Donald Trump wird US-Präsident und weltweit erstarken rechte Kräfte. Ist damit der Kampf gegen den Klimawandel verloren? Nein, sagt Forscher Manès Weisskircher im stern.
Herr Weisskircher, ein Klimawandelleugner wird zum zweiten Mal US-Präsident, der Klimagipfel findet in einem Ölstaat statt und in Deutschland und Europa gewinnen Konservative und Rechte an Aufschwung. Steht die internationale Klimapolitik auf dem Spiel?
Sollte Trump wie in seiner ersten Amtszeit erneut aus dem Übereinkommen von Paris aussteigen, wäre das ein offensichtlicher Rückschritt. Unabhängig davon war die internationale Klimapolitik aber leider nur selten eine Erfolgsgeschichte. Verlautbarungen auf Klimagipfeln sollte man daher auch nicht überbewerten, denn die Beschlüsse müssen erst von Regierungen umgesetzt werden. Die wesentlichen klimapolitischen Entscheidungen werden in den Nationalstaaten oder zunehmend auch auf EU-Ebene gefällt.
Sich aufs eigene Land besinnen, das klingt doch urkonservativ. Warum hadern Rechte und Konservative trotzdem?
Grundsätzlich gäbe es ideologische Anknüpfungspunkte …
… zum Beispiel die Gefährdung der nationalen Sicherheit …
… oder der Erhalt der Natur, den vor allem christliche Parteien mit der Bewahrung der Schöpfung begründen. Die erneuerbaren Energien fördern das Wirtschaftswachstum und könnten die ökonomische Unabhängigkeit steigern –Themen, die auch Rechtsaußenparteien gerne bedienen. Ideologisch betrachtet, wäre es für diese Parteien folgerichtig, sich dahinter zu stellen. Aber sie verzichten häufig darauf.Weisskircher
Warum?
Für die AfD gibt es beispielsweise keine strategischen Anreize, sich diesen Argumenten anzuschließen, weil bereits alle anderen Parteien den Ausbau der erneuerbaren Energie mit Energieunabhängigkeit begründen. Stattdessen betreibt die AfD in Sachen Klimapolitik Fundamentalopposition, um von damit verbundenen Unsicherheiten und Ressentiments zu profitieren. Sie dämonisiert die Energiewende und alles, was mit dem Klimaschutz zusammenhängt, wie zum Beispiel Wind- und Solarenergie und verweist auf vermeintliche Konsequenzen für die Wirtschaft und das Landschaftsbild. Außerdem spielen wirtschaftsliberale Positionen für ihre Mobilisierung gegen die Klimapolitik eine große Rolle. Rechtsaußenparteien setzen seltener auf politische Regulierung, was nicht unbedingt im Einklang mit effektiver Klimapolitik steht.
Der Klimaökonom Ottmar Edenhofer hatte in zwei Interviews eine konservative Klimapolitik gefordert.
Man müsste sich die Frage stellen, ob wir so etwas nicht bereits haben.
In Italien steht die rechtspopulistische Lega hinter der Solarenergie. Dasselbe gilt für die nationalkonservative bis rechtspopulistische Vox in Spanien.
Haben wir?
Ja, weil insbesondere konservative Parteien zentrale Akteure in unseren politischen Systemen sind. Wenn sie in Parlamenten und Regierungen vertreten sind, müssen sie bei klimapolitischen Beschlüssen, die häufig von Linken und Grünen getrieben sind, mitgenommen werden. Das Endergebnis ist hier häufig eine stark konservativ geprägte Klimapolitik.
Das müssen Sie erklären.
Schauen Sie sich beispielsweise Joe Bidens 'Inflation Reduction Act' an, das Prestigeprojekt der demokratischen US-Regierung. Die Steuererleichterungen kurbeln die Privatwirtschaft in bestimmten Bereichen an, vor allem den Ausbau der erneuerbaren Energien oder die E-Auto-Produktion. Das sind keine sozialdemokratischen, sondern historisch betrachtet konservative Ansätze. Was jedoch im Bereich der Klimapolitik vor allem in Deutschland fehlt, sind starke staatliche Investitionen, etwa bei der Bahn oder im öffentlichen Nahverkehr in ländlichen Räum. Stattdessen verfolgt man hierzulande die Obsession der Schuldenbremse.
