Gibt es rund um die Verabschiedung des Bundeshaushalts doch noch mal Bewegung? Es sieht ganz danach aus. Wirtschaftsminister Habeck gibt offenbar seine Sperrhaltung bei den nicht benötigten Intel-Milliarden auf und bietet sie zum Stopfen des Finanzlochs an. Er stellt aber eine Forderung.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck signalisiert im Streit der Ampelkoalition über einen Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik Kompromissbereitschaft. Die eigentlich im Transformations- und Klimafonds KTF enthaltenen zehn Milliarden Euro für den Chipkonzern Intel könnten auch zur Reduzierung von Haushaltslöchern genutzt werden, sagte der Grünen-Politiker in Berlin. Bisher hatte er stets betont, die Gelder müssten im KTF bleiben und für andere Projekte verwendet werden.
Für die Förderung der Chipfabrik des US-Konzerns Intel waren insgesamt zehn Milliarden Euro eingeplant, vier Milliarden Euro davon im kommenden Jahr. Intel hatte Mitte September angekündigt, den Bau des Werks in Magdeburg vorerst auf Eis zu legen. Der Schritt wäre ein Entgegenkommen Habecks Richtung Finanzminister Christian Lindner.
Habeck: Ohne Haushalt droht lange Hängepartie
Habeck ergänzte, die Koalition aus SPD, Grünen und FDP könne sich auf einen Haushalt für 2025 verständigen. Die Lücke zu schließen, sei "keine geringe, aber eine lösbare Herausforderung". Dies erfordere aber noch einmal eine große Kraftanstrengung. Ohne Haushaltseinigung stehe Deutschland eine lange Hängepartie bevor. "Hängepartie oder Handlungsfähigkeit, das ist hier die Alternative. Ich bin eindeutig dafür, dass wir Letzteres, nämlich die Handlungsfähigkeit, in dieser herausfordernden Zeit beweisen", so der Grünen-Politiker.
Der Vizekanzler räumte ein, dass die Ampel-Regierung in schwerem Fahrwasser sei. "Die letzten Tage waren schlecht für Deutschland." Der Streit habe nicht das Vertrauen in die Regierung gestärkt - und dies zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt, weil Russland auf dem Vormarsch in der Ukraine sei, die wichtige US-Wahl bevorstehe und die Wirtschaft sich schlecht entwickele. "Dies ist die schlechteste Zeit, dass die Regierung scheitert."
Außenministerin Annalena Baerbock äußerte sich ähnlich. Sie appellierte angesichts der derzeitigen Lage in der Ukraine und eines möglichen Wahlsiegs von Donald Trump an die Verantwortung, die die Bundesregierung trage. Vor dem Hintergrund, dass man etwa nicht wisse, wie die US-Wahl ausgehe, "sollten wir uns immer wieder vergegenwärtigen, dass wir als Deutsche, dass wir als Europäer eine besondere Verantwortung tragen", sagte die Grünen-Politikerin bei einem Treffen mit ihrem ukrainischen Amtskollegen Andrij Sybiha in der Hauptstadt Kiew.
Baerbock fordert: ein bisschen zusammenreißen
"Wir sollten im Angesicht dieses brutalen Angriffs von Russland auf die Freiheit und den Frieden in der Ukraine uns immer wieder vergegenwärtigen, wie klein eigentlich unsere eigenen Sorgen sind", fügte Baerbock hinzu. Mit Blick auf die Koalitionspartner ergänzte sie, "dass wir uns im Sinne dieser internationalen Verantwortung vielleicht alle ein bisschen zusammenreißen, einfach unseren Job tun und jeden Tag dankbar sind, dass wir in Freiheit und in Frieden immer wieder aufwachen, arbeiten und unser Leben genießen dürfen". Nicht nur in der Ukraine gibt es die Sorge, dass die US-Unterstützung für die Ukraine drastisch einbrechen könnte, falls Donald Trump erneut Präsident werden sollte.
Habeck forderte seinerseits, die im Sommer beschlossene Wachstumsinitiative für Deutschland müsse schnell und vollständig umgesetzt werden. Dies könnte bis zu 0,5 Prozentpunkte mehr Wachstum bringen. Dieser Wachstumsimpuls werde dringend benötigt. Die Koalition streitet über den richtigen Kurs in der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner forderte in einem Papier eine "Wirtschaftswende" mit einer "teilweise grundlegenden Revision politischer Leitentscheidungen", um Schaden vom Standort Deutschland abzuwenden.
Ohne das Lindner-Papier zu nennen, sagte Habeck: "Es wäre allerdings falsch, die Grundlagen und die Ziele, auf die wir uns geeinigt haben und die die Richtschnur unseres politischen Handels der letzten Jahre waren, infrage zu stellen. Das wären, Wirtschaft und Klimaschutz zusammenzubringen, den sozialen Zusammenhalt und die Gerechtigkeit im Land zu wahren beziehungsweise den Frieden und die Freiheit in Europa zu verteidigen."