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Konflikt: So wird sich der Krieg gegen die Ukraine weiter steigern



Die Ukraine greift Ziele in Russland an, Putin kontert mit einer neuen Mittelstreckenrakete Rakete. Der Krieg tritt in eine noch erbarmungslosere Phase ein. Im Luftkrieg ist mit einer Eskalation zu rechnen.

Der Krieg in der Ukraine nimmt eine paradoxe Wende. Die Hinweise auf Verhandlungen verdichten sich. Verhandlungen, die zu einem Ende der Feindseligkeiten führen könnten. Gleichzeitig steigern sich diese Feindseligkeiten aber deutlich.

Beide Länder sind erschöpft

Wieso sind Verhandlungen wahrscheinlich? Die kommende Trump-Regierung hat sehr deutlich gemacht, dass sie das Töten stoppen will. Und den Krieg für sinnlos hält. Die USA sind mit Abstand der wichtigste Unterstützer der freien Ukraine, gegen den Willen des US-Präsidenten kann der Krieg kaum fortgeführt werden. Die Bevölkerung in der Ukraine ist zunehmend kriegsmüde. Hunderttausende von wehrfähigen Männern haben sich ins Ausland abgesetzt. Männer verlassen ihre Einheiten in großer Zahl und desertieren. Und das Land wird von Monat zu Monat mehr kaputt gebombt.

Für Russland sieht das Bild etwas anders aus. Aber auch hier nehmen westliche Experten an, dass der Kreml den Krieg nicht noch jahrelang fortführen kann. Etwa, weil die Verluste an gepanzerten Fahrzeugen nicht mehr ersetzt werden können, weil das Altmaterial zum Aufarbeiten zur Neige geht. Russland protzt mit Wirtschaftswachstum, doch Putins Kriegsökonomie belastet die Wirtschaft langfristig enorm. Davor warnte jüngst die russische Zentralbankchefin Nabiullina. Und je mehr Russland sich in Richtung Kriegswirtschaft transformiert, umso rauer wird der Umstellungsschock, wenn der Krieg zu Ende geht.

Russland feuert erstmals Interkontinentalrakete auf die Ukraine a 11.23

Strategischer Luftkrieg über der Ukraine

Hier ist mit einer deutlichen Eskalation zu rechnen. Es ist erstmals dazu gekommen, dass die Ukraine mit westlichen Waffen Ziele tief im russischen Gebiet angegriffen hat. Sowohl die ATACMS-Raketen aus den USA als auch die britischen Storm Shadows wurden erfolgreich eingesetzt. Putin hat für exakt diesen Fall ernsthafte Konsequenzen angekündigt – dabei aber offen gelassen, wie diese aussehen werden.

Die Ukraine steht vor dem Problem, dass sie mit diesem Einsatz den Eröffnungszug gemacht hat, jedoch dringend Fernwaffen in großer Zahl benötigt, um diese Form der Kriegsführung fortzusetzen. Die genauen Bestände sind unbekannt. Doch die London Times nimmt an, dass Kiew vor dem aktuellen Einsatz noch etwa 50 ATACMS zur Verfügung hatte. Bei den Storm Shadows ein ähnliches Bild. Es ist umstritten, ob derartige Waffen überhaupt eine Wende im Kriegsgeschehen herbeiführen können. Schließlich setzt Russland vergleichbare Systeme seit Februar 2022 in großer Zahl ein. In dieser Anzahl ändern diese Waffen überhaupt nichts. Für den Angriff auf die Bunker eines russischen Hauptquartiers wurden bis zu 12 Storm Shadow eingesetzt.  Man sieht, wie schnell die kleinen Vorräte erschöpft werden. Offen ist, ob die scheidende Biden-Regierung noch große Bestände liefern wird.

