Die AfD kritisiert die Wirtschaftspolitik der Ampel. Ein Gutachten hat nun die eigenen Ideen der Partei zur Wirtschaft untersucht und warnt: Sie würden Deutschland schaden.
Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat ein Gutachten zur Wirtschaftspolitik der AfD erstellt. Die Wissenschaftler gehen darin hart mit der Partei ins Gericht.
In dem Gutachten mit dem Titel "Rechtsaußen-Erstarken in Deutschland: Implikationen für den Wirtschaftsstandort" stellen die Experten die Auswirkungen für vier Themenfelder vor: Steuerpolitik, Europapolitik, Fachkräftesicherung und Transformationspolitik.
Auswirkungen einer AfD-Steuerpolitik
In der Bewertung der AfD-Steuerpolitik bezieht sich das IW auf das Wahlprogramm der Partei. Darin seien die umfangreichsten Forderungen nach Steuersenkungen verankert: 181 Milliarden Euro jährlich.
Das allein würde die staatliche Handlungsfähigkeit den Experten zufolge stark einschränken, weil Steuereinnahmen wegfallen würden. Dies gelte umso mehr, da die Partei eine massive Erhöhung der Renten auf 70 Prozent des letzten Nettoeinkommens fordert – inklusive eines enormen Zuschusses aus Steuermitteln des Bundes zur Rentenversicherung.
Das Fazit des IW: Die einkommensteuerpolitischen Vorschläge der AfD ähneln denen einer wirtschaftslibertären Partei. Höhere Einkommen sollen stark und niedrigere Einkommen schwächer entlastet werden.
Für eine Doppelverdiener-Familie bedeutete dies Entlastungen von knapp 8000 Euro respektive 5,9 Prozent des Bruttoeinkommens. Für Geringverdiener-Familien fielen Entlastungen auch anteilig deutlich geringer aus. Die AfD folge dem Motto "Einnahmen runter, Ausgaben rauf", während beispielsweise das der FDP "Einnahmen runter, Ausgaben aber auch" laute.
Ideen zum Fortbestand von EU und Euro
Die AfD fordert in ihrem Wahlprogramm den Austritt Deutschlands aus dem Euro-Währungssystem und die Rückkehr zur D-Mark und stellt die Mitgliedschaft der Bundesrepublik in der Europäischen Union (EU) infrage. Dabei wäre nach Angaben des IW ein Nachahmen des Brexits teuer: Nach nur fünf Jahren würden die Kosten 5,6 Prozent des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) – umgerechnet 690 Milliarden Euro – betragen; 2,5 Millionen Arbeitsplätze würden wegfallen. Ein Austritt aus dem Euro ist dabei noch gar nicht eingerechnet.
Kein anderes Thema werde laut IW von Unternehmen so kritisch gesehen wie die europapolitischen Vorschläge. 77 Prozent der Unternehmenslenker in Deutschland bewerteten das AfD-Erstarken als Risiko "für den Bestand der Europäischen Union und des Euros". Nur 3,4 Prozent würden darin eine Chance sehen.
Pläne der AfD in der Migrationspolitik
Zur Migrationspolitik der AfD schreibt das IW: "Obwohl die Rechtsaußen-Partei bislang nur mittelbar auf die Migrationspolitik wirkt, zeigt sich bei den begehrten ausländischen Fachkräften Wirkung: Gefragt nach den 'akuten betrieblichen Auswirkungen' der politischen Entwicklung, benennt knapp die Hälfte der Hauptgeschäftsführer von Wirtschaftsverbänden 'Schwierigkeiten, in AfD-Hochburgen Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen'."
Dabei könne die aus der Demografie erwachsende Krise nur mit ausländischen Erwerbstätigen ausgeglichen werden. Deutschlandweit erwirtschafteten die 6,7 Millionen ausländischen Beschäftigen 13,2 Prozent der Bruttowertschöpfung – allein 3,4 Prozentpunkte gingen auf die seit 2018 hinzugekommenen ausländischen Beschäftigten zurück.
Nehme man die vor- und nachgelagerten Impulse dieser Tätigkeiten hinzu, steige die wirtschaftliche Bedeutung sogar auf 16,9 Prozent (648 Milliarden Euro). Die Zuwächse an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung in Ostdeutschland wären in den vergangenen Jahren ohne Zuwanderung aus Drittstaaten nicht möglich gewesen, so das IW.
Implikationen für Fachkräftesicherung
Die AfD leugnet in ihrem Wahlprogramm den menschengemachten Klimawandel und wendet sich gegen die Klimapolitik. Als energiepolitisches Angebot kombiniert sie Windrad-Abbau, Kernenergie-Wiedereinstieg und Nordstream-II-Reparatur mit Abgaben- und Steuerentlastungen – die Antwort, wie sie das in Koalitionen und gegen den Widerstand weiter Teile der Bevölkerung durchsetzen will, bleibe sie schuldig, urteilt das IW.
Bei Unternehmen verfange das energiepolitische AfD-Angebot nicht, so die Experten: Für 67,2 Prozent sei das langfristige Erstarken der Partei ein Risiko für die Transformationspolitik; nur sieben Prozent betrachteten es als eine Chance. Aus der Wirtschaft werde die Partei in Schulnoten für ihre Energiepolitik im Durchschnitt mit einem glatten "mangelhaft" (5,0) abgestraft.