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Briefträger und Postboten: Post streicht 8.000 Stellen



Briefträger und Paketboten konnten sich erst kürzlich etwas freuen: Ein neuer Tarifvertrag gestand ihnen eine bessere Bezahlung zu. Nun aber folgt ein herber Dämpfer für die Belegschaft.

Nach einem Gewinneinbruch drückt die Deutsche Post auf die Kostenbremse und streicht bis Jahresende 8.000 Arbeitsplätze. Den Stellenabbau bedauere man, aber angesichts des Rückgangs der Briefmenge und des hohen Kostendrucks sei dieser nötig, sagte der Vorstandsvorsitzende des Logistikkonzerns DHL, Tobias Meyer, in Bonn. 

Der Jobabbau betrifft den Konzernbereich Post & Paket Deutschland, der zum Jahreswechsel 187.000 Beschäftigte hatte und dessen Marke Deutsche Post heißt. Es geht um den Versand von Briefen und Paketen. 

Konzernchef Meyer sprach davon, dass die Personalaufwendungen für Post & Paket Deutschland derzeit im Jahr bei neun Milliarden Euro liegen. Bei einem Stellenabbau von etwa vier Prozent ergibt sich daraus rechnerisch eine Einsparung von 300 bis 400 Millionen Euro pro Jahr. Auch in anderen Konzernbereichen wird der Rotstift angesetzt, insgesamt will DHL mit ihren weltweit rund 600.000 Beschäftigten bis Ende 2026 mehr als eine Milliarde Euro jährlich sparen. 

Der Abbau bei Post & Paket Deutschland soll sozialverträglich und über die "natürliche Fluktuation" erfolgen. Damit ist gemeint, dass Arbeitnehmer freiwillig den Konzern verlassen - etwa weil sie in Rente gehen oder zu einer anderen Firma wechseln und ihre Jobs dann nicht nachbesetzt werden. 

Der Vorstand stellte Jahreszahlen für 2024 vor, die durchwachsen ausfielen. Im vergangenen Jahr konnte der Logistiker seinen Umsatz zwar um 3 Prozent auf 84,2 Milliarden Euro steigern, das Betriebsergebnis (Ebit) sackte aber wegen gestiegener Kosten um 7,2 Prozent auf 5,9 Milliarden Euro.

Im Deutschland-Geschäft drückt der Schuh

Der Konzernbereich Post & Paket Deutschland - also das Geschäft der Deutschen Post - kam Firmenangaben zufolge auf einen Umsatz von rund 17,3 Milliarden Euro, was ein Plus von 2,7 Prozent war. Das Betriebsergebnis sank um 5,6 Prozent auf 821 Millionen Euro. Im Digitalzeitalter schrumpft die Briefmenge seit langem, im vergangenen Jahr lag der Rückgang bei acht Prozent, vor allem der Schwund bei der Werbepost war deutlich - manche Firma verzichtete auf Werbebriefe und setzte stattdessen auf Mail- oder Internet-Werbung. Die Paketmengen legten hingegen um 4,7 Prozent zu. 

Das Stammgeschäft der Post in Deutschland ist eher ein Sorgenkind für den globalen Konzern, andere Geschäftsfelder sind lukrativer - etwa die Express-Sendungen. Auch Lieferketten-Dienstleistungen und das Frachtgeschäft bringen mehr Profit. Beim Blick nach vorn ist das DHL-Management vorsichtig. Man rechne weiterhin "mit einem gedämpften makroökonomischen Umfeld", hieß es. 

Briefversand soll sich nicht zusätzlich verlangsamen

In Deutschland hatte die Post das Briefporto zum Jahreswechsel anheben dürfen, der Briefversand verteuerte sich um 10,5 Prozent. Das war der Post nicht genug, sie hatte kräftiger an der Preisschraube drehen wollen. Das wiederum ließ die Bundesnetzagentur nicht zu. 

Seit dem Jahresbeginn hat die Post wegen einer Gesetzesreform weniger Zeitdruck bei der Beförderung von Briefen. Nun muss sie die allermeisten Briefe erst drei Werktage nach Einwurf zugestellt haben; zuvor musste sie einen Großteil der Sendungen schon am nächsten Werktag ausgeliefert haben. 

