Mit dem Angriff in der Grenzregion Kursk wollte die Ukraine Russland vorführen. Moskau will das nicht auf sich sitzen lassen. Unterdessen braut sich auch in Belarus etwas zusammen.
Nach neuen ukrainischen Angriffen auf die russische Grenzregion Kursk droht Moskau mit Konsequenzen. "Eine harte Reaktion der russischen Streitkräfte wird nicht lange auf sich warten lassen", erklärte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, am Sonntag im Onlinedienst Telegram. Sie kündigte an, die Auftraggeber und die Täter der "Verbrechen" in Kursk zu Rechenschaft zu ziehen.
Ukrainische Verbände waren am Dienstag in die Grenzregion Kursk im Westen Russlands vorgerückt. In der Regionalhauptstadt Kursk wurden nach russischen Behördenangaben in der Nacht zum Sonntag 13 Menschen bei einem ukrainischen Luftangriff verletzt.Lage im Kursk-Gebiet IV Reisner 15:07
Die Ukraine versuche so, den Krieg auf russisches Territorium zu "verlagern", sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner täglichen Ansprache. Kiew verfolgt mit dem Vorstoß nach eigenen Angaben das Ziel, Russland zu "destabilisieren".
Offensive motiviert ukrainische Truppen
"Wir befinden uns in der Offensive", sagte ein ukrainischer Sicherheitsbeamter der Nachrichtenagentur AFP. "Tausende" ukrainische Soldaten seien daran beteiligt. "Das Ziel ist es, die Stellungen des Feindes auseinander zu ziehen, ihm maximale Verluste zuzufügen und die Lage in Russland zu destabilisieren."
Der Behördensprecher bekräftigte allerdings, dass die Ukraine bei ihrem Vorgehen in Russland "strengstens die Menschenrechte" respektiere. "Es ist sehr wichtig, dass die Ukraine gegen keine Konvention verstößt. Wir exekutieren keine Gefangenen, wir vergewaltigen keine Frauen, wir plündern nicht", sagte er. "Butscha, Irpin, all das gibt es nicht und wird es nicht geben", sagte er in Bezug auf Kriegsschauplätze in der Ukraine, an denen russische Truppen laut Kiew Kriegsverbrechen verübten.
Der Vorstoß habe die Moral in der ukrainischen Armee, innerhalb der Regierung und auch im Volk verbessert. "Dieser Einsatz hat uns gezeigt, dass wir auch angreifen und vorwärts kommen können", sagte er.
Moskau: Ukrainischer Vormarsch gestoppt
Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte am Sonntag mit, die russische Armee habe den Vormarsch der ukrainischen Truppen an mehreren Stellen gestoppt. Soldaten und Ausrüstung des Gegners seien teils 30 Kilometer von der Grenze entfernt attackiert worden.Russland evakuiert mehr als 76.000 Menschen aus Grenzregion Kursk 20.02
Versuche mobiler ukrainischer Verbände, mit gepanzerten Fahrzeugen tief auf russisches Gebiet vorzudringen, seien unterbunden worden. Dies betreffe etwa die Ortschaften Tolpino und Obschtschy Kolodes, die zwischen 25 und 30 Kilometer von der Grenze entfernt sind.
Belarus verlegt Panzer an die Grenze zur Ukraine
Gleichzeitig kündigte das belarussische Verteidigungsministerium an, Panzer an die ukrainische Grenze zu verlegen. Hintergrund ist der angebliche Abschuss mehrerer ukrainischer Kampfdrohnen im dortigen Luftraum. Das Ministerium veröffentlichte im Nachrichtenkanal Telegram ein Video, auf dem die Verladung von Panzern auf einen Schienentransport zu sehen ist. Die Einheiten seien in Bereitschaft versetzt worden, um Befehle auszuführen.
Zuvor hatte Machthaber Alexander Lukaschenko die Verstärkung der Truppenteile im Raum Gomel und Mosyr im Südosten des Landes angeordnet. Sie sollten dort auf mögliche Provokationen von ukrainischer Seite reagieren.
Lukaschenko: Flugabwehr in voller Bereitschaft
Lukaschenko hatte am Samstag über den mutmaßlichen Abschuss von mehreren ukrainischen Flugzielen informiert. Die Flugabwehr sei in volle Bereitschaft versetzt worden, weil etwa zehn Flugobjekte aus der Ukraine in den Luftraum von Belarus im Osten des Landes im Gebiet Kostjukowitschy eingedrungen seien.PAID Belarus Ex_Präsident Interview Sengeling 11.00
Das Außenministerium teilte mit, dies sei ein "gefährlicher Versuch, die derzeitige Konfliktzone in unserer Region auszuweiten". Belarus (ehemals Weißrussland) werde sein Recht auf Selbstverteidigung nutzen und auf jede Provokation oder feindliche Handlungen angemessen reagieren, hieß es. Verteidigungsminister Viktor Chrenin hatte am Samstag mitgeteilt, dass auch eine Verlegung von ballistischen Raketen "Iskander" sowie "Polones"-Raketenwerfern in die Region befohlen worden sei.
Belarus unterstützt Russland in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine. Schon zu Kriegsbeginn vor fast zweieinhalb Jahren hatte das Land sein Gebiet russischen Truppen zur Verfügung gestellt, um von dort in den Norden der Ukraine einzumarschieren.