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Hinter der Geschichte: Wie meine monatelange Recherche mit einem unheimlichen Zufall endete



stern-Reporter Marc Neller beschäftigte sich lange mit einer Serie von Schiffsunfällen in Ägypten. Die Geschichte war kaum veröffentlicht, da passierte das nächste Unglück.

Vielleicht muss die Geschichte dieser an Zufällen reichen Recherche in einem Transithotel in der indonesischen Provinz Papua Barat Daya beginnen. Das Hotel und die Stadt, die es umgibt, wären Stoff für einen Roman. Es ist ein Umschlagplatz für Geschichten und Abenteuer. Auch solcher, die vielleicht mit jedem Mal, wenn sie erzählt werden, etwas größer erscheinen. Aber das ist ein anderes Thema.

In diesem Hotel verbringen Reisende aus aller Welt eine Nacht, meist nur eine. Und den Tag nur dann, wenn es sein muss, weil man in den durchgesessenen Sitzgruppen der unterkühlten Lobby immer noch besser schläft als auf den Sitzgestellen am örtlichen Flughafen. 

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Viele dieser Reisenden sind Taucher. Sie haben rund 20 Flugstunden hinter sich oder vor sich. Und vor allem Zeit in einer besonderen Welt. Das Meeresgebiet von Raja Ampat, entlegen und nur mit einem Schiff erreichbar, ist eines der artenreichsten Tauchgebiete der Welt. Das Wasser dort ist oft klar wie Glas, Haie patrouillieren in großer Zahl an farbenprächtigen Riffen, zwischen Korallen in allen Farben und Formen. Die Fischschwärme können so groß und dicht sein, dass ein Taucher ganz darin verschwindet. 

An einem Januarabend, kurz nach Neujahr 2020, setzte sich, im Restaurant des Transithotels, eine fremde Frau an unseren Tisch. Amerikanerin, wie sich schnell herausstellte. 

"Wir wären gerade fast gestorben"

"How are you?", wie geht’s, fragte ich, hoffentlich höflich, aber nicht in der Stimmung für einen Smalltalk. 

"We almost died just now", sagte sie. 

Sie, ihr Mann und ihre Kinder wären fast gestorben. Auf einem Tauchschiff aus Holz. Es habe, sagte sie, mitten in der Nacht Feuer gefangen und sei in kürzester Zeit ausgebrannt.

Sie erzählte von der Reise und einer dramatischen Flucht durch Schiffsluken. Ich sagte, dass ich seit einiger Zeit zu Havarien solcher Tauchschiffe wie ihrem recherchierte und inzwischen wusste, dass sie in zwei Gegenden der Welt besonders oft passierten: in Südostasien und im Roten Meer, in Ägypten vor allem. Es wurde ein langes Gespräch. 

Wenige Wochen später kam Corona über die Welt. Niemand interessierte sich mehr für Tauchschiffe.

Corona ging, das Jahr 2023 kam. Die Menschen reisten wieder, auch nach Indonesien und Ägypten, und dort sanken wieder Tauchschiffe. Das Rote Meer entwickelte sich zum Schauplatz einer unheimlichen Unfallserie. 

Als dann im Februar 2024 die nächste Safariyacht ausbrannte, viele deutsche Taucher und Taucherinnen an Bord und eine offenbar tot, beschlossen meine Kollegin Tina Kaiser und ich, die Recherche wieder aufzunehmen. Und die Überlebenden dieses Unfalls zu finden und zu rekonstruieren, wie es dazu kam. 

Schon die ersten Gespräche gaben stichhaltige Hinweise darauf, dass auch dieser Fall in ein uns gut bekanntes Muster passte. Nach und nach trugen wir Dutzende Gespräche zusammen, dazu Dokumente, Fotos und Videomaterial von der "Sea Legend" und ihrem Brand. Alles fügte sich in ein Bild. 

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Seit Jahren kritisieren Fachleute die Sicherheit vieler Tauchyachten. Schlecht konstruierte Schiffe. Mangelnde Sicherheitsstandards an Bord. Eine Crew, die im Notfall überfordert scheint, weil sie dafür oft nicht vernünftig ausgebildet ist. Ägyptische Ermittler, die hinterher den Eindruck erwecken, gar nicht so genau ermitteln zu wollen. 

Ägypten macht gutes Geschäft mit den Tauchtouren

Ägypten, sagen die Fachleute, lebe gut von Touristen, aus Deutschland unter anderem. Die Tauchreisen, eine Woche auf einem Schiff, das entlegene Orte der Unterwasserwelt anfährt, sind für die Anbieter längst ein lukrativer Geschäftszweig. Die vielen Unfälle und toten Taucher kommen da eher ungelegen. 

Aber ich will Ihnen nicht unseren ganzen Report erzählen, den können Sie hier nachlesen. Worauf ich hinauswill, ist ein fast schon beängstigender Zufall. 

Im November dieses Jahres erschien unsere Recherche beim stern. Und keine zwei Tage später schickten Nachrichtenagenturen die Meldung um die Welt, dass in Ägypten ein Tauchschiff gesunken sei

Es stellte sich bald heraus, dass viele Taucher als vermisst galten, schon früh stand zu befürchten, dass es mehrere Tote geben würde. Wir recherchierten, wer der Betreiber des Schiffes war. Es war dieselbe Firma, deren Fall aus dem Februar wir rekonstruiert und soeben erst veröffentlicht hatten. 

Das zweite gesunkene Schiff der Firma in diesem Jahr. Und wieder starben Taucher.

Alle Making-Of-Geschichten der stern-Redaktion finden Sie in dieser Übersicht.

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