Am Morgen meldet die Ukraine den Beschuss der Stadt Dnipro durch eine Interkontinentalrakete aus Russland. In Folge kommen Zweifel an der Behauptung auf. Nun geben die USA eine andere Einschätzung des russischen Raketenangriffs ab.
Russland hat nach Angaben der US-Regierung bei seinem Angriff am Morgen auf die Ukraine keine Interkontinentalrakete, sondern eine "experimentelle ballistische Rakete mittlerer Reichweite" eingesetzt. Dies habe eine erste Analyse ergeben, sagte ein US-Regierungsvertreter in Washington. Dies sei in diesem Konflikt kein "game changer", also nichts, was die Situation grundlegend verändere.
Die ukrainische Luftwaffe hatte erklärt, Russland habe am Morgen erstmals eine Interkontinentalrakete bei einem Angriff auf die Ukraine abgefeuert. Sie sei von der Region Astrachan am Kaspischen Meer aus zusammen mit acht weiteren Geschossen auf die viertgrößte Stadt der Ukraine abgefeuert worden, teilte die Luftwaffe auf Telegram mit.
Der US-Regierungsvertreter bestätigte dies nicht, sondern erklärte, von dem am Morgen eingesetzten Raketentyp verfüge Russland wahrscheinlich "nur über eine Handvoll". Moskau versuche, damit die Ukraine und ihre Unterstützer einzuschüchtern. Interkontinentalraketen haben eine Reichweite von mehreren Tausend Kilometern.
Zuvor hatte die BBC unter Verweis auf anonyme Quellen berichtet, dass es im Weißen Haus Zweifel an der Version einer Interkontinentalrakete gebe. Es handle sich zwar um eine ballistische Rakete, aber wohl um eine mit kürzerer Reichweite als die 6000 Kilometer, die eine Interkontinentalrakete fliegen könne. Auffällig sei auch, dass es von der NATO keine Reaktion gab. Der Start einer Interkontinentalrakete hätte dabei überall roten Alarm auslösen müssen, meinte der unabhängige Militäranalyst Jan Matwejew.
Putin droht mit weiteren Angriffen
Die Ukraine legte bisher keine Beweise für ihre Angaben vor. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte, Geschwindigkeit und Flugbahn der Rakete entsprächen denen einer Interkontinentalrakete. Eine Bestätigung dafür gab es weder im Westen noch in Russland. Kremlsprecher Dmitri Peskow wollte den von der Ukraine behaupteten Einsatz der Interkontinentalrakete nicht kommentieren. Später bestätigte der russische Präsident Wladimir Putin den jüngsten Raketenschlag gegen die Ukraine und sprach in einer Videoansprache von einer neuen experimentellen Mittelstreckenrakete mit dem Namen "Oreschnik". Zudem drohte der Kremlchef mit weiteren Angriffen.
Die Ukraine habe aber bisher schon zahllosen Angriffen Russlands standgehalten, "auch von Raketen mit wesentlich größeren Sprengköpfen als bei dieser Waffe", sagte der US-Regierungsvertreter. Die USA hätten die Ukraine sowie enge Verbündete in den vergangenen Tagen "über den möglichen Einsatz dieser Waffe durch Russland informiert".
Die US-Regierung sei entschlossen, ihre Sicherheitshilfen für das Land fortzusetzen und dafür zu sorgen, die Luftabwehr zu stärken und "die Ukraine auf dem Schlachtfeld in die bestmögliche Position zu bringen". Der Regierungsvertreter verwies auf die Ankündigung von US-Präsident Joe Biden vom Anfang des Jahres, der Ukraine hunderte zusätzliche Raketen für das Abwehrsystem Patriot sowie AMRAAM-Raketen zur Verfügung zu stellen.
Biden übergibt die Amtsgeschäfte am 20. Januar an den künftigen US-Präsidenten Donald Trump. Der Rechtspopulist, der die Präsidentschaftswahl am 5. November für sich entschieden hatte, ist ein erklärter Gegner der massiven Finanz- und Militärhilfe für die Ukraine durch die USA.