Millionen Tote, Artensterben und Verschmutzung: Ein neuer Bericht mahnt eindringlich vor den Folgen fossiler Brennstoffe und einer Industrie, die jahrzehntelang täuschte.
An Deutlichkeit lassen es die beteiligten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen kaum vermissen: In einem heute veröffentlichten Bericht warnen elf führende Forschende so eindringlich wie selten davor, dass fossile Brennstoffe wie Erdöl und Erdgas die Zukunft der Menschheit gefährden.
"Die Wissenschaft kann nicht klarer sein", sagt Shaye Wolf, Leiterin der Klimawissenschaft am Center for Biological Diversity und Hauptautorin des Berichts: "Fossile Brennstoffe bringen uns um. Öl, Gas und Kohle werden uns weiterhin zu mehr Todesfällen, zum Aussterben von Tieren und zu extremen Wetterkatastrophen verdammen, wenn wir nicht dafür sorgen, dass schmutzige fossile Brennstoffe der Vergangenheit angehören. Saubere, erneuerbare Energie ist da, sie ist erschwinglich, und sie wird Millionen von Menschenleben und Billionen von Dollar retten, sobald wir sie zum Herzstück unserer Wirtschaft machen."
Millionen von vorzeiten Todesfällen durch fossile Brennstoffe
Der Bericht fasst die wissenschaftlichen Erkenntnisse zusammen, die zeigen, dass fossile Brennstoffe nicht nur die Klimakrise, sondern auch Gesundheitsschäden, den Verlust der Artenvielfalt und die Umweltverschmutzung durch Kunststoffe und Agrochemikalien verursachen.
Dabei nehmen die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen vor allem die USA ins Visier, den weltgrößten Öl- und Gasproduzenten und Hauptverursacher der Krise bei den fossilen Brennstoffen.
Fossile Brennstoffe seien für etwa 90 Prozent der vom Menschen verursachten Kohlendioxidemissionen verantwortlich, die das Klima aufheizen, die Ozeane versauern lassen und zu beispiellosen Klimakatastrophen führen. Die durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe verursachte Luftverschmutzung sei jedes Jahr für Millionen von vorzeitigen Todesfällen weltweit und Hunderttausende von vorzeitigen Todesfällen allein in den Vereinigten Staaten verantwortlich. Die Klimakrise verursache zusätzliche Todesfälle sowie körperliche und psychische Gesundheitsschäden durch eskalierende Klimakatastrophen, die Übertragung von Krankheiten, Ernährungsunsicherheit und die Vertreibung von Menschen.
"Wir müssen schnell handeln!"
Auf der Grundlage ihrer Erkenntnisse und jahrzehntelanger Forschung fordern die Autoren die Regierungen auf, die Expansion der fossilen Brennstoffe sofort zu stoppen und den Ausbau bestehender fossiler Brennstoffe auslaufen zu lassen, um die Schäden durch die Klimakrise zu begrenzen.
"Die Verschmutzung durch fossile Brennstoffe wirkt sich in jeder Lebensphase auf die Gesundheit aus und birgt ein erhöhtes Risiko für Erkrankungen, die von Frühgeburten über Leukämie im Kindesalter bis hin zu schweren Depressionen reichen", sagte Mitautor David J.X. González, Assistenzprofessor für Umweltgesundheitswissenschaften an der UC Berkeley School of Public Health. "Wir müssen schnell handeln, um den Betrieb fossiler Brennstoffe in der Nähe unserer Häuser, Schulen und Krankenhäuser zu beenden und die Infrastruktur für fossile Brennstoffe gegen gesunde, saubere Energie einzutauschen."
Fossile Brennstoffe schaden zwar allen Menschen, dem Bericht zufolge sei die Förderung, Verarbeitung und Nutzung fossiler Brennstoffe für farbige und einkommensschwache Bevölkerungsgruppen jedoch unverhältnismäßig schädlich.
Investitionen in am stärksten verschmutze Gebiete gefordert
"Jahrzehntelange diskriminierende Politiken wie das sogenannte Redlining haben die Erschließung fossiler Brennstoffe auf schwarze, braune, indigene und arme weiße Gemeinden konzentriert, was verheerende Folgen hat", sagte Robin Saha, außerordentlicher Professor an der Universität von Montana.
Der Begriff "Redlining" ist zu einer Abkürzung für viele Arten rassistischer Ausgrenzungstaktiken im Immobilienbereich geworden. Ursprünglich geht das Redlining auf die Zeit der 1930er Jahre zurück, in der Karten der Regierung entstanden, in denen Gebiete eingezeichnet waren, in denen Schwarze lebten. Sie galten als riskante Investitionen.
"Viel zu lange wurden diese Gemeinden an der Peripherie von gierigen, gefühllosen Industrien als Opferzonen behandelt. Die am stärksten verschmutzten Gemeinden sollten nun vorrangig für Investitionen in saubere Energie und die Beseitigung und Sanierung der schmutzigen Infrastruktur für fossile Brennstoffe genutzt werden", so Saha.
Ein Drittel der Tier- und Pflanzenwelt könnte verloren gehen
Ein weiterer Bereich, den die Forschenden anmahnen, ist der Einfluss der fossilen Energieträger auf die Umwelt und die Artenvielfalt: Bis zu einem Drittel der Tier- und Pflanzenwelt könnte in den nächsten 50 Jahren für immer verloren gehen, wenn die fossilen Brennstoffe nicht kontrolliert werden, heißt es in der Zusammenfassung. Zudem würde die Industrie für fossile Brennstoffe die Produktion von Kunststoffen anheizen, was zu einer allgegenwärtigen Verschmutzung von Luft, Wasser, Boden, Nahrungsmitteln, Wildtieren und Menschen führe.
Dass die Menschheit sich in diese Katastrophe hineinmanövriert habe, liege auch an einer jahrzehntelangen, milliardenschweren Desinformationskampagne der Industrie für fossile Brennstoffe, so die Autoren und Autorinnen. Man hätte versucht, die Gefahren der Produkte zu verschleiern und Maßnahmen zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen zu blockieren.
"Die Industrie für fossile Brennstoffe hat uns jahrzehntelang über die Schäden ihrer Produkte getäuscht und daran gearbeitet, sinnvolle Klimaschutzmaßnahmen zu verhindern", sagte Naomi Oreskes, Professorin für Wissenschaftsgeschichte an der Harvard University. "Perverserweise geben unsere Regierungen weiterhin Hunderte von Milliarden Dollar an Subventionen für diese schädliche Industrie aus. Es ist höchste Zeit, dass das aufhört."