Die Hälfte des Wegs ist geschafft: nach intensiven Bemühungen der USA, Ägyptens und Katars stimmt Israel dem Vorschlag für eine Waffenruhe im Gazastreifen zu. Bei einigen Streitpunkten zeigt sich Netanjahu nun offenbar kompromissbereit, erklärt US-Außenminister Blinken. Wie reagiert die Hamas auf den Schritt?
Israel hat nach Angaben von US-Außenminister Antony Blinken einen von Washington unterstützten Übergangsvorschlag für eine Waffenruhe und eine Freilassung im Gazastreifen festgehaltener Geiseln angenommen. Er rufe die militant-islamistische Hamas auf, ebenfalls einzuwilligen, erklärte Blinken. Er äußerte sich nach einem rund zweieinhalbstündigen Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in Tel Aviv.
Blinken ließ offen, ob der Vorschlag auf Bedenken der Hamas eingehe. Der US-Chefdiplomat sagte auch nicht, ob mit dem Vorschlag die Forderungen Israels nach Kontrolle über zwei strategisch wichtige Korridore innerhalb des Gazastreifens erfüllt würden. Die Hamas hatte Letzteres abgelehnt. "Bei einem sehr konstruktiven Treffen mit Ministerpräsident Netanjahu heute hat er mir bestätigt, dass Israel den Überbrückungsvorschlag unterstützt", teilte Blinken Reportern mit. "Der nächste wichtige Schritt ist der, dass die Hamas 'Ja' sagt."
Die Hamas hatte am Sonntagabend Netanjahu vorgeworfen, Hindernisse für ein Abkommen zu schaffen, indem er neue Forderungen gestellt habe. Die Terrororganisation beschuldigte ihn, den Krieg in die Länge ziehen zu wollen. Die Islamisten bezeichneten das jüngste Angebot der Vermittler als Kapitulation gegenüber Israel.
Blinken sagte nun, beide Kriegsparteien sollten die Chance für ein Abkommen ergreifen. "Es ist an der Zeit, dass jeder zum 'Ja' findet und nicht nach irgendwelchen Ausreden sucht, um 'Nein' zu sagen", mahnte er. Zuvor bezeichnete der US-Chefdiplomat aktuelle Gespräche über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg als die vielleicht letzte Chance für einen Durchbruch. "Dies ist ein entscheidender Moment, wahrscheinlich die beste, vielleicht die letzte Gelegenheit, die Geiseln nach Hause zu bringen, einen Waffenstillstand zu erreichen und alle auf einen besseren Weg zu dauerhaftem Frieden und Sicherheit zu bringen", sagte Blinken zum Auftakt eines Gesprächs mit Präsident Izchak Herzog in Tel Aviv.
Ende vergangener Woche hatten die USA, Ägypten und Katar, die zwischen den Kriegsparteien vermitteln, erklärt, es gebe Fortschritte im Ringen um ein Abkommen, das einen Stopp der meisten israelischen Militärhandlungen sowie die Freilassung palästinensischer Häftlinge im Austausch gegen israelische Geiseln vorsehen soll. Die Vermittler sollen sich in dieser Woche in Kairo erneut treffen, mit dem Ziel, die Waffenruhe unter Dach und Fach zu bringen. Blinken reist am Dienstag nach Ägypten. Dort hat er Treffen in der Stadt El-Alamein geplant.
Rund 110 Geiseln in der Hand der Hamas
Der Krieg begann am 7. Oktober, als von der Hamas angeführte Extremisten in Israel etwa 1200 Menschen, hauptsächlich Zivilisten, töteten und rund 250 entführten. Von diesen Menschen sollen sich noch etwa 110 im Gazastreifen befinden, allerdings gehen die israelischen Behörden davon aus, dass etwa ein Drittel von ihnen nicht mehr am Leben ist. Im November wurden während eines einwöchigen Waffenstillstands mehr als 100 Geiseln freigelassen.
Der israelische Militäreinsatz im Gazastreifen kostete nach Angaben der örtlichen Gesundheitsbehörden, die von der Hamas kontrolliert werden, bisher mehr als 40.000 Palästinenser das Leben. Weite Teile des Küstengebiets sind verwüstet.