Jede Lehrkraft kennt folgendes Szenario:
„Nächste Woche starte ich mit XY. Mir fällt kein guter Einstieg ein. Hast du da was?“
„Klar, ich habe mir Z überlegt. Ich schicke dir die Datei. Kannst du frei benutzen.“
Super. Man hat sich im Kollegium ausgetauscht, profitiert voneinander (es herrscht üblicherweise ja ein Geben und Nehmen) und für den Unterricht was (potentiell) Gutes gefunden. Aber was heißt „frei benutzen“ überhaupt?
Urheberrecht
Hinweis: Das Thema „KI-erzeugte Werke“ klammere ich bewusst aus.
In Deutschland und anderen Ländern gibt es das Urheberrecht. Dieses gibt dem Erzeuger eines Werks (Schriftstück, Bild, Musikstück,...) alle Rechte an dem Werk und allen anderen erst mal keine Rechte. Bekomme ich also ein Werk von bspw. einer Kollegin, so darf ich damit streng genommen nichts machen, außer gerade noch anschauen. Ich darf es weder vervielfältigen oder verteilen noch bearbeiten.
Aber eigentlich wollen wir das doch:
- Verteilen an Schüler:innen (analog oder digital)
- Bearbeiten, damit es zu meinem Unterricht passt
- Anpassen an neuen Bildungsplan, Erkenntnisse (NW) oder die Zeit (Geschichte,...)
- Ergänzen
- Bei Aufgaben: Ableiten zu neuen, aber ähnlichen Aufgaben zur weiteren Übung
Also wird gerne das „frei benutzen“ mitgegeben. Aber der Ausdruck ist nicht definiert. Besser sind da die sogenannten Creative Commons-Lizenzen.
Creative Commons
Zitat:
Creative Commons hat standardisierte Lizenzverträge entwickelt, die sogenannten CC-Lizenzen. Mit ihrer Hilfe können Urheber ihre Werke gezielt und in unterschiedlichen Stufen zur Nutzung für alle freigeben:
„manche Rechte vorbehalten“ statt „alle Rechte vorbehalten“
Wie weit diese Freigabe jeweils gehen soll, entscheidet die Urheberin bzw. der Urheber selbst, und zwar durch Auswahl genau desjenigen Lizenztyps, der am besten passt.
Quelle: https://de.creativecommons.net/start/
Die Creative Commons-Lizenzen (im Folgenden CC) bieten die Möglichkeit, manche Rechte zu erlauben, während andere ausgeschlossen werden. Als Urheber kann man bspw. das Bearbeiten erlauben, während man eine kommerzielle Nutzung nicht erlaubt. Viele kennen das wahrscheinlich von Bildern in der Wikipedia. Damit kann ich als Urheber feingranular bekannt geben, wie mit meinem Werk umzugehen ist.
Beispiel
Ich habe die Themen in der Oberstufe Chemie am Wirtschaftsgymnasium in Baden-Württemberg in einer Grafik zusammengestellt, damit der Kurs einen Überblick hat, was kommt bzw. was schon gewesen war.
Bild 1: Überblick über die Themen der Oberstufe in Chemie.
Dieses will ich meiner Kollegin zur Verfügung stellen, aber so, dass sie das selbst bearbeiten kann, wenn sich was ändert oder sie anders sortieren will. Ich will aber gleichzeitig nicht, dass das Bild kommerziell in Schulbüchern, Zusatzbüchern für die Oberstufe oder Webseiten verwendet wird ('non-commercial', nicht-kommerziell, NC). Sollte das Werk verändert werden, will ich nicht, dass die Lizenz ersetzt wird oder verfällt, sondern bleibt ('share alike', teilen zu gleichen Bedingungen, SA). Deswegen wähle ich die CC-Lizenz:
Namensnennung-Nicht kommerziell-Share Alike 4.0 International => CC-BY-NC-SA
Bild 2: Lizenzgrafik zu CC-BY-NC-SA von https://de.creativecommons.net/
Das "BY", also die Namensnennung, kommt eigentlich immer mit dazu, außer CC0 (siehe unten).
Anwendung
Da ich meine Grafik mit Inkscape erstellt habe, kann ich die CC-Lizenz gleich in den Dokumenteneinstellungen in Inkscape hinzufügen. Im exportierten PNG-Bild taucht diese CC-Lizenz dann auf.
Bild 3: Links: Lizenz-Dialog in Inkscapes „Dokumenteneigenschaften“-Dialog. Rechts: Eigenschaften in Dolphin zeigt die Lizenz an.
