Familienmitglieder von Terroristen können in Israel künftig härter bestraft werden. Das Parlament in Jerusalem billigt ein Gesetz, das ihre Ausweisung in den Gazastreifen vorsieht, "wenn sie von Attentatsplänen gewusst haben". Rechtsexperten sind jedoch skeptisch.
Das israelische Parlament hat ein Gesetz verabschiedet, das eine Ausweisung in den Gazastreifen von Menschen ermöglicht, deren Verwandte "Terroranschläge" in Israel verübt haben. Das von einem Abgeordneten der ultrarechten Partei Otzma Jehudit eingebrachte Gesetz erlaubt es dem Innenminister, nahe Angehörige von "Terroristen" auszuweisen, wenn sie von den Attentatsplänen gewusst und nicht "alles in ihrer Macht Stehende" unternommen haben, um sie zu unterbinden.
"Ab heute wird jeder Vater, jede Mutter, jeder Sohn, jede Tochter, jeder Bruder, jede Schwester und jeder Ehepartner ausgewiesen, der sich mit einem Familienmitglied identifiziert, das israelische Bürger angegriffen hat", erklärte der Sicherheitsminister und Vorsitzende der Partei Otzma Jehudit, Itamar Ben Gvir. Palästinenser haben in den vergangenen Jahren zahlreiche Anschläge mit Messern, Schusswaffen oder Fahrzeugen auf Israelis verübt. Das Gesetz soll für palästinensische Bürger Israels und Bewohner des annektierten Ost-Jerusalems gelten.
Wohin die Angehörigen ausgewiesen werden sollen, ist in dem Gesetz nicht ausgeführt - ein Sprecher des Abgeordneten erklärte jedoch, die Betroffenen würden in den Gazastreifen geschickt. In dem Palästinensergebiet tobt seit mehr als einem Jahr ein Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas und die humanitäre Lage ist verheerend. Das seit Jahren von der extremen Rechten geforderte Gesetz soll laut seinen Befürwortern arabische Bürger in Israel und Ostjerusalem von antiisraelischen Angriffen abhalten.
Menschenrechtler: "Kollektive Bestrafung"
Die Organisation Adalah, die sich für den Schutz der Rechte palästinensischer Bürger in Israel einsetzt, verurteilte das Gesetz als "gefährliche Eskalation" der Unterdrückung der Rechte von Palästinensern "unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung". Adalah prangerte eine "kollektive Bestrafung" aller Palästinenser an. Das Gesetz verstoße gegen das Völkerrecht, da es das "Zwei-Klassen-Rechtssystem" verstärke, hieß es.
Rechtsexperten erklärten, israelische Gerichte würden voraussichtlich jeden Versuch kippen, das Gesetz anzuwenden. Das Innenministerium habe keine rechtliche Möglichkeit, einen israelischen Bürger in ein anderes Land oder in den Gazastreifen zu deportieren, sagte der Rechtsberater der Vereinigung für Bürgerrechte in Israel, Oded Feller. Das Gesetz sei "populistischer Unsinn". Seine Organisation werde nicht gegen das Gesetz selbst vor Gericht ziehen, sicher aber gegen Versuche der Behörden, es anzuwenden.
Etwa 20 Prozent der Bürger Israels sind Palästinenser. Sie haben die Staatsbürgerschaft und das Wahlrecht, sehen sich aber häufig diskriminiert. Viele haben auch enge familiäre Beziehungen zu den Menschen in den palästinensischen Gebieten und die meisten sympathisieren mit der palästinensischen Sache.