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Kolumne: Die Raserei des Friedrich Merz: Ein Gedankenexperiment



Nach dem Tod eines 2-jährigen Jungen bei einem Verkehrsunfall stimmt Friedrich Merz mit den Falschen ab – den Grünen. Ein Gedankenspiel von stern-Kolumnist Florian Schroeder.

Dieser Tag wird in die Geschichte eingehen. Es ist ein Tabubruch, wie ihn Deutschland noch nicht erlebt hat. Der Tod eines 2-jährigen Jungen und eines Helfers bei einem Unfall auf der A3 bei Aschaffenburg und brachte das Fass zum Überlaufen.

Der Unfallverursacher auf der A3 jedenfalls war ein 29-jähriger Deutscher, der schlecht Deutsch sprach und aus Niederbayern kam. Er war seit längerer Zeit psychisch krank. Immer wieder war er aufgefallen, insbesondere durch Raserei. Kurzzeitig war er in der Psychiatrie. Aber die Behörden versagten. Wie die meisten Männer, die mit ihren Aggressionen nicht klarkommen, lebte er diese im Straßenverkehr aus. Den Führerschein hatte er deshalb mehrfach verloren. Er war sogar bereit gewesen, ihn freiwillig abzugeben. 

Kommentar Merkels Affront 12:14

Friedrich Merz sagt: "Im Schnitt sterben jeden Tag acht Menschen auf deutschen Straßen. Es reicht! So geht es nicht weiter." Er bringt darauf einen Fünf-Punkte-Plan als Entschließungsantrag in den Bundestag ein. Er sagt, dieser werde so umgesetzt oder gar nicht. Wer zustimme, sei ihm egal. 

  1. Ein sofortiges Tempolimit von 100 km/h auf deutschen Autobahnen, 70 km/h auf Landstraßen. 
  2. Der Zugang zum Führerschein soll stark begrenzt werden. Wer die Prüfung einmal nicht besteht, kann nicht wiederholen.
  3. Deutsche Autobahnen sollen rund um die Uhr von der Polizei kontrolliert werden. Wer bei einer Kontrolle keinen Führerschein bei sich trägt, verliert ihn für immer
  4. Geschwindigkeitsübertreter ab 10 km/h sollen so lange in Haft kommen, bis sie an einer MPU teilnehmen können. Fallen sie durch, auch darüber hinaus – so lange, bis sie bestanden haben oder den Führerschein freiwillig abgeben
  5. Familienentzug: Wer den Führerschein verliert, dessen gesamte Familie verliert diesen ebenfalls.

Kritiker weisen Fritz Merz daraufhin, dass diese Gesetze weder durchsetzbar noch machbar seien. Auf Deutschlands Straßen gehen daraufhin Hunderttausende auf die Straßen. Die "Demos gegen Rechts-Fahren" – eine Initiative für die Überholspur, angeführt von der CSU, FDP und AfD sowie den ihnen angeschlossenen Autoherstellern VW, BMW und Audi eskalieren immer wieder. Rekonstruktion Merz 6:05

Obwohl die Zahl der Verkehrstoten seit 2010 um fast ein Viertel zurückgegangen ist und Deutschlands Straßen insgesamt sicherer geworden sind, vielleicht so sicher wie nie. Dennoch fragt jede zweite Talkshow: "Wann wird Deutschland endlich wieder sicher?" Im Land ist innerhalb weniger Tage das Gefühl entstanden, wer auf eine Landstraße oder Autobahnauffahrt fährt, wird da lebend nicht mehr runterkommen.

Friedrich Merz: Bezahlkarte für Führerscheinneulinge

Merz sagt, er wolle "All in" gehen und insbesondere jungen Leuten den Autonachzug erschweren. "2022 besaßen fast 80 Prozent aller Haushalte mindestens ein Auto. Fast 50 Millionen Fahrzeuge sind auf deutschen Straßen unterwegs – und es werden immer mehr. Die Kommunen, die Länder und vor allem die Straßen sind an der Belastungsgrenze. So geht es nicht weiter." Merz will zudem Bezahlkarten für Führerscheinneulinge einführen, mit denen man Fahrräder, aber keine Autos leihen kann. 

PAID Begründung Rückgabe Bundesverdienstkreuz

Andere Länder, heißt es aus der Union weiter, hätten viel härtere Auto-Abschieberegeln. Für den Fall seiner Wahl zum Bundeskanzler kündigt Merz darum an, sich ab sofort an Paris zu orientieren zu wollen und die Hälfte aller Parkplätze zu streichen und durch Parks und Fahrradwege ersetzen zu wollen. Merz möchte Deutschland nach dem Vorbild der Niederlande zu einer Fahrradnation machen. In Holland hatte man so gehandelt, weil zu viele Kinder im Straßenverkehr gestorben waren. Jetzt, nach Aschaffenburg, sei dies auch in Deutschland dringend geboten. "Ein Weiter so auf deutschen Straßen wird es mit mir nicht geben", sagt Merz.

Zudem erwägt er beim Entschließungsantrag im Bundestag den Tabubruch: Er möchte zusammen mit den Grünen abstimmen. Markus Söder wird zu Merz´ Seehofer und droht, die Union platzen zu lassen und eine eigene Bayernpartei zu gründen. Merz sagt in den "Tagesthemen": "Ich werde nicht weiter dabei zusehen, wie die Menschen in unserem Land gerammt, überfahren und abgeschleppt werden."

Dem grünen Kanzlerkandidaten Habeck gehen Merz' Pläne zu weit, er meldet das an, was er am besten kann: Bedenken. Ihm gehen die Maßnahmen zu weit. Die Grüne Jugend weigert sich, mit der Natter Merz abzustimmen. Die Sprecherin der Grünen Jugend, Jette Nietzard sagt: "Auch wenn wir Merz' Haltung zum Thema Mobilität vollauf teilen, werden wir keinesfalls mit ihm abstimmen. Einer, der das Wort 'abschleppen' in den Mund nimmt, ist für uns kein Gesprächspartner." Dieser Begriff sei in Zeiten von #metoo eindeutig besetzt, da könne es auch keine zwei Bedeutungen und erst recht keine Unschuldsvermutung geben.

Schließlich stimmen die Grünen dennoch mit Merz ab, zusammen mit einigen SPD-Abgeordneten. Sie erreichen eine knappe Mehrheit.

Da es sich um einen Entschließungsantrag handelte, hat er keinerlei Konsequenz. Die Union ist stattdessen zerbrochen und taumelt mit knapp 20 Prozent durch die Bundestagswahl. Die AfD gewinnt massiv und wird stärkste Kraft mit einer einzigen Ankündigung, Räder, Radwege und Radfahrer am ersten Tag ihrer Regierungszeit zu verbieten. 

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