Der Klimawandel beschäftigt einer Umfrage zufolge viele Menschen, als Priorität stufen ihn jedoch nur wenige ein. Sicherheitsexperte Heusgen sagt, ein Weiter so "führt unweigerlich ins Verderben". Experten und Politiker treffen sich jetzt zwei Wochen lang, um auch über massive Finanzhilfen zu beraten.
In Deutschland haben einer Umfrage zufolge mehr als zwei Drittel der Menschen schon mindestens einmal Extremwetter erlebt. 71 Prozent kennen nach eigenen Angaben extreme Wetterereignisse wie Hitze, schwere Stürme oder Überflutungen, wie aus einer von der Europäischen Investitionsbank (EIB) veröffentlichten Umfrage hervorgeht. Fast alle Befragten in Deutschland (92 Prozent) gaben demnach an, die Anpassung an den Klimawandel sei notwendig. Doch nur 40 Prozent meinten, das Thema habe für sie Priorität. In der EU-weiten Umfrage, die im Auftrag der EU-Förderbank vom Marktforschungsunternehmen BVA X-Sight durchgeführt wurde, liegt Deutschland damit zehn Prozentpunkte unter dem Durchschnitt.
Obwohl sie die Priorität niedriger einschätzen als der EU-Durchschnitt, sehen mehr als drei Viertel der Befragten auch Vorteile darin, zeitnah in die Klimaanpassung zu investieren. 78 Prozent hoffen demnach auf positive Effekte für die Beschäftigung und die lokale Wirtschaft. 77 Prozent gehen davon aus, dass sich durch schnelle Investitionen künftige Kosten begrenzen lassen. Bei der Frage nach möglichen Sorgen vor dem Klimawandel wichen die Deutschen ebenfalls vom EU-Durchschnitt ab. Zwei Drittel der Befragten gaben demnach an, besorgt über mögliche Klimafolgen zu sein. EU-weit waren es 73 Prozent.
Im Vergleich mit anderen Themen stuften die deutschen Befragten den Klimawandel als drittgrößte Herausforderung ein, nach Migration als größter und höheren Lebenshaltungskosten als zweitgrößter. Sechs von zehn Deutschen (63 Prozent) rechnen demnach damit, dass der Klimawandel sie zwingen wird, ihre Lebensweise zu ändern.
Sicherheitsexperte warnt vor Klimawandel
Christoph Heusgen, Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, warnt vor der Gefahr, den Klimawandel aus dem Blick zu verlieren. Er sieht ihn als größte Bedrohung - trotz der geopolitischen Krisen weltweit.
Zwar sei die Diagnose, dass die Gesellschaft überfordert sei, in Teilen richtig. "Aber was folgt daraus?", sagte der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz der "Augsburger Allgemeinen". "Die Alternative wäre, nichts zu tun und alles weiterlaufen zu lassen. Das aber führt unweigerlich ins Verderben."
Deutschland müsse seine Wirtschaft transformieren, sie grüner machen, betonte Heusgen. Die katastrophalen Folgen des Klimawandels seien überall zu sehen. "Deshalb ist aus meiner Sicht trotz der zweiten Amtszeit von Donald Trump, trotz der Bedrohung durch Russland, trotz der Konkurrenz durch China die größte Herausforderung der Klimawandel." Nötig sei "ein intensiver Diskurs über die großen Herausforderungen unserer Zeit." Dabei sei es die Aufgabe der Politik, die Menschen mitzunehmen.
Klimakonferenz in Baku ohne Olaf Scholz
In der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku beginnt am heutigen Montag die 29. UN-Klimakonferenz (COP29). Bei den zweiwöchigen Verhandlungen von Delegationen aus fast 200 Ländern steht die Klimafinanzierung im Mittelpunkt. Für die Zeit ab 2025 muss ein neuer Finanzrahmen festgelegt werden. Nach Expertenschätzungen brauchen die Entwicklungsländer für Klimaschutz und Klimaanpassung künftig mindestens eine Billion Dollar pro Jahr.
In den Verhandlungen wird es auch um eine dringend notwendige Reduzierung der weltweiten Treibhausgasemissionen gehen. Überschattet wird die Konferenz vom Sieg des Klimawandel-Leugners Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl. Zudem ist die Ausrichtung der COP29 in Aserbaidschan wegen der dortigen Menschenrechtslage umstritten. Bundeskanzler Olaf Scholz reist wegen des Bruchs der Ampel-Koalition nicht nach Baku, auch einige andere einflussreiche Staats- und Regierungschefs nehmen nicht teil. Dafür haben sich jedoch die Taliban angekündigt.