Dann ist China auch ein positives Beispiel für konservative Klimapolitik?
Die Erneuerbaren und der Bahnverkehr werden in China in der Tat stark ausgebaut. Trotzdem zweifle ich das übliche positive Narrativ an. Peking baut die Kohleproduktion weiter massiv aus. Die Regierung wollte auch den stark steigenden Fleischkonsum im Land deutlich senken. Das hat nicht geklappt.Wie grün wird China? 14.40
Aber China beschäftigt sich mit der grünen Transformation, anstatt den Klimawandel zu leugnen. Gibt es bei den Rechten in Europa vergleichbare Tendenzen?
Die Regierungspartei Fidesz in Ungarn leugnet den Klimawandel nicht. Trotzdem setzt sie keine weitreichenden klimapolitischen Maßnahmen um. Die österreichische FPÖ hat seit den 1970er Jahren ein Umweltprogramm und befürwortet die Erneuerbaren, auch wenn sie in den letzten Jahren zunehmend klimaskeptisch wurde. In Italien steht die rechtspopulistische Lega hinter der Solarenergie. Dasselbe gilt für die nationalkonservative bis rechtspopulistische Vox in Spanien.
Was ist bei der AfD anders?
Sie lehnt klimapolitische Maßnahmen so fundamental ab, dass sie selbst in der Rechtsaußen-Parteienfamilie eine Ausnahme darstellt. Allerdings ist sie von ihrer Haltung etwas abgerückt. In ihren Anfangsjahren hat sie den Klimawandel an sich geleugnet. Mittlerweile erkennt die Partei häufiger die Erderwärmung an, auch wenn sie den Menschen als wesentliche Ursache weiterhin leugnet. Diese Position ist laut Umfragen nicht einmal innerhalb der AfD-Wählerschaft klar mehrheitsfähig.
Für viele dieser Parteien in Europa bleibt die Klimapolitik ein Kulturkampf gegen "links-grüne Eliten".
Können rechts regierte Länder jemals eine Chance für den Klimaschutz sein?
Rechtaußenparteien bremsen die Klimapolitik eher und nehmen das Problem nicht ernst. Für viele dieser Parteien in Europa bleibt die Klimapolitik auch ein Kulturkampf gegen "links-grüne Eliten". Und man muss nur die erste Amtszeit von Trump betrachten, der auch die amerikanische Umweltschutzbehörde mit Klimaleugnern besetzt hat. Aber natürlich gibt es auch Parteien wie die FPÖ, die sind in den österreichischen Landesregierungen zum Ausbau der Solarenergie bekennen.
Viele sorgen sich, dass er die grüne Transformation rückgängig machen könnte. Zu Recht?
Regierungspolitik ist wichtig, aber längst nicht alles. Vieles wird auch durch wirtschaftliche Innovationen und Investmententscheidungen von privaten Unternehmen vorangetrieben. Klimapolitik umzusetzen, war aber noch nie einfach. Selbst Mainstream-Parteien stoßen dabei an ihre Grenzen. In Sachsen beispielsweise stockte der Ausbau der Windenergie, trotz grüner Regierungsbeteiligung. Die USA setzten sowohl unter Biden als auch unter Trump auf Fracking. Kamala Harris hat sich früher für ein Fracking-Verbot ausgesprochen, im Wahlkampf gegen Trump dann aber die Position gewechselt.Rechte und ihr Verhältnis zum Umwelt- und Klimaschutz 19.41
Wenn Klimaskeptiker im Wahlkampf mitmischen, wird es komplizierter. Während der Landtagswahlkämpfe 2019 in Brandenburg, Thüringen und Sachsen haben sich die Ministerpräsidenten von CDU, Linken und SPD kaum zum Thema Windkraft geäußert – aus Angst, sich nicht gegen die AfD behaupten zu können. Rechtsaußenakteure können wie Sand im Getriebe sein, auch in der Opposition.
Wie lange können sich die Rechten noch vor einer wirksamen Klimapolitik drücken?
Das ist schwer zu sagen. Aber wenn Europa Dürren ausgesetzt ist und der Rückgang der Gletscher immer offensichtlicher wird, dann werden klimaskeptische Positionen noch unhaltbarer, als sie es ohnehin bereits sind. Rechtsaußenakteure müssen sich früher oder später fragen, wie lange sie das alles noch ignorieren oder leugnen können.