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Geplante Schulden: Was kommt nach dem Milliardenpaket?



Stand: 05.03.2025 16:57 Uhr

Ein schuldenfinanziertes Milliardenpaket für Militär und Infrastruktur: Viele Ökonomen loben diesen Schritt, andere sehen ihn kritisch. Alle aber mahnen nun schnelle Reformen an.

David Zajonz

Jens Südekum gehört zu den Wirtschaftswissenschaftlern, die seit Jahren mehr Investitionen fordern, auch wenn der Staat dafür neue Schulden aufnehmen muss. Zusammen mit drei weiteren Ökonomen machte er in der vergangenen Woche einen Vorschlag, den CDU/CSU und SPD offenbar als Grundlage für ihr milliardenschweres Investitionspaket genommen haben.

Die Ökonomengruppe gilt als "lagerübergreifend", weil Südekum und sein Kollege Moritz Schularick vom Kiel Institut für Weltwirtschaft dem eher linken Lager zugeordnet werden, während Clemens Fuest (ifo) und Michael Hüther (IW) als arbeitgebernah gelten. Für Südekum, der an der Universität Düsseldorf lehrt und forscht, ist das Paket "ein echter Gamechanger". Er geht davon aus, dass auch Bundestag und Bundesrat zustimmen werden.

Schnellere Verfahren und mehr Arbeitskräfte

Damit ist es für ihn aber nicht getan. Das Investitionspaket werde nur dann wirklich zum Erfolg, wenn nun die passenden Strukturreformen folgen. "Die Sache mit dem Geld ist jetzt geklärt", sagt Südekum. "Jetzt geht es darum, dass das Geld schnell und an den richtigen Stellen ankommt." Dafür fordert er schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren, damit Bauprojekte zügig umgesetzt werden können.

Außerdem müsse die neue Bundesregierung dafür sorgen, dass für den großen Infrastrukturausbau genügend Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Südekum schlägt vor, die Arbeitsanreize für ältere Menschen zu stärken, damit diese auch über die Regelarbeitszeit hinaus arbeiten. Darüber hinaus müsse der Staat auf Fachkräfte aus dem Ausland setzen. "Die gesteuerte Arbeitskräftezuwanderung ist jetzt noch wichtiger als zuvor", so Südekum.

Geld nicht für Wahlgeschenke ausgeben

Auch für Monika Schnitzer ist die gestrige Entscheidung ein wichtiger Schritt für mehr Wachstum. "Das ist ein sehr gutes, schnelles und klares Signal", so die Wirtschaftswissenschaftlerin, die als Vorsitzende der sogenannten "Wirtschaftsweisen" die Bundesregierung berät.

Gleichzeitig, so betont sie, müsse sichergestellt sein, dass die Schulden auch tatsächlich für Investitionen ausgegeben werden. "Man muss jetzt Sicherheiten einziehen, damit das Geld nicht einfach nur für Wahlgeschenke verwendet wird", mahnt Schnitzer. Als Beispiele nennt sie die Rentenversprechen der SPD und die Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie, die im Wahlprogramm von CDU/CSU steht.

Konkret schlägt sie vor, die Bestandserhaltung der Infrastruktur aus dem laufenden Haushalt zu finanzieren und das Sondervermögen nur für neue Investitionen zu nutzen. Längerfristig plädiert Schnitzer für eine Reform der Schuldenbremse, durch die klar zwischen Investitionen und Konsumausgaben unterschieden wird.

Staat soll Ausgaben erstmal kritisch hinterfragen

Es gibt aber auch Ökonomen, die skeptisch bis ablehnend auf die schuldenfinanzierte Investitionsoffensive blicken. Zu ihnen gehört einer von Schnitzers Vorgängern. Christoph Schmidt war von 2013 bis 2020 Vorsitzender der "Wirtschaftsweisen". Inzwischen ist er Präsident des Wirtschaftsforschungsinstituts RWI in Essen. Für Schmidt haben die Rahmenbedingungen für Unternehmen oberste Priorität. Er schlägt deshalb unter anderem ein "Regulierungsmoratorium" vor, durch das die Wirtschaft entlastet werden soll.

Ein Sondervermögen für die Infrastruktur hält er hingegen nicht für notwendig. "Da sollte der Staat erstmal seine gesamten Ausgaben kritisch hinterfragen", so Schmidt. Als Beispiele nennt er die Sozial- und Klimapolitik. Wenn dem Staat durch Schulden mehr Geld zur Verfügung steht, bleiben die Einsparungen auf der Strecke, befürchtet er. "Wo soll der Handlungsdruck dafür denn nun herkommen?", fragt Schmidt.

Diese Bedenken hat durchaus auch Jens Südekum, der die neuen Milliardenpakete befürwortet. Er sieht deshalb nun die künftige Bundesregierung in der Verantwortung: "Die Reformen müssen mit dem gleichen Eifer vorangetrieben werden, wie es ohne dieses Geld passiert wäre", so Südekum.

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