Die Dating-App Romeo für Schwule hat ihre Nutzer zur Bundestagswahl befragt. Das Ergebnis: Die AfD ist der Favorit. Doch die Umfrage hat mehrere Haken.
Wenige Wochen vor der Bundestagswahl führen die Meinungsforschungsinstitute eine Sonntagsfrage nach der anderen durch, um die Wählerabsichten zu ermitteln. Doch die sexuelle Orientierung wird bei diesen Wahlumfragen in der Regel nicht berücksichtigt.
Das bemängelt die Dating-Plattform Romeo, die sich an schwule und bisexuelle Männer sowie an Transgender, Queers und nicht-binäre Menschen richtet. Dass diese Gruppe in Wahlumfragen nicht gesondert abgefragt wird, führe zu einer "großen Lücke im Verständnis der Wahlpräferenzen" von LGBTQ-Personen.
Romeo schickte deshalb eine Nachricht an seine Nutzer mit der Bitte, an einer internen Wahlumfrage zur Bundestagswahl am 23. Februar teilzunehmen. 60.560 Nutzer folgten diesem Aufruf.Alice Weidel Porträt Heft 09.26
Bundestagswahl: AfD bei Schwulen laut Umfrage hoch im Kurs
"Obwohl Romeo in erster Linie eine Dating-App ist, glauben wir, dass gerade die große Reichweite innerhalb unterschiedlichster gesellschaftlicher Gruppen es uns ermöglicht, wichtige Daten zu erheben", heißt es von der Plattform. Ziel sei es, den Nutzern der App eine Stimme zu geben und zu "fundierten gesellschaftlichen Diskussionen beizutragen".
Eine Partei ist in der Umfrage mit deutlichem Abstand Favorit: die Alternative für Deutschland, AfD. 27,9 Prozent der Nutzer würden der Rechtsaußenpartei ihre Stimme geben. Die Grünen folgen mit 19,9 Prozent, die CDU/CSU mit 17,6 Prozent und die SPD mit 14,2 Prozent. Die Linke, der BSW und die FDP liegen dahinter, während "Sonstige" auf 7,3 Prozent kommen.
Zwischen den Altersgruppen zeigen sich dabei deutliche Unterschiede. Bei den 18- bis 24-Jährigen erreicht die AfD 34,7 Prozent, bei den über 60-Jährigen hingegen sind es knapp 20 Prozent. Die SPD kommt in dieser Altersgruppe auf 20,8 Prozent – bei den Jüngsten nur auf magere 6,4 Prozent. Die Linke ist dagegen mit 19,2 Prozent die zweitbeliebteste Partei bei den 18- bis 24-jährigen Romeo-Nutzern.
Der hohe Zuspruch für die AfD dürfte viele überraschen. Zwar hat die Partei mit Alice Weidel eine lesbische Parteivorsitzende, die mit einer Frau zusammenlebt und gemeinsam Kinder großzieht. Aus der Partei selbst gab es in der Vergangenheit allerdings trans- oder queerfeindliche Äußerungen.
Zweifel an Repräsentativität der Umfrage
Die Umfrage hat aber nicht nur einen Haken, sondern gleich mehrere.
Der erste und wohl größte ist der Zweifel, ob die Erhebung überhaupt repräsentativ ist. Romeo räumt ein, dass die Methode auf einer selbst auswählenden Stichprobe basiert. Man schicke eine In-App-Nachricht mit einem Link zur Teilnahme an alle Nutzer im jeweiligen Land. Jeder, der Interesse habe, könne anonym mitmachen. "Wir fragen nur nach dem Alter und den Wahlabsichten."
Romeo betont, dass diese Methode zwar häufig verwendet wird, aber nicht für statistisch genaue Wahlprognosen geeignet ist. Zudem sind lesbische Frauen auf Romeo nicht vertreten, sodass die Umfrage nicht die Wahlabsichten aller Homo- oder Bisexuellen widerspiegelt.FS Chronik AfD 17.34
Skeptisch ist auch der AfD-Experte Andreas Hövermann. Bereits im Frühjahr 2024 äußerte er sich zu einer ähnlichen Romeo-Umfrage. Eine große Teilnehmerzahl sei kein Kriterium für eine gute und repräsentative Umfrage, besonders bei einer so speziellen Zielgruppe, sagte er "BuzzFeed News Deutschland".
Auch in anderen Ländern wählen Romeo-Nutzer eher rechts
Außerdem räumt Romeo ein, dass eine Manipulation der Umfrage nicht ausgeschlossen werden kann. "Während wir die Links nicht außerhalb der App teilen, können wir nicht ausschließen, dass sie weitergegeben werden." Der Umfragepartner der Plattform arbeite daran, Mehrfachteilnahmen zu verhindern.
Zweifel an den Ergebnissen der Romeo-Umfrage sät auch eine eigene Wahlumfrage des LGBT-Onlinemagazins "Queer" vom Dezember. Hier lagen die Grünen mit 44 Prozent vorne, gefolgt von der Linkspartei (16,2 Prozent) und der SPD (15,2 Prozent). Auch diese Umfrage ist nicht repräsentativ und theoretisch beeinflussbar, wie "Queer" anmerkt.Bundestagswahl 2025 15:36
Romeo führte ähnliche Wahlumfragen auch in anderen Ländern durch, die dabei ebenfalls eine Tendenz zu rechten Parteien zeigten. In Österreich lag im September letzten Jahres die rechtspopulistische FPÖ mit 29,3 Prozent vorne. In Frankreich erreichte der rechte Rassemblement National im Juni 2024 knapp 28 Prozent und lag damit nur knapp hinter der linken Nouveau Front populaire. In Großbritannien hingegen ein anderes Bild: Hier führte die sozialdemokratische Labour Party mit fast 45 Prozent.
Quellen: Romeo, "Queer", Amadeu Antonio Stiftung, "Focus", "Frankfurter Rundschau"