Allerdings hatte das Management gesagt, dass man den zusätzlichen Spielraum nicht sofort ausnutzen werde - die meisten Briefe sollen zunächst zwei Werktage nach Einwurf zugestellt werden und nicht erst nach drei Tagen. Erst im Laufe von etwa zwei Jahren soll der neue Spielraum für die "Laufzeiten" - also die Zeit des Briefversands vom Einwurf bis zur Auslieferung - ausgeschöpft werden. 

Ändert sich nun etwas, weil die Post wegen des Sparprogramms weniger Briefträger und Paketbote haben wird? "Wir nutzen graduell die Laufzeitmöglichkeiten aus", antwortete Manager Meyer. Das ändere sich durch den jetzt bekanntgegebenen Stellenabbau nicht. 

CEO Meyer: "Es wird noch sehr lange Briefe geben"

Den herben Wandel im Briefgeschäft macht auch eine Nachricht aus Dänemark deutlich: Das staatliche Postunternehmen Postnord stellt dort Ende dieses Jahres seine Briefzustellung ein. Grund ist der rapide gesunkene Bedarf an Briefen im Digitalzeitalter. 

Auf die Frage, wann denn nach seiner Einschätzung die Post ihren letzten Brief in Deutschland ausliefern werde, sagte Meyer: "Ich glaube, es wird noch sehr lange Briefe geben - gerade in Bezug auf gewisse Kommunikationsanlässe wie Wahlen wird man sich vielleicht auch noch einmal rückbesinnen, dass das eine oder andere digital vielleicht doch nicht so sicher funktioniert." Er werde vermutlich schon in Rente sein, wenn es in Deutschland so weit sei, sagte der 49-Jährige. "Die Deutsche Post wird noch viele Briefe in Deutschland zustellen." 

Gehälter rauf, Beschäftigtenzahl runter

Die Ankündigung des Jobabbaus in Deutschland erfolgt nur zwei Tage nach einem Tarifabschluss mit Verdi für rund 170.000 Briefträger, Paketboten und anderen Logistik-Mitarbeiter. Der zwei Jahre laufende Tarifvertrag sieht ein Entgelt-Plus von zunächst zwei Prozent und im zweiten Jahr um weitere drei Prozent vor. Nach der Einigung am Dienstag hatte der DHL-Vorstand verlautbart, dass man "Kostensenkungsmaßnahmen konsequent erweitern und beschleunigen" werde. Nun konkretisierte das Management dieses Vorhaben mit dem Jobabbau. 

Post-Betriebsratschef Thomas Held nannte den Stellenabbau "total erschreckend". Nach seiner Einschätzung könnte damit noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht sein. "Wir befürchten, dass das nur die Spitze vom Eisberg sein wird und dass weitere Tausende von Arbeitsplätzen wegfallen werden", sagte der Arbeitnehmervertreter. Das könnte noch dieses Jahr passieren. 

Grund dafür könnte die Postgesetzreform sein, der zufolge kleine Briefwettbewerber der Post von der Umsatzsteuer befreit sind. Diesen Steuervorteil hatte bislang nur die Post als sogenannter Universaldienstleister, der überall in Deutschland Briefe austragen muss. Die nur regional tätigen Wettbewerber müssen das nicht. Held appelliert an die Politik, den durch die Reform eingeleiteten "unfairen Preiswettbewerb" zu beenden und der Post wieder den alten Steuervorteil einzuräumen, schließlich habe sie auch deutlich mehr Kosten als die Konkurrenz. 

Verdi-Vize Andrea Koscis sah es ähnlich. "Der beabsichtigte Stellenabbau ist Ergebnis eines durch die Politik geförderten unfaireren Wettbewerbs in einem immer schneller schrumpfenden Briefmarkt", sagte die Gewerkschafterin. An dem Tarifabschluss liege es nicht, betonte sie. An der Börse kamen die Sparpläne gut an, der Aktienkurs legte deutlich zu.

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