Als Reaktion hat man einen massiven Luftangriff auf Kiew erwartet. Dazu ist es bislang nicht gekommen. Es wurde eine Rüstungsfabrik in Dnipro angegriffen. Dafür hat Russland nach Angaben von Outin eine neuartige Waffe eingesetztm, eine Mittelstrecken-Rakete (IRBM) names Oreshnik. Der Einsatz einer so großen und teuren Waffe ist vor allem eine Drohgebärde. Die Rakete hat mehrere unabhängige Wiedereintrittskörper (MIRV) im Ziel einschlagen lassen. Es ist durchaus möglich, dass es sich um Dummy-Gefechtsköpfe gehandelt hat und die Explosionswirkung allein durch kinetische Energie hervorgerufen wurde. Wäre die Rakete nuklear bewaffnet gewesen, hätte diese eine Rakete gleich mehrere ukrainische Städte verwüsten können. USA Biden genehmigt neue Waffen für Ukraine 6:39

Das war eine Geste, was ist weiter zu erwarten? Russland hat etwa 30 schwere Bomber zusammengezogen, die Marschflugkörper einsetzen können. Es ist also erneut ein schwerer Luftschlag zu erwarten. Bei der letzten Angriffswelle kam es zu einer Eskalation, die in den Medien etwas untergegangen ist: Russland hat erstmals die Anbindung der ukrainischen Kernkraftwerke ans Stromnetz angegriffen. Der Großteil der Kohle- und Gaskraftwerke ist bereits zerstört. Um die Ukraine in einen Blackout zu treiben, könnten die Russen versuchen, die AKWs dauerhaft vom Netz zu trennen. Gleichzeitig könnten sie die Wasserkraftwerke ins Visier nehmen. Dazu könnten sie das Regierungsviertel in Kiew systematisch angreifen und die wenigen Verbindungen über den Dnjepr und so versuchen, das Land in der Mitte zu teilen. ATACMS und Storm Shadow können die Basen der russischen Bomber nicht erreichen. 

Im Bodenkrieg sind Steigerungen kaum möglich

Dieser Krieg ist vor allem ein Land- und Abnutzungskrieg. Russland konnte einen großen Teil der Fronteinbuchtung bei Kursk zurückerobern. Allerdings unter großen Verlusten. Die Ukrainer leisten zähen Widerstand, das wird die Russen nicht von weiteren Versuchen abhalten. Vor dem Beginn der Verhandlungen werden sie versuchen, die Ukrainer aus dem russischen Kernland zu verdrängen.

Der russische Schwerpunkt wird im Osten bleiben. Und da vor allem in zwei Zonen. Im Norden in der Stadt Kupjansk und dann an der Süd-Donezkfront. Den Ukrainern gelang es den russischen Vormarsch auf Prokrowsk zu stoppen, dafür löst sich die Süd-Donezkfront in breiter Länge auf. Nach dem Verlust mehrere Städte schließen die Russen derzeit die Städte Kurachowe und Welyka Nowosilka ein. Bei diesem Krieg in Zeitlupe kann es durchaus Wochen dauern, bis die Städte fallen. Doch derzeit ist nicht zu erkennen, womit die Ukrainer die Russen stoppen könnten. Im Norden konnten die Russen überraschend den nordöstlichen Teil der Stadt Kupjansk einnehmen. Die russische Sommeroffensive wird unmittelbar in eine Winteroffensive übergehen. Doch werden die Russen ihre Anstrengungen nicht verdoppeln können. Für sie könnte sich allerdings die Erosion der ukrainischen Abwehr positiv auswirken.

International – voller Überraschungen

Der Kreml kann asymmetrisch auf den Einsatz westlicher Fernwaffen reagieren. Er könnte "Feinde" des Westens wie die Huthis mit wirksamen Fernwaffen beliefern und ihnen Aufklärungsdaten zur Verfügung stellen. In den Zeiten des Kalten Krieges war es zum Beispiel üblich, Befreiungsbewegungen oder Terroristen auszubilden und zu finanzieren, die der Gegenseite schaden wollten. Auch so etwas könnte wiederkehren. International hat der Kreml die größten Möglichkeiten. Es ist kaum abzusehen, welche Maßnahmen wann eintreten könnten. Auch dürfte der Einsatz von Westwaffen gegen Ziele in Russland helfen, das Kreml-Narrativ zu verstärken, dass es der Westen sei, der den Krieg begonnen hat. In Westeuropa verfängt diese abwegige These nicht, im Globalen Süden sieht das anders aus. 

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