Geld vom Staat?: So sehen die Zahlen zum Bürgergeld aus

Artikel Bild

Beim Bürgergeld und der Sozialhilfe legt Deutschland eine Nullrunde ein: Die monatlichen Zahlungen an Empfänger der Grundsicherung werden im kommenden Jahr nicht ansteigen. Wie viele Menschen sind betroffen? Um welche Summen geht es?

Die mehr als fünf Millionen Bürgergeld-Empfänger in Deutschland, darunter Erwachsene und Kinder, müssen im kommenden Jahr mit denselben Regelsätzen auskommen wie bisher. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil kündigte im "Frühstart" bei ntv eine "Nullrunde" an. Die gesetzlich geregelten Leistungen für Hilfsbedürftige, denen mit den Zahlungen ein menschenwürdiges Leben am Existenzminimum gewährleistet werden soll, bleiben damit vorerst unverändert.

Bei hoher Inflation müssten auch die Regelsätze entsprechend angepasst werden, erklärte der SPD-Politiker. Nun sei die Teuerungsrate zuletzt aber kräftig gesunken. Deshalb sei der Rechtsmechanismus so, dass es Anfang 2025 keine Erhöhung beim Bürgergeld geben werde. "Das ist auch richtig so", sagte der Minister. Mit den Debatten der vergangenen Monate habe dies nichts zu tun, betonte Heil. "Es gibt einen Anpassungsmechanismus, die der Deutsche Bundestag beschlossen hat - übrigens mit den Stimmen von CDU, CSU, FDP, SPD, Grünen."

Alleinlebende Erwachsene und Alleinerziehende erhalten nach den geltenden Regelsätzen damit 2025 monatlich unverändert 563 Euro zum Lebensunterhalt. Paare in Bedarfsgemeinschaften - also in der Regel einem gemeinsamen Haushalt - bekommen pro Kopf weniger, nämlich 506 Euro. Kinder werden abgestuft nach Altersgruppen mit 471 Euro bis 357 Euro berücksichtigt. Volljährige in Aufnahmeeinrichtungen und Unterkünften müssen mit 451 Euro pro Monat auskommen.

Die fraglichen Regelsätze gelten für das sogenannte Bürgergeld ebenso wie für die Sozialhilfe. Anspruch auf Sozialhilfe - also staatliche Hilfszahlungen zum Lebensunterhalt oder zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - haben hilfebedürftige Menschen, die aufgrund des Alters oder einer Erkrankung nicht arbeiten können.

Anspruch auf Bürgergeld haben in Deutschland all jene Menschen, die "trotz umfassender Bemühungen keine Arbeit finden oder mit ihrer Arbeit so wenig verdienen, dass ihr Lebensunterhalt nicht gesichert ist", wie es beim Bundesarbeitsministerium heißt. Das umfasst neben den monatlichen Zahlungen zum Lebensunterhalt auch die Übernahme der Miet- und Heizkosten.

In Deutschland sind den Daten der Bundesagentur für Arbeit (Stand Mai) zufolge rund 5,5 Millionen Personen betroffen. Darunter befinden sich viele Kinder oder Kranke, die dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen, wie Heil im ntv-"Frühstart" sagte. 20 Prozent der Bürgergeld-Empfänger bräuchten trotz Arbeit aufstockende Leistungen. 1,7 Millionen Menschen müssten in Arbeit gebracht werden, zwei Drittel davon seien Langzeitarbeitslose ohne abgeschlossene Berufsausbildung. Auch viele Ukrainerinnen und Ukrainer müssten trotz Erfolgen noch in Arbeit gebracht werden.

"Wer in eine Notlage gerät und nicht selbst für seinen Unterhalt sorgen kann, hat Anspruch auf staatliche Leistungen", fasst Heils Ministerium die Ausgangslage zusammen. Bei der "Hartz IV"-Reform und der Einführung des Bürgergelds wurde gesetzlich festgelegt, dass die Höhe der Zahlungen jährlich überprüft und gegebenenfalls angepasst werden müssen.

