Dschungelcamp heißt, hungern zu können. Die Promis müssen sich mit Reis und Bohnen begnügen. Viele nehmen rasant ab. Eine Ernährungsexpertin erklärt, wie gesund das ist.
Das Dschungelcamp ist kein Garten Eden. Wer sich dort hinwagt, muss leidensfähig sein. Der Aufenthalt kann an die Substanz gehen. Das liegt auch an der Ernährung, denn im Camp herrscht alles andere als Fettlebe. Die Versorgungslage ist übersichtlich. Ein paar Bohnen und Reis müssen genügen, mehr – Gemüse oder sogar Fleisch – ist nur drin, wenn sich die Teilnehmer in den Prüfungen beweisen.
Die Folge: Viele Promis specken durch die Radikal-Diät ordentlich ab. In der Vergangenheit sollen manche bis zu zehn Kilo während der knapp drei Dschungel-Wochen verloren haben. Aber ist das auch empfehlenswert? Der stern hat bei Ernährungsexpertin Dagmar von Cramm nachgefragt.
Wenig Essen, wenig Energie
Zuerst einmal: Der Gewichtsverlust ist nicht verwunderlich. Die Dschungelcamper sind nicht nur körperlichen, sondern auch psychischen Strapazen ausgesetzt – sie müssen in einem Raum voller Schlangen ausharren, in Fleischabfällen tauchen und gekochten Känguruanus essen. Das zehrt an den Nerven und frisst Energie. Genau die bekommen sie aber nur in kleinen Rationen auf die Teller.
Der Speiseplan ist einseitig, die Mengen dürftig. Täglich stehen den Bewohnern 70 Gramm Reis und 70 Gramm Bohnen zu. Insgesamt sind das nur etwa 450 bis 500 Kalorien – ein paar Kohlenhydrate, ein paar Proteine sowie wenige Mineralien, Vitamine und Ballaststoffe. Der Kalorienbedarf von Erwachsenen liegt weit höher. Wie hoch, ist unter anderem abhängig von Geschlecht, Größe und Alter. Gemäß den Zahlen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) beträgt der Energiebedarf bei Frauen im Durchschnitt rund 2000 Kilokalorien, bei Männern sind es rund 2600 Kilokalorien bei geringem Aktivitätslevel.
Bekommt der Körper zu wenig Energie, gehe er in den Sparmodus, sagt Dagmar von Cramm: "Die Körpertemperatur sinkt, man wird müde." Besonders wenn die Kalorienzufuhr über Tage zu gering ist, kann das schwächen – körperlich wie geistig. Unkonzentriertheit, Schwindelgefühl, Kopfschmerzen, Übelkeit und Kreislaufprobleme sind einige der möglichen Symptome. Verstärkt werden können diese durch einen Mangel an Salz.
Eine ungünstige Ausgangsposition für die Dschungelcamp-Teilnehmer, die mitunter herausfordernde Prüfungen absolvieren müssen. Und eine Spirale: Denn je mehr der Körper leistet, desto größer ist wiederum der Energiebedarf – und der Hunger.
Schwächesymptome durch Proteinmangel
Dazu kommt, dass die für den Menschen empfohlene tägliche Proteinmenge, mit der Reis-Bohnen-Diät – wenn überhaupt – nur knapp erreicht wird. Eiweiße sind eine wichtige Energiequelle und werden unter anderem als Baustoff für Zellen und für den Erhalt und Aufbau von Muskeln benötigt. Bei Erwachsenen ab 19 bis unter 65 Jahre beträgt die empfohlene Proteinmenge 0,8 Gramm pro Kilo Körpergewicht. Eine Frau mit 60 Kilogramm Körpergewicht hätte damit einen Tagesbedarf von zirka 48 Gramm, Männer mit 80 Kilogramm Körpergewicht müssten täglich etwa 64 Gramm Protein zuführen.Adipositas: 84 Kilo in zwei Jahren abgenommen 18.35
"Natürlich werden die Teilnehmer abnehmen – aber leider zunächst Muskeleiweiß, erst später Fett", so die Ernährungsexpertin. Das sei auch der Grund, warum sie später "wohl auch schnell wieder zunehmen" werden. Ist die Proteinzufuhr defizitär, baut sich die Muskulatur zuerst ab. Gerade für wenig sportliche und ältere Dschungelcamper kann das zur Herausforderung werden. Im Alter wird die Muskelmasse ohnehin weniger, im Schnitt gehen ab dem 50. Lebensjahr rund ein bis zwei Prozent Muskelmasse verloren. Durch die proteinarme Ernährung kann der Muskelabbau zusätzlich beschleunigt werden.
Der Grundumsatz, also die Mindestmenge an Kalorien, die der Körper am Tag benötigt, hänge von der Muskelmasse ab. "Wenn sie sinkt, sinkt auch der Kalorienbedarf", sagt Dagmar von Cramm. Der Körper passt sich an den Mangelzustand an, wird er behoben, droht der berühmte Jojo-Effekt.
Reihenweise Promis brechen das Dschungelcamp vorzeitig ab
Harry Wijnvoord brach das Dschungel-Experiment einst ab, weil ihm die Versorgungslage zu sehr zusetzte. Michael Wendler begründete seinen Ausstieg damit, dass er sich schwach fühlte. Angelina Heger zog aus dem Camp, weil es ihr "nervlich und körperlich nicht gut" ging. Und Gunter Gabriel und Rolf Zacher landeten nach dem Camp direkt im Krankenhaus, weil ihnen Hitze und Nahrungsmangel stark zu schaffen gemacht hatten. Die Liste ist fortsetzbar.
Ist die Reis-Bohnen-Diät am Ende nichts anderes als ein Werkzeug, um die Teilnehmer zu schwächen und sie durch die Hungersituation in Stress zu versetzen? Schließlich kann anhaltender Hunger die Psyche erheblich beeinflussen und Menschen reizbar machen. Forscher haben herausgefunden, dass sich Hunger zu einer Wut-Hunger-Kombination auswachsen kann. Stichwort: "hangry". Das wirkt sich auch auf die Stimmung im Camp aus.Dschungelcamp Tag 5 22.15
Dschungel-Diät mit positiven Effekten?
Trotz der negativen Folgen der Dschungel-Diät kann die Ernährungsexpertin Dagmar von Cramm ihr auch Positives abgewinnen. Denn während die Diät Menschen mit Untergewicht zusetzen würde, könnten vor allem Übergewichtige profitieren. "Bei der Dschungel-Diät handelt es sich um ein modifiziertes Fasten, das über den Zeitraum sogar eine positive Wirkung haben kann", sagt sie.
"Blutdruck, Cholesterinspiegel und Insulin-Sensitivität normalisieren sich. Die Zellen reagieren wieder normal auf Blutzucker und verstoffwechseln ihn mithilfe von Insulin", so die Expertin. Sie ist sogar der Meinung, dass bei manchen Teilnehmern nach ein paar Tagen nicht Konzentrationsstörungen, sondern Fasteneuphorie aufkommen könnte.
Hinweis der Redaktion: Der stern ist Teil von RTL Deutschland