlsparte, die mit einem Fehlbetrag von 23 Millionen Euro in die Verlustzone rutschte. Konzernchef Miguel Lopez setzt nun auf bessere Rahmenbedingungen in der zweiten Jahreshälfte.
Die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) ist mit einem Gewinnsprung ins neue Jahr gestartet. Der Teilkonzern Hafenlogistik, der das traditionelle HHLA-Immobiliengeschäft ausklammert, konnte sein operatives Ergebnis (Ebit) im ersten Quartal auf 28,8 Millionen Euro mehr als verdoppeln. Wie die HHLA weiter mitteilte, stieg der Umsatz des Teilkonzerns um mehr als ein Fünftel auf 426,3 Millionen Euro. Mit gut 1,5 Millionen Standardcontainern (TEU) gingen 5,5 Prozent mehr Boxen über die Kaikanten sämtlicher Terminals, die die HHLA in Hamburg, Odessa, Tallinn und Triest betreibt. Am Stammsitz in Hamburg trieb eine deutlich längere Verweildauer von Containern die Lagergelderlöse nach oben.
Für den geplanten Abbau von 3.900 Stellen bei der Commerzbank haben Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretung einen Rahmensozialplan und -interessensausgleich vereinbart. Vorgesehen sind demnach insbesondere Altersteilzeitangebote und Vorruhestandsregelungen, aber auch Aufhebungsverträge mit Abfindung. Die Stellen sollen bis zum Jahr 2028 wegfallen.
Die US-Behörden ermitteln einem Zeitungsbericht zufolge gegen den US-Versicherer UnitedHealth Group wegen des Verdachts auf Krankenversicherungsbetrug. Die strafrechtliche Untersuchung befasse sich mit dem Programm Medicare Advantage, das die staatliche Krankenversicherung mit einer privaten Vorsorge kombiniert, und werde von der Abteilung für Betrug im Gesundheitswesen des US-Justizministeriums beaufsichtigt, berichtete das "Wall Street Journal" unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Der Konzern erklärte, nicht über die Ermittlungen benachrichtigt worden zu sein und zur Integrität seines Medicare Advantage Programms zu stehen.
Die arabische Fluggesellschaft Qatar Airways will nach Angaben der US-Regierung bis zu 210 Jets von Boeing kaufen. Der Deal für Maschinen der Typen 787 Dreamliner und 777X habe ein Volumen von 96 Milliarden Dollar, teilte das Weiße Haus mit. Es sei die bisher größte Bestellung von Boeing-Großraumflugzeugen. Die Unternehmen unterzeichneten die Vereinbarung beim Besuch von US-Präsident Donald Trump in Katar. Für Boeing war Firmenchef Kelly Ortberg dabei. Trump schien zwischenzeitlich das Volumen auf 200 Milliarden Dollar zu beziffern, bevor das Weiße Haus die Zahl von 96 Milliarden nannte. Details zu dem Deal blieben zunächst unklar.
Der Netzwerk-Ausrüster Cisco rechnet dank der hohen Nachfrage nach Produkten infolge des KI-Booms mit anhaltend guten Geschäften. Die Umsatzprognose für das Geschäftsjahr 2024/25 wurde nach Ablauf des dritten Quartals leicht erhöht. Auch beim Gewinn ist Cisco trotz der Folgen der US-Zollpolitik etwas optimistischer. Cisco sammelte zudem im vergangenen Geschäftsquartal Aufträge für Infrastruktur zum Betrieb Künstlicher Intelligenz in Höhe von 600 Millionen Dollar ein. Damit wurde die Milliardengrenze in diesem Bereich ein Quartal früher als geplant überschritten.