Als Berechnungsgrundlage für die Anpassungen wurde die durchschnittliche Preis- und Lohnentwicklung bestimmt, die beim Statistischen Bundesamt in einem Mischindex erfasst wird. Bei der Bürgergeld-Erhöhung für 2024, über die im Spätsommer 2023 entschieden wurde, wirkte der Ausblick auf die Teuerung noch düster.

Die monatlichen Zahlungen stiegen Anfang 2024 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als zwölf Prozent. Erst später wurde deutlich, dass die Statistiker die Inflation im Vergleich zur tatsächlichen Entwicklung zu hoch veranschlagt hatten. Eine Nullrunde hatte sich daher bereits Ende vorigen Jahres abgezeichnet.

Bürgergeld gibt es in Deutschland erst seit Anfang 2023. Davor liefen die Zahlungen im Rahmen der Grundsicherung für eigentlich erwerbsfähige Menschen unter dem Begriff Arbeitslosengeld II und wurden umgangssprachlich auch als Hartz IV bezeichnet.

Bei der Berechnung für 2025 schlägt die tatsächliche Preisentwicklung durch. Mit Blick auf die typischen Ausgaben von Bürgergeldbeziehern - gemessen an der Einkommens- und Verbraucherstichprobe des Statistikamtes und der daraus abgeleiteten Fortschreibung des Regelbedarfs - errechneten die Beamten im Arbeitsministerium für 2025 einen theoretischen Regelsatz von 539,25 Euro für einen alleinstehenden Erwachsenen.

Warum wird das Bürgergeld nicht gekürzt?

Eine Anpassung nach unten ist im Bürgergeld-Gesetz nicht vorgesehen. Empfänger der staatlichen Leistungen sind vor Kürzungen infolge einer Neuberechnung ausdrücklich geschützt. Wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die Erhöhung zu hoch ausgefallen ist, bleibt es bei den geltenden Beträgen.

In Heils Verordnungsentwurf heißt es: "Aus der Fortschreibung der Regelbedarfsstufen mit diesen Veränderungsraten ergeben sich Eurobeträge, die unterhalb denen des Jahres 2024 liegen. Deshalb ist Paragraf 28a Absatz 5 SGB XII (Besitzschutzregelung) anzuwenden, wonach die Eurobeträge des Jahres 2024 auch im Jahr 2025 unverändert weitergelten."

Dabei könnte eine Kürzung die Staatskasse theoretisch entlasten. Im Entwurf für den Etat 2025 sind für die Bürgergeld-Zahlungen 25 Milliarden Euro veranschlagt. Eine Kürzung der monatlichen Zahlungen um gut vier Prozent könnte rechnerisch gut eine Milliarde Euro sparen.

Arbeitsminister Heil hatte es im Etatstreit aber als Erfolg verbucht, dass keine Leistungskürzungen vorgesehen sind. Dennoch soll er bei den Geldleistungen im Bürgergeld 2025 mit 4,7 Milliarden Euro weniger auskommen als in diesem Jahr - nicht durch Kürzungen, sondern dadurch, dass die Zahl der Bürgergeld-Empfänger verringert wird.

Mehr zum Thema

Heil bekräftigte, dass die Parteien der Ampel-Koalition nachschärfen wollen. So werde künftig scharf sanktioniert, wer trotz Stütze schwarz arbeite. "Es ist ein lernendes System", erklärte Heil. Die Weiterentwicklung dürfe aber nicht ideologisch diskutiert werden. Schon im Oktober könnten geplante Bürgergeld-Änderungen ins Kabinett kommen, hieß es aus Regierungskreisen. Vorgesehen sind dabei auch mehr Arbeitsanreize für Geflüchtete.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund kritisiert die geplante Nullrunde. Solange Mieten häufig kaum bezahlbar seien und der Mindestlohn nur um wenige Cent erhöht werde, brauche es neben mehr Tarifbindung, einem höheren Mindestlohn und einer Mietenbegrenzung auch ein Bürgergeld, das wirklich das Existenzminimum sichere, sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel bei RTL/ntv.

Adblock test (Why?)