3 weeks ago

Für Infrastruktur und Verteidigung: Union und SPD einig über Sondervermögen – das ist mit dem Geld geplant



Union und SPD haben sich bei ihren Sondierungen auf ein Sondervermögen und eine Reform der Schuldenbremse geeinigt. Die genannten Summen erscheinen zunächst gigantisch.

Union und SPD haben sich neun Tage nach der Bundestagswahl auf ein riesiges Finanzpaket verständigt. Es dürfte den Weg für eine schwarz-rote Koalition ebnen, die in den kommenden Wochen noch im Detail ausgehandelt werden muss. 

Um mehr Geld in die Verteidigung Deutschlands stecken zu können, soll die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse schon in den kommenden Tagen gelockert werden. Das kündigten die Parteispitzen am Dienstagabend an. Außerdem ist ein 500 Milliarden Euro schwerer Sondertopf zur Modernisierung der Infrastruktur geplant. Ökonomen lobten die Pläne, mit denen es wieder eine Perspektive gebe, dass die Wirtschaft auf Wachstumskurs komme. Die Grünen, deren Stimmen für die Pläne benötigt werden, reagierten zurückhaltend.

Sondervermögen für Infrastruktur soll über zehn Jahre laufen 

In einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz von Union und SPD in Berlin sagte CDU-Chef Friedrich Merz, das sogenannte Sondervermögen Infrastruktur sei auf zehn Jahre angelegt. 100 Milliarden der 500 Milliarden Euro sollten den Ländern zur Verfügung gestellt werden, sagte SPD-Co-Chef Lars Klingbeil. Das Geld soll unter anderem für das Verkehrs- und Energienetz, Krankenhäuser, Bildungs-, Betreuungs- und Wissenschaftseinrichtungen sowie zur Digitalisierung verwendet werden.

Nachdem die EU-Kommission am Dienstagvormittag ein großes Finanzpaket zur Förderung von Verteidigungsausgaben angekündigt hatte, legte der vermutlich nächste Kanzler Merz am Abend nach. Es müsse für die Verteidigung bereitgestellt werden, was immer nötig sei. "Angesichts der Bedrohungen unserer Freiheit und des Friedens auf unserem Kontinent muss jetzt auch für unsere Verteidigung gelten: Whatever it takes."

Konkret sollen unter die Schuldenbremse nur noch Verteidigungsausgaben in Höhe von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) fallen. Dies ermöglicht eine starke Erhöhung dieser Ausgaben, die faktisch nicht mehr gedeckelt werden. Bei einem BIP von rund 4300 Milliarden Euro im Jahr 2024 wären ein Prozent etwa 43 Milliarden Euro. Alle Verteidigungsausgaben darüber werden nicht angerechnet. Derzeit beträgt der Wehretat rund 52 Milliarden Euro. Hinzu kommen Ausgaben aus dem 100-Milliarden-Sondervermögen der Bundeswehr, so dass Deutschland 2024 die Nato-Quote von zwei Prozent des BIP erfüllen konnte.

Grüne werden benötigt

"Wir senden ein Signal an Freunde und Feinde", sagte CSU-Chef Markus Söder. "Deutschland ist da. Deutschland zieht sich nicht zurück." Er sprach von einer spürbaren Aufrüstung. Union und SPD verwiesen auch auf den jüngsten Kurswechsel der USA. Der dortige Präsident Donald Trump will die Hilfe für die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen Russland stoppen.

Trump droht der EU zudem mit Sonderzöllen. Merz sagte, dass er am Mittwoch im Gespräch mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) darüber reden werde, dass man zusätzlich drei Milliarden Euro Militärhilfe für die Ukraine bereitstellen wolle.

Union und SPD wollen die geplanten Änderungen kurzfristig mit den Mehrheiten des alten Bundestages beschließen. In diesem kommen Union, SPD und Grüne auf rund 71 Prozent der Stimmen, also die nötige Zweidrittelmehrheit für die Schritte. "Wir werden uns die Vorschläge nun in Ruhe anschauen", sagte Grünen-Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann. Die Grünen fordern seit Jahren eine Reform der Schuldenbremse, um mehr Investitionen zu ermöglichen. Dies war vor allem von der Union abgelehnt worden. "Wichtig ist uns eine langfristige Lösung grundsätzlicher Regeln der Schuldenbremse. Und dass neben dem Thema Sicherheit auch Investitionen in Infrastruktur, Wirtschaft und Klima nachhaltig angegangen werden." Haßelmann warf Merz und Söder vor, die Grünen bislang nicht einbezogen zu haben.

Plötzlich ein anderes Spiel

Die jetzt geplanten Änderungen wären im neuen Bundestag schwieriger durchzusetzen. Er muss sich Ende März konstituieren, weswegen Union und SPD aufs Tempo drücken. Eine größere Reform der Schuldenbremse ist dann bis Ende des Jahres geplant. Hierfür soll eine Expertenkommission einen Vorschlag entwickeln, um dauerhaft zusätzliche Investitionen zu ermöglichen. Auch die Länder sollen dabei Verschuldungsspielräume bekommen.

Top-Ökonom Jens Südekum sprach von einem "Gamechanger" der Sondierer und von einem "wuchtigen und guten Paket". Es könne die jahrelange Stagnation der Wirtschaft beenden, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. "Deutschland ist wieder wirtschaftlich und militärisch handlungsfähig." Jetzt müssten die Infrastrukturgelder in die richtigen Projekte fließen. "Insgesamt geht es darum, ein glaubwürdiges Signal in die Privatwirtschaft zu senden, dass der Staat jetzt ernst macht mit der Investitionsoffensive. Nur dann werden Bau- und Handwerksbetriebe ihre Kapazitäten aufstocken."

Am Finanzmarkt kamen die Vorhaben gut an. Die deutschen und europäischen Aktienfutures, die zuvor aufgrund von Zollsorgen in den USA gefallen waren, stiegen. Die deutschen Dax-Futures lagen nur noch rund 1,5 Prozent im Minus, nachdem es Stunden zuvor beim Handelsschluss noch ein Minus von 3,5 Prozent war. Der Euro zog ebenfalls stark an und lag 1,1 Prozent höher bei 1,0606 Dollar.

Straffer Zeitplan 

Positiv äußerte sich auch IG-Metall-Chefin Christiane Benner: "Die Politik hat verstanden, dass jetzt schnell und beherzt gehandelt werden muss." Investitionen in technische und industrielle Infrastruktur, Sicherheit und Verteidigung dürften aber nicht zulasten von Sozialleistungen gehen.

Merz zufolge sollen die Vorschläge in der kommenden Woche ins Parlament eingebracht werden. Im neuen Bundestag gibt es eine Sperrminorität von AfD und Linken bei Entscheidungen, für die eine Zweidrittelmehrheit nötig ist.

Für den 13.03. und 17.3 sind die dafür notwendigen Lesungen im Bundesrat geplant. Bereits am 21.3 soll das Paket im Bundesrat verhandelt werden.

Hinweis: Dieser Artikel wurde aktualisiert.

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