Elon Musk will OpenAI kaufen, seine Offerte aber ist ein vergiftetes Angebot. Und die Fortsetzung einer tiefen Feindschaft zwischen ihm und ChatGPT-Macher Sam Altman.
Elon Musk ist dafür bekannt, dass er nachtragend ist. Genau diese Charaktereigenschaft könnte der Treiber hinter seinem Kaufangebot über 97,4 Milliarden Dollar an OpenAI sein. Es ist die Eskalation eines jahrelangen Streits zwischen Trump-Liebling Elon Musk und OpenAI Chef Sam Altman.
Musk hat für seine Offerte eine Reihe von Investoren versammelt. Dazu zählen Musks zwei Unternehmen für Künstliche Intelligenz (KI) Vy Capital und xAI. Oder auch der Hollywood-Unternehmer Ari Emanuel. Der Versuch, OpenAI und damit ChatGPT zu übernehmen, ist der vorläufige Höhepunkt eines Streites, der schon lange gärt. Und ganz typisch für Musk, denn wieder geht es um ein Unternehmen, das er mitgegründet hat. Vor fast zehn Jahren wurde OpenAI als gemeinnützige Forschungs- und Entwicklungsorganisation für eine "sichere künstliche allgemeine Intelligenz" (AGI) zum Wohle der Menschheit entwickelt. Musk schied dann 2018 im Streit darüber aus, wer das Sagen im Unternehmen hat. Danach dauerte es nicht lange, bis die auf Gewinn ausgelegte Tochter OpenAI LG gegründet wurde. Sie sollte fortan Investorengelder für die sehr kostenintensive KI-Entwicklung sammeln.
Ohne angeblich auch nur das Angebot zu lesen, antwortete Altman, der in Paris auf einer Konferenz weilte: "No thank you but we will buy twitter for $9.74 billion if you want." ("Nein, danke, aber wir kaufen Twitter für 9,74 Milliarden Dollar, wenn du willst"). Wohl absichtlich benutzte er dabei den alten Namen Twitter. Musk hatte das Social Media-Unternehmen nach der Übernahme in X umbenannt. Musks Replik war auffallend kurz: "Swindler" ("Schwindler"), schrieb er.
Auch wenn er das Angebot cool abgebügelt hat: Für Altman ist es ein Problem – ein teures noch dazu. Vor allem, weil Musk ankündigte, dass er jedes andere Angebot mitgehen oder gar übertreffen werde. OpenAI war gerade dabei, einen 40 Milliarden Fundraiser-Vertrag abzuschließen. Damit hätte sich der Wert der Hightech-Firma im Vergleich zu von vor vier Monaten verdoppelt. Und wäre auf rund 300 Milliarden Dollar gestiegen. Damit wäre OpenAI zu einem der wertvollsten Privatunternehmen der Welt geworden – in einer Liga mit Musks Raumfahrtunternehmen SpaceX.
Elon Musk kennt die schwächste Stelle und greift genau da an
All das könnte nun ins Stocken geraten – und es gibt nicht wenige, die vermuten, dass es genau das ist, was Musk bezwecken wollte. Auf diese Weise seinem Feind aus früheren Jahren "eine mitgeben" – das würde zu dem Milliardär passen. Gerade jetzt, da Altman sich an der Seite von Präsident Trump präsentiert hatte, als Antreiber einer gigantischen KI-Initiative. Musk mag wohl nichts weniger als Konkurrenz – wenn es um die Nähe zu Trump geht, ist er ganz Alphamännchen.
OpenAI war viele Jahre eine vollständige Non-Profit-Organisation, wird heute aber hauptsächlich von einem profitorientierten Teil betrieben. Trotzdem behielt das Board des nicht gewinnorientierten Teils die Kontrolle über das Unternehmen. Altman sorgte bald dafür, dass das Gremium hauptsächlich mit seinen Freunden besetzt wurde. So wollte er seine Macht im Unternehmen zementieren. Und Ende 2024 gab er bekannt, er wolle OpenAI umbauen – um leichter Gelder einsammeln zu können. Dafür sollte das Board des Non-Profit-Armes die Kontrolle abgeben und im Tausch Firmenanteile erhalten. Soweit der Plan.
Die Struktur von OpenAI ist nur schwer zu durchdringen, aber Musk hat mit seiner Offerte nun genau am schwächsten Punkt angesetzt. Der kluge Stratege Musk hat dem Unternehmen sein Preisschild aufgeklebt. Wenn Sam Altman seinen Plan weiter verfolgen will, dann müsste er jetzt an das Board des Non-Profit-Teils von OpenAi eine marktübliche Summe bezahlen, so sieht es das Gesetz vor. Es ist kaum mehr vorzustellen, dass das Board einen deutlich niedrigeren Wert akzeptieren kann. Musk ist ein Bully, aber ein geschickter, das muss man ihm lassen.
Sam Altman mit Trump im Weißen Haus – eine Demütigung für Elon Musk
Musk hat 2023 das KI-Unternehmen xAI gegründet und versucht damit seitdem, in dieser gewinnträchtigen Branche zu den großen Playern aufzuschließen. Als Altman nun mit Trump die große US-KI-Offensive am Rednerpult im Weißen Haus verkündete, muss das Musk einer Demütigung gleichgekommen sein. Schnell schürte er Zweifel an dem Projekt und schrieb auf X: "They don´t have the money" (Sie haben das Geld nicht).
Altman bezeichnete Musk bereits vor diesem Streit in einem Podcast als Raufbold ("bully"), der sich gern mit vielen Menschen anlege. Er warf ihm in der Vergangenheit auch vor, neidisch auf den Erfolg von OpenAi zu sein. Und aus dem Unternehmen habe Musk nur ausscheiden müssen, weil er versucht habe, die Macht an sich zu reißen. Jetzt legte Altman auch in der aktuellen Auseinandersetzung nach. Er sagte auf die Frage, ob Musk von Unsicherheit über seinen Erfolg mit xAI getrieben sei, im Fernsehsender Bloomberg: "Vermutlich sein gesamtes Leben führt er aus einer Position der Unsicherheit." Und ergänzte: "Ich denke, er ist kein glücklicher Typ. Er tut mir leid."
Der Clash der Tech-Giganten wird sicher bald in die nächste Runde gehen. Musk wird in dem Streit nachlegen, etwas anderes lässt sein Ego nicht zu. Mit seinen Störfeuern kann er OpenAI nachhaltig schaden. Ob sich das Unternehmen die Auseinandersetzung noch weiter leisten kann, ist fraglich. Mit jeder Runde wird der angestrebte Umbau schwieriger – und damit die Finanzierung von teurer Infrastruktur und besserer Rechnerleistung kaum finanzierbar. Ob Sam Altman bei einem Scheitern in diesem Konflikte am Ende weiter an der Macht sein wird, ist ebenso ungewiss. Wenn Musk eines bewiesen hat in der Vergangenheit, dann: dass er einen langen Atem hat und nicht von Gegnern ablässt. Einer wie er vergisst nicht – und er kann sich das leisten.