Fast sechs Jahre lang war Horst Köhler Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland. Jetzt ist er im Alter von 81 Jahren gestorben.
Der frühere Bundespräsident Horst Köhler ist tot. Er starb am frühen Samstagmorgen im Alter von 81 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit, wie das Bundespräsidialamt in Berlin mitteilte. Köhler war 2004 erstmals zum Staatsoberhaupt gewählt worden, 2010 trat er überraschend zurück.
Nicht immer hat sich Horst Köhler im Amt Gehör verschaffen können. Seinen Abschied aber verkündete Köhler mit einem Paukenschlag - so laut, dass er alles übertönte, was er in seiner Amtszeit als Bundespräsident getan hat. Am 31. Mai 2010 trat Köhler mit sofortiger Wirkung zurück, tief gekränkt von der Kritik an seinen umstrittenen Äußerungen zum Bundeswehreinsatz in Afghanistan. Es war ein Schritt, der Bestürzung, Bedauern und auch Unverständnis hervorrief.
Die Umstände seines Abgangs bringen es mit sich, dass manche ihn als Bundespräsidenten erinnern, der an seinem Amt gescheitert ist. Wahr ist aber auch: Köhler hatte es nach seiner Wahl 2004 zu großer Popularität bei den Menschen gebracht - Köhler, der "Bürgerpräsident". Vielleicht waren es gerade sein bisweilen etwas ungelenkes Auftreten, seine nicht immer geschliffene Sprache, die ihn beliebt machten.
Ein Bundespräsident, der Klartext spricht
Köhlers Präsidentschaft begann als Experiment: Er war der erste Bundespräsident, der kein Berufspolitiker war. Köhler war international profilierter Ökonom. Vor seinem Wechsel ins Schloss Bellevue leitete er den Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington. Köhlers Kandidatur war eine Idee der damaligen Oppositionsführerin Angela Merkel (CDU).
Der Mann aus Washington startete 2004 forsch ins Amt. "Ich bin nicht Bundespräsident geworden, um nur zu repräsentieren, sondern im Rahmen meines Amtes mitzuhelfen, dass wir als Land, als Volk vorankommen", sagte er damals. "Ich glaube, der Bundespräsident sollte schon sagen, was er für richtig hält."
Ein Bundespräsident, der Klartext spricht, einer, der gerne auch mal Parteienschelte betrieb und sich dabei auf das übergeordnete Wohl des Volkes berief – diese Masche kam anfangs gut an.
Die Masche nutze sich allerdings über die Jahre auch etwas ab. Im Laufe von Köhlers Amtszeit wurde das Dilemma des schwierigen Amts immer sichtbarer: Sein Anspruch, auch in der Tagespolitik Stellung zu beziehen, blieb politisch folgenlos, weil das Grundgesetz dem Bundespräsidenten keine konkreten Gestaltungsbefugnisse verleiht. Was dem Bundespräsidenten letztlich bleibt, ist die Macht des Wortes.
Holprige Aussage wird zum Verhängnis
Mit Worten tat Köhler sich nicht immer leicht. Er vermochte aber durchaus, Schwerpunkte zu setzen. In vielen seiner Reden beklagte Köhler Hindernisse für die Wirtschaft und für die Arbeitsplätze. Ein Zeichen setzte er mit seinem Engagement für Afrika. Seit seiner Zeit als IWF-Direktor war Köhler ein großer Afrikakenner.
Worte waren es dann letztlich auch, die zu Köhlers Rücktritt führten. Es ging um eine etwas holprig formulierte Aussage aus einem Interview bei einem Afghanistan-Besuch. Köhler wurde so verstanden, dass er Auslandseinsätze der Bundeswehr auch zur Sicherung freier Handelswege befürworte.
Es folgte Kritik: Köhler wurde vorgeworfen, Wirtschaftskriege zu rechtfertigen. Niemand freilich hätte erwartet, dass Köhler darauf mit seinem sofortigen Rücktritt reagierte - ein Schritt, den vor ihm noch kein Bundespräsident unternommen hatte.
Er vermisse den notwendigen Respekt vor seinem Amt, sagte Köhler damals, um einen Rücktritt zu begründen, den niemand gefordert hatte. Als allzu empfindliche Überreaktion wurde seine Entscheidung damals bemängelt. Muss jemand, der für sich in Anspruch nimmt, Klartext zu reden, nicht auch kritische Erwiderungen aushalten können?
Joachim Gauck über Horst Köhler: "Unverstellt, glaubwürdig, geradeaus"
Nach dem Rücktritt zogen sich Köhler und seine Frau Eva weitgehend zurück. Wenn er sich zu Wort meldete, dann oft zum Thema Afrika. Im Jahr 2017 übernahm Köhler im Auftrag der Vereinten Nationen die Rolle als Sonderbeauftragter für den Westsahara-Konflikt. Zwei Jahre später legte er das Amt aus gesundheitlichen Gründen nieder.
"Unverstellt, glaubwürdig, geradeaus": So charakterisierte Bundespräsident Joachim Gauck 2012 seinen Vor-Vorgänger Köhler. Und weiter: "Seine Begeisterung, gelegentlich wohl auch sein Zorn, seine Bewegung und seine Freude, seine Trauer und sein Schmerz, sein Engagement und seine Leidenschaft: Das war und ist echt, da ist nichts gespielt."
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