
marktbericht
Der DAX erreicht erneut ein Allzeithoch. Hoffnungen auf positive konjunkturelle Auswirkungen des Schuldenpakets vor allem für die deutsche Industrie lassen Aktien derzeit besonders verlockend erscheinen.
Der DAX steigt im frühen Handel erstmals über 23.400 Punkte und bewegt sich damit auf bislang noch nie erreichtem Terrain. Aktuell liegt das Plus bei 1,4 Prozent auf 23.408 Punkte.
Nach einem herben Rückschlag am Dienstag hat der DAX bereits gestern eine fulminante Erholungsrally hingelegt. Ausgelöst wurde sie durch die Verständigung von Union und SPD auf ein enormes Finanzpaket für Rüstung und Infrastruktur. Der deutsche Leitindex war mit einem Plus von 3,4 Prozent auf 23.081 Punkten aus dem Handel gegangen. "Die gestrige Gegenbewegung zeigt die Robustheit des deutschen Leitindex auf hohem Niveau", meint Chartexperte Martin Utschneider von Finanzethos.
Jochen Stanzl, Marktbeobachter bei CMC Markets, sieht ein mögliches Kursziel jetzt bei 27.000 Punkten. Hätten solche Niveaus bis vor kurzem mehr als unrealistisch geklungen, seien sie mit den Hunderten von Milliarden Euro, die jetzt zusätzlich in das Wachstum der deutschen Wirtschaft investiert werden sollen, gar nicht mehr so fern.
Eine zügige Umsetzung des Haushaltspakets dürfte das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland bis 2027 um bis zu einen Prozentpunkt pro Jahr erhöhen, schätzt Sven Jari Stehn, Chefvolkswirt Europa bei der Investmentbank Goldman Sachs. Allerdings würde auch die staatliche Schuldenquote von zuletzt gut 62 Prozent gemessen an der Wirtschaftsleistung auf 67,6 Prozent steigen, so der Ökonom.
Positiv wirkt sich heute auch aus, dass US-Präsident Donald Trump nach Angaben des Weißen Hauses zugestimmt hat, die Zölle auf einige in Nordamerika hergestellte Fahrzeuge für einen Monat auszusetzen. Auf ähnliche Erleichterungen hofften Anleger nun auch für Unternehmen aus anderen Branchen.
Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht heute die Zinssenkung der EZB. Ökonomen rechnen damit, dass die Notenbank den richtungsweisenden Einlagenzinssatz um 0,25 Prozentpunkte auf 2,5 Prozent herabsetzen wird. Damit würde die EZB die Konjunktur im Währungsraum stützen.
Wie sich das neue Schuldenpaket auf die künftige Zinspolitik der EZB auswirken könnte, ist nun eine Frage, die die Anleger beschäftigt: "Da die Maßnahmen Inflation und Wachstum in Deutschland sowie in Europa anschieben dürften, werden zudem weniger Leitzinssenkungen der Europäischen Zentralbank erwartet. Nach der mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit erfolgenden Zinssenkung im Rahmen der heutigen Sitzung gehen die Marktakteure nur noch von höchstens zwei weiteren Zinsschritten bis zum Jahresende aus", schreibt Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank.
Die Vorgaben aus den USA sahen bereits einladend aus: Der US-Standardwerteindex Dow Jones hatte sich gestern nach einem Zickzack-Kurs mit einem Plus von 1,1 Prozent bei 43.006 Punkten aus dem Handel verabschiedet. Der breit gefasste S&P 500 gewann 1,1 Prozent auf 5.842 Zähler, und der technologielastige Nasdaq zog um 1,5 Prozent auf 18.552 Stellen an.
Von Konjunkturseite warten die Anleger heute auf die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe. Sie dürften einen Hinweis geben auf die morgen anstehenden monatlichen US-Daten vom Arbeitsmarkt. Die Investoren hoffen auf weitere Hinweise auf die künftige US-Geldpolitik. Je schwächer sich der Jobmarkt zeigt, desto größer ist der Spielraum für Zinssenkungen für die US-Notenbank Federal Reserve.
