In der Ukraine herrscht Angst vor einem Wahlsieg von Donald Trump und einem möglichen Stopp der überlebenswichtigen Waffenlieferungen. Nun scheinen die Beziehungen zwischen Kiew und den US-Republikanern auf einem neuen Tiefpunkt angelangt zu sein, was die Sorgen noch weiter verstärkt.
Inmitten des Besuchs des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Washington wird die Stimmung zwischen Kiew und den US-Republikanern immer schlechter. Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, forderte jüngst, die ukrainische Botschafterin in Washington, Oksana Markarowa, zu entlassen, und sorgte damit für Aufsehen in der Ukraine.
"Die Ukraine ist zu einem Sandkorn im politischen Sturm der USA geworden. Moskau öffnet Champagner", schrieb Selenskyjs ehemalige Sprecherin, Iuliia Mendel, auf X. Die schlechte Stimmung befeuert die ukrainischen Sorgen vor einem möglichen Wahlsieg des republikanischen Kandidaten Donald Trump bei der Präsidentschaftswahl im November. "Ohne die Unterstützung der USA ist es unmöglich, unsere Verteidigung fortzusetzen", so Mendel.
Der Top-Republikaner Mike Johnson behauptete, Selenskyjs Reise, die ihn auch in eine Munitionsfabrik nach Pennsylvania führte - einen möglicherweise wahlentscheidenden Bundesstaat - sei "darauf ausgelegt, den Demokraten zu helfen und eindeutig Wahlbeeinflussung". Johnson warf der Botschafterin Markarowa vor, als Organisatorin des Besuchs mit Absicht keine Republikaner eingeladen zu haben. Er sprach in einem auf X veröffentlichten Schreiben an Selenskyj von einer Einmischung in die amerikanische Innenpolitik.
Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses war einst derjenige, der aufgrund innerparteilicher Querelen lange Zeit das für die Ukraine überlebenswichtige 60-Milliarden-Dollar-Hilfspaket nicht zur Abstimmung auf die Tagesordnung setzte. Kiews Truppen gerieten durch die fehlende Unterstützung auf dem Schlachtfeld immer näher an den Rand einer Niederlage.
Kein Treffen mit Selenskyj
Johnson wird sich nicht mit Selenskyj treffen, wenn dieser vor dem Weißen Haus das Kapitol besucht, den Sitz des US-Kongresses. Der ukrainische Präsident wird jedoch voraussichtlich mit einigen Mitgliedern des Repräsentantenhauses sprechen, darunter den republikanischen Vorsitzenden mehrerer Ausschüsse. Er ist auch zu einem Treffen mit Senatoren in einer parteiübergreifenden Sitzung eingeladen, die von Senatsmehrheitsführer Chuck Schumer, geleitet wird.
Selenskyj hatte zuletzt die Republikaner brüskiert, indem er J. D. Vance, Trumps Vizekandidaten, als "zu radikal" kritisierte, weil er vorgeschlagen hatte, dass die Ukraine einige Gebiete abgeben müsse, um den Krieg zu beenden. Selenskyj wies auch Trumps Prahlereien zurück, dass er schnell eine Lösung zur Beendigung des Krieges aushandeln könnte, und sagte: "Mein Gefühl ist, dass Trump nicht wirklich weiß, wie man den Krieg stoppt, auch wenn er vielleicht denkt, dass er es weiß."
Die Ukraine wäre im Falle eines Wahlsieges von Donald Trump mit vielen heiklen Fragen konfrontiert. Der republikanische Kandidat steht Waffenlieferungen kritisch gegenüber und behauptet, den Krieg schnell beenden zu können - möglicherweise gehört ein Stopp der Lieferungen dazu. Laut der britischen "The Times" enthält der "Siegesplan", den Selenskyj derzeit in den USA vorstellt, als einen Kernpunkt "Trump-sichere" westliche Sicherheitsgarantien nach dem Vorbild eines gegenseitigen Verteidigungspakts der NATO.
Trump kritisiert Milliarden-Hilfen
Trump beschwerte sich kürzlich mit Blick auf den ukrainischen Präsidenten, dass die USA weiterhin Milliarden Dollar an einen Mann gäben, "der sich weigert, einen Deal einzugehen", um den Krieg zu beenden. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 ist Selenskyj in Washington nicht so viel Unmut entgegengeschlagen wie dieses Mal.
Deutlich besser ist die Stimmung zwischen dem ukrainischen Präsidenten und den Demokraten. Die Vizepräsidentin und demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris, die Selenskyj ebenso treffen wird wie Amtsinhaber Joe Biden, hat versprochen, im Falle ihres Wahlsieges die militärische Hilfe für die Ukraine fortzusetzen.