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Die Trump-Administration startet mit radikalen Maßnahmen, welche die Gerichte auf den Plan rufen. Vizepräsident Vance stellt die Befugnisse der Justiz infrage. Experten sehen darin den womöglich entscheidenden "Kampf" dieser Präsidentschaft.
Die Äußerungen des US-Vizepräsidenten J.D. Vance zu den Kontrollrechten der Justiz gegenüber der Exekutive sorgen für heftige Kritik. Die Aussage von Vance "öffnet die Tür zu einem potenziell gefährlichen Weg", sagte Quinta Jurecic, Experte beim privaten Forschungsinstitut Brookings, der "New York Times". "Was Vance hier andeutet, ohne es direkt zu sagen, ist, dass die Exekutive möglicherweise auf eine gerichtliche Anordnung reagieren könnte, indem sie dem Gericht sagt: 'Sie greifen verfassungswidrig in meine Befugnisse ein, und ich werde nicht tun, was Sie sagen.'" Dann "zerfalle" die Verfassung, so die Wissenschaftlerin.
Am Sonntag hatte US-Vizepräsident Vance in einem Social-Media-Beitrag die Rechte der Justiz infrage gestellt. "Die Richter dürfen die legitime Macht der Exekutive nicht kontrollieren", erklärte der Republikaner auf X. "Würde ein Richter versuchen, einem General vorzuschreiben, wie er eine militärische Operation durchzuführen hat, wäre das illegal. Wenn ein Richter versucht, dem Generalstaatsanwalt zu befehlen, wie er seinen Ermessensspielraum als Ankläger zu nutzen hat, ist das ebenfalls illegal", behauptete Vance weiter.
"Für diejenigen unter uns, die glauben, dass wir uns mitten in einer Verfassungskrise befinden, ist dies der springende Punkt", so der demokratische Senator Chris Murphy auf X zu Vance' Ansinnen. "Trump und Vance legen den Grundstein dafür, die Gerichte zu ignorieren - die letzte Verteidigungslinie der Demokratie gegen die unkontrollierte Macht der Exekutive."
Richter stellt Missachtung von Urteil fest
Ein Bundesrichter im US-Bundesstaat Rhode Island stellte nun laut "New York Times" fest, dass sich das Weiße Haus seiner Anweisung widersetzt hat, Bundeszuschüsse in Milliardenhöhe freizugeben. Damit hat zum ersten Mal ein Richter ausdrücklich festgehalten, dass die Trump-Administration ein richterliches Mandat missachtet.
Der Verfassungsrechtsexperte Michael Gerhardt erklärte gegenüber ABC, dass "Richter das Recht haben, die Verfassungsmäßigkeit präsidialer Handlungen zu überprüfen." Er prognostiziert eine lange andauernde Auseinandersetzung. "Der Konflikt zwischen der Trump-Administration und den Gerichten ist nicht nur im Entstehen begriffen, sondern wird wahrscheinlich während seiner gesamten zweiten Amtszeit andauern", so der Jurist. "Ich denke, dieser Kampf wird Trumps Präsidentschaft bestimmen."
Auch die ehemalige republikanische Kongressabgeordnete Liz Cheney kritisierte Vance Einwurf. "Wenn Sie glauben, dass eines der zahlreichen Bundesgerichte, die bisher gegen Sie entschieden haben, ihre gesetzlichen oder verfassungsmäßigen Befugnisse überschreitet, können Sie in Berufung gehen", so Cheney auf X. "Sie können nicht wutentbrannt die Republik aufgeben, nur weil Sie verlieren. Das ist Tyrannei."
Hintergrund des Angriffs auf die US-Justiz durch den Trump-Vize: Gerichte beschäftigen sich derzeit mit einer Vielzahl an politischen Manövern Trumps und seiner Gefolgsleute. Und blockieren diese an mehreren Stellen.
Dutzende Verfahren gegen die Trump-Administration
Laut einem Bericht der "New York Times" sind derzeit mehr als 40 Verfahren gegen die Trump-Administration anhängig. Zu den Streitpunkten zählen unter anderem Trumps Versuch der Rücknahme des Geburtsrechts auf Staatsbürgerschaft und der Zugang des Doge-Teams von Elon Musk zum Zahlungssystem des US-Finanzministeriums. Doge bildet eine Art Spezialeinheit im Regierungsapparat und plant massive Streichungen bei Ausgaben und Personal.
Musk hatte einen für die Blockade verantwortlichen Richter im Nachgang bereits als "Aktivisten" diffamiert. Später legte er auf X mit einem Vorschlag nach, die "schlechtesten 1 Prozent der ernannten Richter" jedes Jahr zu entlassen. "Dadurch werden die korruptesten und am wenigsten kompetenten Richter aussortiert", so der Präsidentenberater.
Die Historikerin und Expertin für rechte Bewegungen in den USA Annika Brockschmidt hatte das aktuelle Vorgehen Musks und Trumps bei ntv bereits als "administrativen Staatsstreich" bezeichnet. Auch die Juristin und Finanzexpertin Sandra Navidi diagnostizierte bei ntv eine bereits stattfindende "dramatische Durchbrechung der Gewaltenteilung".