In Asien hat der Aufschub bei den angedrohten Autozöllen die Marktstimmung heute aufgehellt. In Tokio legte der Nikkei-Index 0,8 Prozent auf 37.704 Punkte zu, der breiter gefasste Topix gewann 1,2 Prozent. Die Börse Shanghai lag 1,2 Prozent im Plus. Der Index der wichtigsten Unternehmen in Shanghai und Shenzhen stieg um 1,4 Prozent.
Die Anleger blieben zwar vorsichtig, was die US-Zollpolitik angeht, sagte Shuutarou Yasuda, Marktanalyst beim Tokai Tokyo Intelligence Laboratory. "Aber jetzt erwarten sie, dass Trump nichts tun wird, was der Weltwirtschaft schaden könnte."
Der Euro profitiert weiter von den in Deutschland angekündigten Finanzpaketen und der damit verbundenen Hoffnung auf mehr Wirtschaftswachstum. Zudem belastet der vom neuen US-Präsidenten Donald Trump angezettelte Handelskrieg weiter den Dollar.
So konnte sich der Euro in den vergangenen Wochen deutlich von den Verlusten erholen, die ihn in den Wochen und Monaten nach der Wahl von Trump Anfang November bis auf 1,0141 Dollar Anfang Februar gedrückt hatten. Allein in dieser Woche zog der Eurokurs um mehr als vier Cent an.
2024 verdiente der Logistikkonzern DHL mit 5,9 Milliarden Euro operativ gut sieben Prozent weniger als im Vorjahr. Der Umsatz legte um drei Prozent auf gut 84,2 Milliarden Euro zu. Unter dem Strich entfielen 2024 auf die Aktionäre mit 3,3 Milliarden Euro gut neun Prozent weniger Gewinn als 2023.
Streiks, höhere Kosten und gesunkene Ticketpreise haben der Lufthansa im vergangenen Jahr einen herben Gewinnrückgang eingebrockt. Die Kernmarke Lufthansa Airlines schrieb im Tagesgeschäft sogar rote Zahlen. Insgesamt legte der Umsatz um sechs Prozent auf 37,6 Milliarden Euro zu. Unter dem Strich blieb konzernweit ein Überschuss von knapp 1,4 Milliarden Euro und damit 18 Prozent weniger als im Vorjahr.
Der Darmstädter Technologie- und Pharmakonzern Merck profitiert vom Boom um Künstliche Intelligenz. Im vergangenen Jahr verzeichnete Merck einen starken Umsatzanstieg bei Halbleitermaterialien, die etwa in Hochleistungschips für KI eingesetzt und stark nachgefragt werden. Zudem wuchs das Geschäft mit Arzneien insbesondere gegen Krebs, sodass der DAX-Konzern seinen Umsatz leicht um 0,8 Prozent auf 21,1 Milliarden Euro steigerte. Wegen höherer Steuern verdiente der Konzern unterm Strich mit knapp 2,79 Milliarden Euro rund zwei Prozent weniger als im Vorjahr.
Volkswagen setzt bei seinem Einstiegs-Elektroauto auf die Software aus der Zusammenarbeit mit dem US-Startup Rivian. Der ID.Every1, der zu einem Preis von rund 20.000 Euro auf den Markt kommen soll, ist damit das erste Fahrzeug, das von dem Gemeinschaftsunternehmen profitieren soll. Das Auto solle auf dem europäischen Markt verkauft werden, sagte Volkswagen-Markenchef Thomas Schäfer gestern. Für China oder Amerika sei das Fahrzeug nicht vorgesehen, in anderen Märkten könne es verkauft werden, wenn es Sinn ergebe.
Der DAX bleibt unverändert, darunter tut sich etwas: In den Nebenwerteindex MDAX steigen nach Berechnungen der Deutsche-Börse-Tochter ISS Stoxx drei Unternehmen auf: Der Panzergetriebehersteller Renk, der Online-Broker FlatexDegiro und der zur Deutschen Bank gehörende Vermögensverwalter DWS. Sie ersetzen den Wafer-Hersteller Siltronic, der unter der Chip-Krise leidet, den Verpackungshersteller Schott Pharma und den Finanzdienstleister Hypoport. Alle drei steigen in die dritte Liga, den Kleinwerteindex SDAX ab. Die Änderungen werden am 24. März wirksam.