In LibreOffice gibt es zwar ein „Rechte“-Feld, das sich allerdings nicht auf Dateieigenschaften von bspw. einem exportierten PDF-Dokument auswirkt. Um die CC-Lizenz deutlich zu machen, hilft aber die Erweiterung „Creative Commons Gallery“, mit dem man die zur Lizenz gehörenden Grafiken bspw. in die Fußzeile einfügen kann.
Der LICENSE CHOOSER von Creative Commons ist sehr hilfreich dabei. Auf der Webseite dazu kann man sich ein mal durchklicken, dann „Website“ oder „Print Work or Media“ anwählen und bekommt alles, was man angeben muss. Das entsprechende Lizenz-Bild dazu ist sicherlich auch hilfreich.
Public Domain
Hat man eine Grafik erstellt, die man generell freigeben will für alle Zwecke und sogar ohne Namensnennung, dann bietet sich die sogenannte „Public Domain-Lizenz“ (CC0) an. Damit gibt man quasi alle Rechte an dem Bild ab und jede:r kann es frei für "alles" benutzen. Für CC0-lizenzierte Bilder gibt es auch Webseiten (siehe unten) und die üblichen Suchmaschinen bieten bei der Bildersuche eine Einschränkung auf CC0 an.
CC, OER und Freie Software
Der Begriff Open Educational Ressources (OER) wird gerne genutzt, um freie Bildungsangebote wie Bilder, Texte oder Podcasts zu kennzeichnen. Diese dürfen geteilt, bearbeitet und verwendet werden und sind üblicherweise auch frei von Werbung. Die dedizierte Webseite weist folgende Vorteile aus:
OER steht jedem weltweit zur VerfügungDurch Digitalisierung und Vernetzung kann das Material weit verbreitet und ausgetauscht werden
OER ermöglicht eine neue Art der Zusammenarbeit
Chancengleichheit im Bereich Bildung
Zeitersparnis beim Austausch und Wiederverwendung von Lehr-/Lernmaterialien
Gemeinsam können Bildungsmaterialien erstellt, aktualisiert, bearbeitet und perfektioniert werden
Grundlage für die Erstellung freier/CC-lizenzierter Inhalte ist freie Software wie Inkscape, Xournal++, OBS-Studio oder LibreOffice. Denn nur so kann garantiert werden, dass der Hersteller nicht doch seine Hand auf erstellte Werke hat. Man sehe sich den Fall von Adobe und Pantone an. Und dazu gehören bspw. auch freie Schriftarten wie Andika oder Gentium (OFL-Lizenz) sowie quelloffene Farbpaletten wie bspw. Open-Color.
Fazit
Bekommt man Material aus dem Kollegium oder von Webseiten darf man (streng genommen) diese weder verwenden oder verteilen noch verändern. Um hier Rechtssicherheit bspw. auch nach einem Schulwechsel zu schaffen, lohnt es sich, Dokumente mit einer Creative Commons-Lizenz zu versehen. Macht man das in seinen LibreOffice-Dokumentenvorlagen, ist der Arbeitsaufwand insgesamt auch sehr gering.
Ich finde die Creative Commons-Lizenzen sehr hilfreich. Als Beschäftigter an einer Schule arbeite ich für die Gemeinschaft, warum sollen meine erstellten Werke also nicht für alle verwendbar und bearbeitbar sein? Leider habe ich noch keine vernünftige Webseite gefunden, bei der ich mein CC-lizenziertes Material online stellen kann, sodass sie ohne Paywall, "Lade etwas hoch, um das runterzuladen" oder ähnlichen Schikanen genutzt werden können. Nur ein paar Bilder habe ich bei openclipart.org als CC0 hinterlegt und ein paar Seiten bei Wikibooks (bspw. Schulmathematik) erstellt. Wenn da jemand was weiß: her damit.
Quellen
- https://de.creativecommons.net/start/
- https://chooser-beta.creativecommons.org/
- https://de.creativecommons.net/was-ist-cc/
- https://extensions.libreoffice.org/en/extensions/show/creative-commons-clipart-gallery
- https://creativecommons.org/public-domain/
- https://open-educational-resources.de/
- Titelbild: https://pixabay.com/de/photos/pencils-ruler-notebook-education-4857736/
Quelle für CC0-lizenzierte Bilder und mehr:
- OpenClipart https://openclipart.org/ (leider sehr laggy)
- FreeSVG https://freesvg.org/ (teilweise mit Werbung für Shutterstock)
- Schriftart Andika: https://software.sil.org/andika/
- Schriftart Gentium https://software.sil.org/gentium/
- Quelloffene Farbpalette Open-Color: https://yeun.github.io/open-color/
Bilder von mir selbst, wenn nicht anders angegeben.
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Bild 2: von https://de.creativecommons.net/was-ist-cc/, 30.06.2024
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