2 months ago

Gesprächsangebot erneuert: Scholz will mit Putin ein Ende des Ukraine-Kriegs ausloten



Kanzler Scholz reist nach Brüssel, um mit den EU-Partnern unter anderem über die Ukraine zu sprechen. Im Bundestag schildert er zuvor, wie er sich eine Lösung vorstellt: durch Diplomatie mit dem Kreml, jedoch nicht "über die Köpfe der Ukraine hinweg".

Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich im Bundestag für diplomatische Gespräche unter Beteiligung Russlands zur Beendigung des Ukraine-Kriegs ausgesprochen. In seiner Regierungserklärung vor den Abgeordneten in Berlin zeigte sich Scholz auch offen für direkte Gespräche mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Dabei dürfe es aber "niemals Entscheidungen über die Köpfe der Ukraine hinweg" geben. Es sei nun die Zeit gekommen, "in der wir - neben der klaren Unterstützung der Ukraine - auch alles tun müssen, um auszuloten, wie wir es hinbekommen können, dass dieser Krieg nicht immer weiter geht", sagte Scholz. Gespräche mit Putin müssten dabei in "Abstimmung mit unseren engsten Partnern" geführt werden.

Es dürfe nicht sein, dass in der Ukraine "weiter so unglaublich viele Frauen und Männer sterben, die das Opfer russischer Bomben und Raketen werden", sagte Scholz. "Auch unzählige russische Soldaten werden jeden Tag Opfer des imperialistischen Wahns des russischen Präsidenten", fügte der Kanzler hinzu. "Auch sie sind Opfer seiner Politik mit dem Ziel, sein Land zu vergrößern - etwas, was es auf diese Art in Europa nicht wieder geben darf". Der Ukraine sagte Scholz die weitere Unterstützung Deutschlands und der westlichen Verbündeten zu. Die Unterstützer der Ukraine müssten "eine klare Botschaft senden, auf die sich die Ukraine verlassen kann, und eine klare Botschaft verkünden, die der russische Präsident nicht überhören kann".

Scholz sicherte zudem Israel im Kampf gegen die Terrormilizen Hamas und Hisbollah weitere Waffenlieferungen zu. "Es gibt Lieferungen und wird auch immer weitere Lieferungen geben. Darauf kann sich Israel verlassen", sagte Scholz. Die Terrormiliz Hamas habe Israel vor etwas mehr als einem Jahr angegriffen. Deutschland müsse Israel "in der Lage halten, sein Land zu verteidigen", betonte Scholz. "Israel kann sich auf unsere Solidarität verlassen - jetzt und in aller Zukunft."

Gleichzeitig erklärte der Kanzler, dass es auch weiterhin der humanitären Hilfe für die Menschen in Gaza bedürfe und dass die Regeln des Völkerrechts im Nahost-Krieg eingehalten werden müssten. Es brauche außerdem auch eine Perspektive für eine Zwei-Staaten-Lösung mit den Palästinensern, sagte Scholz. Es seien auch Zivilisten in dem Krieg gestorben. Die Humanität gebiete es, mit allen Opfern zu fühlen, sagte Scholz. Es brauche auch einen Waffenstillstand, der mit der Freilassung der israelischen Geiseln ende. Im Norden von Israel müsse es zu einer Waffenruhe kommen. Scholz ermahnte auch den Iran, Israel nicht weiter mit Raketen anzugreifen. "Der Iran spielt mit dem Feuer. Das muss aufhören", sagte Scholz.

Scholz plant Industrie-Gipfel

Scholz warnte scharf davor, die klare Westbindung Deutschlands im Bündnis mit der NATO zur Diskussion zu stellen. Er kritisierte im Bundestag politische Positionen von AfD und BSW, die Konstanten der deutschen Politik als Problem für die Zukunft bezeichneten. "Ich sage, das ist falsch. Das ist eine Bedrohung unserer Sicherheit. Wir sollten an den Konstanten unserer Außenpolitik, unserer internationalen Orientierung festhalten", sagte Scholz. Zu den Konstanten gehöre die Einbindung in die Europäische Union, die enge Zusammenarbeit mit den USA, die transatlantische Kooperation und die Einbindung in die NATO. "Und das werden auch weiter die Schwerpunkte der internationalen Ausrichtung Deutschlands sein", sagte Scholz.

Scholz will noch in diesem Monat mit einem Gipfel im Kanzleramt die Probleme der Industrie in Deutschland angehen. "Ich werde Unternehmensvertreter, Industriegewerkschaften, Industrieverbände noch in diesem Monat zu einem Gespräch einladen im Kanzleramt, wo alle zusammenkommen und wo wir genau diese Dinge beraten, die da notwendig sind", sagte der SPD-Politiker. "Das, was dabei rauskommt, werde ich diesem Parlament vorschlagen, auch auf den Weg zu bringen, damit es vorangeht in Deutschland."

In Deutschland müsse besonders um die Industrie gekämpft werden, sagte Scholz. Deutschland sei ein Industrieland und der "Verlockung vieler anderer nicht erlegen, die gesagt haben: Industrie kann man abschreiben, Finanzplätze sind das Einzige, was man braucht". Darum müsse man jetzt zusammen mit der Industrie, an der Millionen Arbeitsplätze hingen, "darum kämpfen, dass wir diese Grundlage unseres Wohlstands erhalten". Über das hinaus, was die Ampel-Regierung bereits auf den Weg gebracht habe, sei er dafür, "eine neue industriepolitische Agenda (zu) vereinbaren, von der alle profitieren". Diese soll nicht von einem Redepult im Bundestag verkündet werden, sondern etwas, "um das wir gemeinsam kämpfen und wo wir gemeinsam dran arbeiten".

Scholz gab die Regierungserklärung zum EU-Gipfel ab, der am Donnerstag und Freitag in Brüssel stattfindet. Dabei wird es um Migration, den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, den Krieg im Nahen Osten und die Wettbewerbsfähigkeit der EU gehen. Für die anschließende Aussprache waren 90 Minuten vorgesehen.

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