Vor einem Jahr war die Forderung nach "Remigration" auch in der AfD eher hinter vorgehaltener Hand zu hören, jetzt ist sie offizielle Parteilinie und steht im Wahlprogramm. Welche Themen haben es sonst noch in das Papier geschafft, das heute beschlossen werden soll?
Die AfD setzt im Bundestagswahlkampf auf eine striktere Migrationspolitik, für die sie jetzt offiziell das Schlagwort "Remigration" verwendet. Außerdem plädiert sie für einen Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen. Nach mehrstündiger Debatte auf dem Parteitag in Riesa haben die Delegierten wesentliche Punkte des Programms zur Bundestagswahl verabschiedet. Die Forderung nach einem Austritt aus dem Euro und der Wiedereinführung einer eigenen Währung fand sich so ähnlich auch schon im ersten Wahlprogramm der Partei 2013. Ansonsten sind noch einige wenige Themen offen. Am heutigen Sonntag soll das gesamte Wahlprogramm beschlossen werden.
Keine Russland-Verurteilung
Eine explizite Verurteilung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im Wahlprogramm lehnt die Partei ab. Der Parteitag stimmte dagegen, sich mit einem entsprechenden Antrag hessischer Delegierter zu befassen. Bekräftigt wird im Programm die AfD-Position, die gesprengten Nord-Stream-Leitungen in der Ostsee zu reparieren und die Russland-Sanktionen aufzuheben. Von einer "Wiederherstellung des ungestörten Handels mit Russland" ist die Rede.
Der im Entwurf zum Wahlprogramm zunächst enthaltende explizit geforderte Austritt Deutschlands aus der EU (Dexit) wurde gestrichen. Erklärtes Ziel der AfD bleibt demnach aber weiter eine neue Form der Zusammenarbeit in Europa. Sie spricht von einem "Übergang von der Europäischen Union in den Bund europäischer Nationen" mit einem gemeinsamen Markt anstelle der EU. Die AfD spricht sich zudem entsprechend ihrem Grundsatzprogramm für die Reaktivierung der Wehrpflicht aus. Darüber hatte es im Vorfeld Diskussionen gegeben. Vor allem im Osten hatte es Befürchtungen gegeben, dass das Thema vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine bei Wählern auf Ablehnung stößt.
"Remigration" nachträglich eingefügt
Das umstrittene Wort "Remigration" war im Programmentwurf zunächst nicht zu finden. Es wurde auf Antrag des AfD-Europapolitikers René Aust in das Bundestagswahlprogramm eingefügt. Aust ist Stellvertreter von Thüringens AfD-Landeschef und Parteirechtsaußen Björn Höcke. "Remigration" stand bereits im Programm der AfD zur Europawahl im vergangenen Jahr. Mit dem Wort habe man große Erfolge bei der Europawahl und den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg feiern können. "Wir lassen uns nicht von außen vorschreiben, welche Begriffe wir zu verwenden haben", sagte Aust.
Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit sollte nach dem Willen der AfD nur durch Geburt als Kind zumindest eines deutschen Elternteils sowie als "Ermessensentscheidung im Interesse des Gemeinwesens" möglich sein.
Weitere Punkte im Wahlprogramm der AfD:
- Die AfD ist gegen eine Aufweichung der Schuldenbremse
- Langfristig ist die AfD für ein europäisches Militärbündnis als Alternative zur NATO, bis dahin bekennt sie sich zur NATO-Mitgliedschaft Deutschlands
- Bürgergeld für Ausländer soll es erst nach zehn Jahren Beschäftigung in Deutschland geben
- Die AfD ist gegen jede Form der Impfpflicht, explizit auch gegen die für Kita- und Schulkinder geltende Masern-Impfpflicht
- Sie will den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Medikamenten verbieten
- Arbeitslosengeld soll es erst nach drei Jahren Beschäftigung geben und zunächst auf sechs Monate begrenzt sein
- Der Bau von Minaretten und der Muezzinruf sollen verboten werden
- Die Partei will ein Kopftuchverbot in öffentlichen Einrichtungen, vor allem in Schulen
Vater, Mutter, Kind? Mal sehen
Ein wichtiges Kapitel des Wahlprogramms wird erst am zweiten Tag des Parteitags behandelt. Im Entwurf des AfD-Wahlprogramms heißt es bisher: "Die Familie ist die Keimzelle unserer Gesellschaft". Verschiedene Antragsteller fordern, dass in dem Satz auch untergebracht wird, dass die Familie aus Vater, Mutter und Kindern bestehe. Das ist heikel. Entscheidet sich der Parteitag dafür, könnte das wie eine indirekte Missbilligung des Lebensmodells der eigenen Kanzlerkandidatin wirken. Weidel lebt mit ihrer Partnerin in einer eingetragenen Partnerschaft, die beiden ziehen zwei Kinder groß.
Neben den knapp 600 Delegierten nehmen an dem Parteitag auch zahlreiche Gäste teil, so auch der neu-rechte Verleger Götz Kubitschek. Er gilt als einer der wenigen Vertrauten von Höcke. Sein Antaios-Verlag wird seit Juni 2014 vom Verfassungsschutz nicht mehr als Verdachtsfall, sondern als gesichert rechtsextremistische Bestrebung beobachtet.