Hunderttausende Russen sind seit Beginn der Invasion in die Ukraine aus ihrer Heimat geflohen. Oppositionelle werden mit Härte verfolgt. Jetzt will Präsident Putin Gleichgesinnte aus dem Ausland nach Russland locken. Einzige Bedingung: Sie müssen "neoliberale Standpunkte" hassen.
Russland will ausländische Staatsbürger aufnehmen, die mit der Politik in ihrem Land nicht einverstanden sind. Einen entsprechenden Erlass hat Präsident Wladimir Putin unterzeichnet, wie russische Nachrichtenagenturen berichteten. Das Angebot gilt demnach für alle Ausländer, die in ihrer Heimat gegen eine Politik sind, die ihnen "destruktive neoliberale Standpunkte aufzwingt, welche den traditionellen russischen geistigen und moralischen Werten widersprechen".
Sie sollen Hilfe bei der Beantragung eines befristeten Aufenthalts bekommen. So müssen sie beispielsweise keine Kenntnisse der russischen Sprache und der russischen Geschichte nachweisen. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 hat der Kreml die Repressionen gegen Oppositionelle deutlich verschärft. Der prominente Kremlgegner Alexej Nawalny starb im Februar unter ungeklärten Umständen in einem sibirischen Straflager. Kritische Journalisten und Aktivisten, aber auch einfache Bürger, die den Sinn des Krieges in sozialen Netzwerken anzweifelten, wurden zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt.
Seit Kriegsbeginn sind nach Berechnungen des unabhängigen Portals "The Bell" mindestens 650.000 Russen dauerhaft ins Ausland gezogen. Die meisten der Flüchtlinge sind demnach nach Armenien (110.000), Kasachstan und Israel (je 80.000) emigriert, rund 36.000 gingen nach Deutschland. Offizielle Informationen aus Moskau über die Zahl der Ausgereisten gibt es nicht.
Zudem wurden zahlreiche Nicht-Regierungsorganisationen als "unerwünscht" erklärt, was einem Verbot gleichkommt. Jüngst wurde etwa die Stiftung von US-Schauspieler George Clooney in die Liste der unerwünschten Organisationen aufgenommen. Kritisiert wird immer wieder, dass das russische Gesetz über unerwünschte Organisationen keinen rechtlichen Grundsätzen genüge, weil nicht klar sei, welche Handlungen zu einer Einstufung als unerwünscht führten. Russland hatte seit Kriegsbeginn auch Stiftungen und das international angesehene Deutsche Historische Institut verboten.